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Spezialobjektiv Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Tilt-und-Shift-Objektiv (auch TS-Objektiv, T&S-Objektiv) ist ein Spezialobjektiv für die Fotografie oder Projektion, welches das Verschieben (engl.: Shift) parallel zu seiner Achse und das Verschwenken (engl.: Tilt) des Linsensystems gegenüber der Filmebene ermöglicht. Beide Veränderungen bewirken Verschiedenes, müssen somit nicht beide möglich sein. So gibt es Objektive, die beispielsweise nur Shift ermöglichen. Dadurch kann die Gegenstandsebene (z. B. eine Gebäudefront) parallel zur Bildebene bleiben und unverzerrt abgebildet werden. Beim Tilt kann die Scheimpflugsche Regel angewendet, d. h. eine schräg liegende Gegenstandsebene maximal scharf abgebildet werden.[anm 1]
Bei den Großformatkameras mit Balgen (Fachkameras) wird die Positionsänderung durch den zwischen Objektiv und Filmstandarte befindlichen Balgen erleichtert, während bei den Spezialobjektiven deren Gehäuse aus entsprechend gegeneinander beweglichen Teilen besteht.
Bei der Projektion ermöglichen Shiftobjektive die korrekte Darstellung des Bildformates, falls der Projektor aus Platzgründen nicht senkrecht auf die Leinwand projizieren kann (Alternative: elektronische Trapezentzerrung). Ebenfalls kann eine genaue Bildüberlagerung (Überblendung) von Bildern aus zwei oder mehreren Projektoren, wenn diese über- oder nebeneinander stehen, gewährleistet werden.
Durch Verschwenken des Linsensystems lässt sich die Schärfeebene verlagern (Scheimpflugsche Regel). Die Schärfeebene kann der gewünschten Objektebene angepasst werden. Dies kann technischen Zwecken (durchgehende Schärfe in einer schiefen Ebene) als auch bildgestalterischen Zwecken dienen (Arbeiten mit selektiver Schärfe, wird genutzt, um eine geringere Schärfentiefe zu simulieren).
Die zusätzliche (selektive) Unschärfe, die bei Porträts gelegentlich gewünscht wird, kann mit einem Bildverarbeitungsprogramm nachempfunden werden, sie entstammt allerdings nicht einer Tiefeninformation, sondern ist dann durch die Lage im Bild bestimmt (z. B. radialer Abstand vom Bildmittelpunkt).
Diese Aufnahmetechniken stammen aus dem Bereich der Großformat- bzw. Fachkameras, bei denen die Verstellbarkeit zumindest der Frontstandarte üblich ist. Bei Kleinbild- und Mittelformat-Fotografie sind auf Grund der dort üblichen festen Gehäuse spezielle Objektive oder spezielle Adapter notwendig.
Derzeit sind für Kleinbild-Spiegelreflexsysteme Shift- bzw. Tilt/Shift-Objektive von den Kameraherstellern Canon, Leica und Nikon sowie von Fremdherstellern wie Schneider Kreuznach, Samyang, Venus Optics, Arax oder Hartblei aus Kiew erhältlich.
An aktuellen Kameras können auch einige ältere, nur noch gebraucht erhältliche Objektive eingesetzt werden. Zu nennen sind insbesondere die älteren PC-Nikkor-Shift-Objektive mit 28 mm und 35 mm für das Nikon-System oder die Olympus-Zuiko-Shift-Objektive.
All diese Objektive haben keinen Autofokus, häufig auch keine automatische Blendensteuerung.
Neben der vollständigen Neuberechnung eines T&S-Objektives (was vereinfacht dargestellt ein Objektiv mit einem vergrößerten Bildfeld und zusätzlicher Mechanik ist) gibt es verschiedene andere Ansätze.
Das Adaptieren hat allerdings in jeder dieser Formen den Nachteil, keine UWW-T&S-Objektive zu ermöglichen.
Für Kleinbild-Spiegelreflexkameras bieten derzeit verschiedene Hersteller Shift- und Tilt&Shift-Objektive bzw. auch Shift- und Tilt-Adapter an.
An die Qualität des Objektivs werden einige besondere Anforderungen gestellt. Gegenüber nicht verstellbaren Objektiven muss der Bildkreis größer sein, um beim Verschieben keine Abschattungen zu bekommen. Die Randschärfe muss exzellent sein, um die angesprochenen Vorteile beim Verschwenken überhaupt zu ermöglichen.
Die Handhabung eines T&S-Objektives unterscheidet sich deutlich von herkömmlichen Objektiven.
Zuerst wird die Kamera mit nicht geshiftetem Objektiv auf das Motiv gerichtet und die Belichtung festgestellt und gespeichert – der Kameramodus M ist dafür am besten geeignet. Dieser erste Schritt ist wichtig, weil fast alle Kameras mit TTL-Belichtungsmessung bei verstelltem Objektiv massiv falsch belichten.
Dann wird die Kamera so ausgerichtet, dass die Filmebene parallel zu der Ebene ist, die verzerrungsfrei dargestellt werden soll; im Fall von Architektur- und Landschaftsfotografie ist damit vor allem die genaue horizontale Ausrichtung der Objektivachse gemeint. Als Referenz kann dabei ein Objekt in Kamerahöhe (Augenhöhe) dienen, das auch im Sucher in der Bildmitte liegen muss; die Bildmitte ist im Sucher meist deutlich markiert, z. B. durch AF-Messpunkte. Noch besser ist jedoch die Nivellierung der Kamera mittels zusätzlicher Libellen (beispielsweise am Stativ) und dem künstlichen Horizont im Kameradisplay sowie der drei räumlichen Achsen mit einer Feineinstellung eines entsprechend ausgestatteten Stativkopfs.
Der Bildausschnitt im Sucher bzw. Display wird erst danach durch die Betätigung der Shiftmechanik am Objektiv festgelegt.
Beim Einsatz eines Shiftobjektivs wird fast immer mit einem Stativ gearbeitet. Damit sind nicht nur Ausrichtung und Bildausschnitt präzise festlegbar, auch kann zum Erreichen einer großen Schärfentiefe oder einer hohen Randschärfe ohne Verwacklungsgefahr eine beliebig kleine Blende gewählt werden.
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