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Reaktion der Regierungen der anderen EU-Mitgliedsstaaten auf die FPÖ-Regierungsbeteiligung im Jahr 2000 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Sanktionen der EU-XIV gegen Österreich, teils auch EU-Sanktionen gegen Österreich, ist die von Vertretern der Regierungsparteien der österreichischen Bundesregierung Schüssel I, einer Koalition von Österreichischer Volkspartei (ÖVP) und Freiheitlicher Partei Österreichs (FPÖ), geprägte Bezeichnung für die Reaktion der Regierungen der damals vierzehn anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf die Regierungsbeteiligung der von Jörg Haider geführten FPÖ Anfang des Jahres 2000.
Die vierzehn Regierungen beschlossen, die bilateralen Beziehungen zur österreichischen Bundesregierung auf Regierungs- und diplomatischer Ebene auf das notwendigste Mindestmaß zu reduzieren. Außer dieser ausdrücklich auf die Reduzierung der Kontakte mit der ÖVP-FPÖ-Regierung und ihre Vertreter beschränkten Maßnahmen gab es keinerlei Vorgehen gegen Österreich. Ausgelöst wurden diese Maßnahmen durch Befürchtungen, dass fremdenfeindliche und rassistische Aussagen führender FPÖ-Funktionäre auf die Regierungspolitik abfärben könnten. Nach Etablierung eines "Weisenrates" unter Martti Ahtisaari und dessen Bericht wurden sie im September 2000 beendet.
Die damaligen an den Maßnahmen beteiligte europäische Regierungen waren:
Die in Österreich verbreitete Bezeichnung dieser Maßnahmen als „EU-Sanktionen gegen Österreich“ ist in mehrfacher Hinsicht umstritten. Erstens entspricht die Benennung der Maßnahmen selbst als „Sanktionen“ keinem der offiziellen Dokumente und Aussagen dazu. Völkerrechtlich stellen die Maßnahmen lediglich einen sogenannten unfreundlichen Akt dar.[1] Da der Begriff Sanktionen jedoch aus Perspektive der betroffenen damaligen Regierungsparteien in Österreich politisch von größerem Vorteil war, wurde er in der offiziellen Kommunikation und auch in zahlreichen Medien des Landes genutzt. Zweitens waren die Maßnahmen offiziell Maßnahmen der individuellen Mitgliedsstaaten und nicht der EU als Organisation. Für die Charakterisierung als Sanktionen der EU hätten diese allenfalls einen Feststellung des Europäischen Rates und des Rates der Europäischen Union gemäß Artikel 7 EUV benötigt.[2] Die Regierungen der EU-14 wollten die Maßnahmen jedoch explizit als „bilateral“ und auf die Regierungsebene beschränkt verstanden wissen, nicht als Maßnahmen „der EU gegen Österreich“.
Der Politologe Anton Pelinka bezeichnet es als „ersten großen Erfolg der Regierung Schüssel“, dass sich das Wort „Sanktionen“ als Bezeichnung für die Maßnahmen und als Kampfbegriff durchsetzen konnte.[3] Johannes Voggenhuber (Die Grünen) beschrieb es als Schüssels größten Erfolg, dass es ihm gelungen war, die „fragwürdigen ‚Maßnahmen‘ der EU-Mitgliedsstaaten gegen seine schwarz-blaue Regierung zu ‚Sanktionen der Union gegen Österreich‘ umzudeuten“.[4]
FPÖ/ÖVP forderten alle anderen Parteien und alle Bürger auf, sich in einem „nationalen Schulterschluss“ hinter die Regierung zu stellen.
Österreich war 1995 der EU beigetreten, was insbesondere von Schüssel, seinerzeit an den Beitrittsverhandlungen beteiligt und überzeugter Europäer, auch als sein persönliches Verdienst gesehen wurde. Zentrales politisches Anliegen dieser Zeit war es gewesen, einerseits die in der österreichischen Bevölkerung vorhandenen Ressentiments und Bedenken zu zerstreuen und den großen Wert der Mitgliedschaft im Alltagsleben spürbar zu machen, andererseits die Europäische Integration voranzutreiben und Österreichs Position zu konsolidieren.
Nach der Nationalratswahl am 3. Oktober 1999 einigten sich nach mehrmonatigen Verhandlungen Anfang 2000 Jörg Haider (FPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP) auf die Bildung einer FPÖ/ÖVP-Koalitionsregierung (schwarz-blaue Koalition), die Bundesregierung Schüssel I. Aufgrund des an Rechtsextremismus erinnernden Auftretens führender FPÖ-Proponenten und etlicher minderheitenfeindlicher und rassistischer Aussagen derselben beschlossen die Regierungen der übrigen 14 EU-Staaten Maßnahmen gegenüber der österreichischen Regierung. Diese wurden in einer Erklärung der damaligen portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft veröffentlicht:
„Die Regierungen der 14 Mitgliedsstaaten werden keinerlei offizielle bilaterale Kontakte auf politischer Ebene mit einer österreichischen Regierung unter Einbindung der FPÖ betreiben oder akzeptieren. Es wird keine Unterstützung für österreichische Kandidaten geben, die Positionen in internationalen Organisationen anstreben. Österreichische Botschafter werden in den EU-Hauptstädten nur noch auf technischer Ebene empfangen.“[5]
Die Maßnahmen waren somit auf die Reduktion der bilateralen Beziehungen auf Regierungs- und diplomatischer Ebene beschränkt. Den vierzehn Regierungen von EU-Mitgliedsländern schlossen sich dann auch Tschechien, Kanada[6], Israel und Norwegen an.[7]
Vor Beendigung der Maßnahmen sollte ein so genannter Weisenbericht erstellt werden, in dem die politische Lage in Österreich beurteilt werden sollte. Mit der Erstellung beauftragt wurden der frühere finnische Staatspräsident Martti Ahtisaari, der deutsche Völkerrechtler Jochen Abraham Frowein und der frühere spanische EU-Kommissar Marcelino Oreja.
Das Mandat zur Berichterstellung erhielten die Autoren am 12. Juli 2000 durch den Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von den anderen 14 EU-Staaten (im Weisenbericht als die (EU-)XIV bezeichnet). Sie sollten in ihrem Bericht folgende Punkte klären:
Erkenntnisse des Weisenberichts:
Zusammenfassend stellten die Autoren fest, dass die österreichische Regierung für die europäischen Werte eintritt und die Rechtslage der der anderen EU-Staaten entspricht. Die FPÖ wird zwar als rechtspopulistische Partei mit radikalen Elementen charakterisiert, aber es wird gleichzeitig festgestellt, dass die FPÖ-Minister seit Antritt ihrer Regierungstätigkeit im Wesentlichen die Verpflichtungen der Regierung beachtet haben.
Im Weisenbericht empfahlen die Autoren daher:
Der Weisenbericht wurde im September 2000 im Sinne einer Exit-Strategie in Paris angenommen. Kurz nach Vorliegen dieses Berichtes wurden die Maßnahmen gegenüber der österreichischen Regierung von den anderen EU-Regierungen aufgehoben, mit der Einschränkung, die Entwicklungen in Österreich weiter genau zu beobachten.
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