angehörigen- oder obdachlose Kinder und Jugendliche Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Straßenkinder sind im erweiterten Wortsinn Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die obdachlos, von zu Hause weggelaufen oder ohne Angehörige sind, also für sich selbst sorgen müssen.
Kindern auf der Straße: verbringen hier einen Großteil des Tages, um zu arbeiten etc.
Kindern der Straße: haben tatsächlich ihren Lebensmittelpunkt, schlafen dort.
Die Begriffe geraten regelmäßig in die Kritik. In Brasilien wird häufig kritisiert, der Ausdruck Straßenkind errege den Anschein, das Leben auf der Straße sei ein statischer Zustand. Daher nennen wissenschaftliche Beiträge zunehmend Crianças e Adolescentes em Situação de Rua, also Kinder und Jugendliche in der Lebenssituation der Straße, was auf die Dynamik hinweist: Sie sind zeitweise auf der Straße, immer mit der Möglichkeit einer Veränderung der Lebenslage (vgl. Schwinger 2005). Manfred Liebel schlug (2000) vor, nur noch von arbeitenden Kindern zu reden.
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Straßenkinder leben an Bushaltestellen, in Bahnhöfen und leer stehenden Gebäuden, auf Bürgersteigen und in U-Bahn-Schächten. Sie erledigen mitunter kleinere Arbeiten gegen Geld oder Mahlzeiten, erbetteln Geld, Lebensmittel und Zigaretten von Passanten oder Touristen oder stehlen bisweilen. Gelegentlich ist dieses Leben mit dem Konsum von Alkohol und anderen psychotropen Substanzen (wie dem Schnüffeln von Lösungsmitteln) verknüpft. Prostitution ist verbreitet. Gelegentlich sind diese Kinder und Jugendlichen Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch und können wegen fehlender Schulbildung keine Ausbildung zur Ausübung eines Berufs erlangen.
In vielen Ländern richten karitative Organisationen unter anderem Waisenhäuser und Wohnheime sowie Ausbildungsstätten für die Kinder und Jugendlichen ein, sei es erst einmal mit einem Fürsorge-Konzept für die hilflosen Sozialwaisen und/oder, um ihnen durch Empowerment ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Weltweit wird die Zahl der Straßenkinder inklusiv Jugendliche (manchmal werden auch noch Heranwachsende hinzugezählt), die überwiegend in Metropolen zu finden sind, auf über 100 Mio. geschätzt.
Die 1994 in Deutschland gegründete HilfsorganisationOff Road Kids geht (2007) von jährlich bis zu 2500 Minderjährigen aus, die zeitweise auf der Straße leben[18] (wenige hundert seien gefährdet, obdachlos zu bleiben). Das Kinderhilfswerk terre des hommes hatte 2001 – in der weit gefassten Definition „… auf der Straße“ und unter Einbeziehung Volljähriger – bis zu 9000 Straßenkinder vermutet.[19]
Die Brasilienhilfe Padre Bene arbeitet in Brasilien in den Städten Arapiraca und Recife. 160 ehemalige Straßenkinder sind in eigenen Häusern untergebracht. Die Kinder werden medizinisch und psychologisch betreut und besuchen die öffentlichen Schulen. In einer hauseigenen Holzwerkstatt wird ihnen die Gelegenheit gegeben, sich auf einen Handwerksberuf vorzubereiten.
Streetkids International (2001 in Frankfurt a.M. gegründet) hilft Aids-Waisen in Tansania. 70 von rund zwei Millionen wohnen schon in vereinseigenen Waisenhäusern. Die vergleichsweise kleine Hilfsorganisation engagiert sich persönlich regelmäßig vor Ort. Im Februar 2007 eröffnete sie ein Ausbildungszentrum in Daressalam, das junge Leute zu Schreinern und Schneidern ausbildet. Seit 2015 wird der vereinseigene Montessori Kindergarten am südlichen Stadtrand von Daressalam betrieben. Im Primär- und Sekundarschulbereich finanzierte Streetkids International insgesamt 450 Schulplätze (Stand 2016).
In Österreich setzt sich die Hilfsorganisationen Jugend Eine Welt für Straßenkinder weltweit ein und hat am 31. Januar den Tag der Straßenkinder ins Leben gerufen.[20] An diesem Tag soll auf das Schicksal dieser Kinder aufmerksam gemacht werden. Mit Bildungsmaterialien und Aktionsvorschlägen werden Schulklassen und Jugendgruppen dazu aufgefordert, sich mit dem Leben von Straßenkindern auseinanderzusetzen. Damit soll ein Bewusstsein für dieses Thema geschaffen werden. In Österreich gibt es ca. 500 Straßenkinder.
Carolin Hoch et al.: Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des Phänomens. Endbericht – zentrale Ergebnisse der 2. Projektphase. Deutsches Jugendinstitut, Halle (Saale) 2017, ISBN 978-3-86379-242-8.
Carolin Hoch et al.: Straßenjugendliche in Deutschland – eine Erhebung zum Ausmaß des Phänomens. Zwischenbericht – zentrale Ergebnisse der 1. Projektphase. Deutsches Jugendinstitut, Halle (Saale) 2016, ISBN 978-3-86379-200-8.
Tatjana Mögling, Frank Tillmann, Birgit Reißig: Entkoppelt vom System: Jugendliche am Übergang ins junge Erwachsenenalter und Herausforderungen für Jugendhilfestrukturen. Deutsches Jugendinstitut/Vodafone Stiftung, Düsseldorf 2015.
Tatjana Mögling, Sarah Beierle: Einmal Straße, immer Straße? Handlungsbedarfe und Unterstützungsstrukturen für Straßenjugendliche. In: Forum Jugendhilfe. 2/2015: 4–11.
Anna Schmid: Das Straßenkinderprojekt als Organisation: Strukturen, Prozesse und Qualität am Beispiel eines Heims in Brasilien. Wiesbaden 2010.
Friederike Rausch: Non-formale Bildung für Straßenkinder. Eine Untersuchung von pädagogischen Ansätzen zur beschäftigungsorientierten Bildung am Beispiel von Projekten in Antananarivo, Madagaskar. Saarbrücken 2009.
Michael Schwinger: Du kannst sogar Fotograf sein! Medienpädagogische Arbeit mit brasilianischen Straßenkindern. Frankfurt 2005.
Hartwig Weber, Sor Sara Sierra: Narben auf meiner Haut. Straßenkinder fotografieren sich selbst. Frankfurt 2003.
Manfred Liebel: Straßenkinder gibt es nicht. Über die verschlungenen Wege einer paternalistischen Metapher. In: Zs. Soziale Arbeit, 2000, 4, ISSN0490-1606 S. 122–130.
Hanna Permien: Mit einem Bein zu Hause, mit einem Bein auf der Straße. In: Altgeld/Hofrichter (Hrsg.): Reiches Land – kranke Kinder? Frankfurt/Main 2000: Mabuse, S. 31–42.
Hanna Permien, Gabriela Zink: Endstation Straße? Straßenkarrieren aus der Sicht von Jugendlichen. Deutsches Jugendinstitut, München 1998, ISBN 3-87966-379-3.
Hanna Permien, Peter Jogschies, Gabriela Zink: Straßenkinder – Jugendhilfe an ihren Grenzen? In: Forum Erziehungshilfen. 3 Jg., H. 4/1997, S. 206–213.
Lesley Beake; Christoph Plate, Übers.: Strollers. Strassenkinder in Kapstadt. Erika Klopp, 1992, ISBN 3-7817-0216-2.
Uwe Britten; Leon Maresch (Fotos): Abgehauen. Wie Deutschlands Strassenkinder leben. Palette, Bamberg 1995, ISBN 3-928062-11-5.
Andy Butcher: Strassenkinder. Stummer Schrei der Vergessenen. Projektion J. 1996, ISBN 978-3-89490-148-6.
Sarah de Carvalho: Es sind doch alles noch Kinder. Der unglaubliche Weg einer Frau von der Traumfabrik Hollywood auf die Strassen Brasiliens. Projection J, 1997, ISBN 978-3-89490-213-1.
Stefan Gurtner: Krumme Pfote. Elefanten Press, Espresso, Berlin 1993, ISBN 978-3-88520-475-6.
Firdaus Kanga Hg.; Peter Dalglish, Mitarb.; Dario Mitidieri, Fotos: Die Kinder von Bombay. Bildband. Braus, Heidelberg 1994; wieder Umschau, 2000, ISBN 978-3-89466-104-5. European publishers award for photography
Mecka Lind: Isabel. Ein Strassenkind in Rio. Roman. Arena, 1995, ISBN 978-3-401-04622-8.
Maria Rusp: Aufgewirbelt wie Blätter im Wind. Roman aus dem Milieu der Strassenkinder. Frieling, Berlin 2000, ISBN 978-3-8280-1164-9.
Walther Specht, Hg.: Strassenfieber. Strassenkinder – ein Problem der Weltgesellschaft. Beiträge sozialer Arbeit der Diakonie, 4. Beiträge von Hans Thiersch, Thomas Möbius u.a.- Verlagswerk der Diakonie, 1991, ISBN 3-923110-74-X.
Brandy Blackman:Intervening in the lives of street children. A case from Zambia. Maxwell school of citizenship and public affairs. Syracuse (New York) 2001
homelesschildrenamerica.org (PDF; 20,6MB), The National Center on Family Homelessness: State report card on child homelessness, II. Snapshot of Child Homelessness, S. 8, in englischer Sprache