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sechsfach wirksamer Impfstoff Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der hexavalente Impfstoff, auch Sechsfachimpfstoff genannt, ist ein Impfstoff, der per intramuskulärer Injektion zur Grundimmunisierung und Auffrischimpfung gegen sechs unterschiedliche Infektionskrankheiten eingesetzt wird: Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Haemophilus influenzae Typ b sowie Hepatitis B. Bei Einhaltung eines 2+1- oder 3+1-Impfschemas sind Säuglinge und Kleinkinder danach zu über 90 % gegen fünf der sechs Infektionskrankheiten langfristig geschützt.[1] Beim größten Teil der Geimpften ist 5–7 Jahre nach der Impfung kein Pertussisschutz mehr vorhanden.[2] Empfohlen werden Kombinationsimpfstoffe, weil sie die Handhabung vereinfachen und die Akzeptanz erhöhen, die Kosten senken, die Zahl der Injektionen und das Auftreten möglicher Nebenwirkungen verringern, sowie die Menge an Abfall reduzieren.[3] Beim Sechsfachimpfstoff handelt es sich um einen Totimpfstoff, d. h., er beinhaltet im Gegensatz zu Lebendimpfstoffen wie z. B. dem Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff keine funktionsfähigen Krankheitserreger.
Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Haemophilus influenzae-Infektion Typ b und Hepatitis B sind sechs gefährliche Infektionskrankheiten, welche ohne Impfung etliche Millionen Todesopfer gefordert haben bzw. noch fordern.[4] Die meisten dieser Erkrankungen sind aufgrund der umfassenden Impfungen heute in den Industrieländern selten geworden oder wie Poliomyelitis nicht mehr vorhanden, können jedoch bei unzureichendem Impfschutz jederzeit wieder auftreten.
Der Sechsfachimpfstoff wird von ausgebildetem Personal intramuskulär injiziert und verursacht in der Regel eine nicht wahrgenommene, nicht übertragbare Anregung des Immunsystems gegen die zuvor genannten Infektionskrankheiten und die Adjuvantien. Ab dem zweiten Lebensmonat können zur Grundimmunisierung drei beziehungsweise zwei Dosen mit einem Zeitabstand von mindestens einem Monat verabreicht werden.[1] Anschließend sollte eine Auffrischung (Booster) erfolgen (damit 3+1- bzw. 2+1-Impfschema). In Deutschland (seit 2020)[18], Österreich[19], der Schweiz[20] und anderen Ländern in Europa wird ein reduziertes 2+1-Schema empfohlen. Das Immunsystem des Menschen bildet bei 90–99 % der Geimpften (je nach Komponente) Antikörper gegen die entsprechenden Krankheiten. Im Falle des Keuchhustens können diese dennoch nach 5 bis 7 Jahren wieder verschwinden.
In der Europäischen Union wurden bislang vier Sechsfach-Impfstoffe zugelassen:
Der im Jahr 2000 zugelassene Impfstoff Hexavac von Sanofi Pasteur MSD wurde 2005 aufgrund eines zu geringen Langzeitschutzes gegen Hepatitis B vom Markt genommen.[21] Etwa 5 % bis 20 % der geimpften Kinder hat keinen ausreichend hohen Antikörpertiter gegen Hepatitis B (anti-HbsAg < 100 IU/l) entwickelt, so dass ein langfristiger Schutz nicht gegeben ist.[22]
Als Nebenwirkung können wie bei allen Impfungen lokale Impfreaktionen wie Rötung, Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle vorkommen und werden als harmlose Nebenwirkungen betrachtet. Diese Reaktionen sind größtenteils auf die Injektion zurückzuführen, nicht auf den Wirkstoff selber. Als seltene Nebenwirkung kann auch eine allergische Reaktion gegen Inhaltsstoffe des Serums auftreten.
Da es sich bei der Sechsfachimpfung um einen Totimpfstoff handelt, können die entsprechenden Infektionskrankheiten durch die Impfung nicht entstehen oder gar auf andere übertragen werden. Das Immunsystem wird aber aktiv, so dass in der Folge Hautausschlag oder leichtes Fieber für wenige Tage entstehen kann. Diese Nebenwirkungen sind selten und üblicherweise leichter und kurzfristiger Natur und bei hexavalenten Impfstoffen nicht häufiger als bei Einzelimpfungen.[23] Obschon Nebenwirkungen durch die Impfung bekannt sind, überwiegen die Vorteile des Infektionsschutzes gegenüber einer „natürlichen“ lebensbedrohlichen Erkrankung bei weitem.
In den Jahren 2001 bis 2003 wurden in Deutschland etwa 7,2 Millionen Impfdosen verabreicht, auf die 488 Impfreaktionen gemeldet wurden. Die Meldungen in der Altersklasse der Säuglinge und Kleinkinder betrafen meist hexavalente Impfstoffe, meist wurden leichte Allgemeinreaktionen gemeldet, gefolgt von Fieberkrämpfen.
Im Laufe von drei Jahren nach Einführung der Sechsfachimpfstoffe im Herbst 2000 in Europa verstarben fünf Kinder innerhalb von 24 Stunden nach der Impfung, sogenannte plötzliche ungeklärte Todesfälle (Sudden Unexplained Deaths – SUD). Die Kinder waren zwischen 4 und 23 Monate alt und galten als gesund. Bis zu diesem Zeitpunkt waren in Europa ca. 3 Millionen Kinder mit Sechsfachimpfstoffen geimpft worden. Daraufhin wurden die Vorfälle sowohl vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI, deutsches Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel) als auch vom wissenschaftlichen Komitee der Europäischen Arzneimittelagentur untersucht.[24][25]
Die Todesursache blieb in allen Fällen unklar. Da in drei der fünf Fälle von einem Krampfleiden in der Familie berichtet wurde, diskutierten die Experten unter anderem auch dieses als möglichen Auslöser. Allerdings ergaben die klinischen Beschreibungen der individuellen Fallberichte keine klaren Hinweise, dass Epilepsie in der Familie ein Risikofaktor sein könnte. Als mögliche andere Todesursachen wurden virale Infektionen, Stoffwechselerkrankungen, allergische Reaktionen und Atemwegsobstruktionen diskutiert, was aber in Ermangelung von standardisierten Obduktionsprotokollen nicht abschließend geklärt werden konnte. Auch der plötzliche Kindstod (SIDS) als Ursache wurde erwogen, wobei dieser per Definition ein SUD bis zum ersten Lebensjahr ist. Die SIDS-Fälle sind jedoch seit Jahren in den meisten europäischen Ländern rückläufig.
Die Experten kamen mehrheitlich zu dem Schluss, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Tod der Kinder nicht belegt ist. Eine Änderung der Anwendung von Sechsfachimpfstoffen wurde von der Europäischen Arzneimittelagentur nicht empfohlen, da aufgrund der vorhandenen Erkenntnisse kein Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung bestehe.[25]
In der Folge der ersten Untersuchung zum Zusammenhang mit SUD wurden in Deutschland alle gemeldeten, ungeklärten Todesfälle von Kindern bis zum Alter von zwei Jahren nähergehend untersucht, inklusive der Fälle des plötzlichen Kindstods. Dabei wurde möglicherweise eine statistische Auffälligkeit im zweiten Lebensjahr bei einem der beiden Sechsfachimpfstoffe gefunden: bei einer zufälligen Verteilung war maximal ein Todesfall zeitnah mit der Verabreichung des Impfstoffs zu erwarten, ermittelt wurden aber zwei Todesfälle.[26] Aus der Sicht der Statistik sind sinnvolle Schlussfolgerungen bei derart geringen Anzahlen nicht möglich, sondern erst ab dem etwa tausendfachen des bisherigen Untersuchungszeitraumes. Der zweite untersuchte Impfstoff wies keine Auffälligkeiten auf. Das aufgetretene statistische Signal hat sich in der Folge nicht bestätigt, da keine weiteren Todesfälle im Zusammenhang zu Sechsfachimpfstoffen gemeldet wurden. Das Fazit der Studie empfiehlt die genaue Beobachtung dieser Vorfälle und weitere, tiefergehende Untersuchungen derselben. Eine vom RKI in Auftrag gegebene Studie (TOKEN) untersuchte die zwischen Juli 2005 und Juli 2008 254 ungeklärten, plötzlichen und unerwarteten Todesfälle auf einen möglichen Zusammenhang mit vorangegangenen Sechsfachimpfungen.[27] Es fanden sich keine Evidenzen für ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Kindstod innerhalb von einer Woche nach Sechsfachimpfung.
Weiterhin beschrieben Münchener Pathologen Auffälligkeiten bei der Obduktion von SUD-Fällen, welche diese dem Impfstoff Hexavac zuschrieben.[28] Diese nicht begutachtete Veröffentlichung wurde jedoch in der Folge wegen der verwendeten Untersuchungsmethodik zurückgewiesen.[29][30][31] Insbesondere die Nicht-Einhaltung von internationalen Standards bei der Obduktion wurde stark kritisiert.
Eine Folgestudie zeigte inzwischen, dass die Aussagen der Münchner Pathologen falsch waren und Impfungen inklusive der Sechsfachimpfungen keine Ursache für SIDS/SUD sind, sondern im Gegenteil möglicherweise sogar vor SIDS schützen.[32]
Nach der Zulassung der Sechsfachimpfstoffe im Jahr 2000 in Europa erfolgte im Jahr 2005 die routinemäßige Überprüfung dieser Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur. Dabei wurden auch Hinweise auf einen verminderten Langzeitschutz des Sechsfachimpfstoffs Hexavac gegen Hepatitis B untersucht. Als Vorsichtsmaßnahme empfahl die Agentur die Zulassung für den Kombinationsimpfstoff ruhen zu lassen.[33] Sie betonte dabei, dass es keinerlei Sicherheitsbedenken gegen das Mittel gebe. Bei Kindern, welche mit Hexavac geimpft wurden, besteht laut PEI kein akuter Handlungsbedarf. Sie müssen aber möglicherweise später eine zusätzliche Impfung gegen Hepatitis B erhalten, damit ggf. ein Langzeitschutz gegen Hepatitis B gewährleistet wird.[33] Spätestens 2015 hätte kommuniziert werden müssen, warum der Hexavac-Impfstoff vom Markt genommen wurde, ob jetzt nicht bei den damalig geimpften Kindern konsequenterweise eine Überprüfung des Hepatitis B-Status ansteht und wer diese und etwaige Nachimpfungen bezahlt. Hierzu gibt es weder vom PEI noch von der STIKO am RKI eine Stellungnahme. Der Rechtsnachfolger ist seit Auflösung des Joint-Ventures die Firma Sanofi.[34]
Impfgegner unterstellen einen Zusammenhang zwischen der Kontroverse um SUD-Fälle und dem Rückzug von Hexavac, der sich jedoch nicht belegen lässt.[33][35] Seit dem Jahr 2000 wurden ca. 1,5 Millionen Kinder in Deutschland mit Hexavac geimpft, was im hypothetischen Fall eines Zusammenhangs ein SUD-Risiko von weniger als 0,0003 % ergeben würde.
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