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Wissenschaft von den Binnengewässern als Ökosystemen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Limnologie (altgriechisch λίμνη limne, deutsch ‚See‘ und -logie) ist die Wissenschaft von den Binnengewässern als Ökosystemen, deren Stoff- und Energiehaushalt und biologisch-ökologische Struktur und Funktion sie erforscht und deren abiotische und biotische Prozesse sie zu quantifizieren sucht. Binnengewässer umfassen stehende Gewässer wie Weiher, Teiche und Seen ohne Verbindung zu Ozeanen, dazu Fließgewässer und Grundwasserkörper. Außer Süßwasser-Ökosystemen gehören auch Salzwasser-Binnengewässersysteme (z. B. das Tote Meer) zum Gegenstand der Limnologie.
Die Limnologie ist traditionell ein Teilgebiet zur Ökologie, neben der Ozeanologie, die sich mit marinen Ökosystemen, und der Epeirologie, die sich mit terrestrischen Lebensräumen befasst (der Begriff Epeirologie ist allerdings sehr ungebräuchlich). Die Abgrenzung zwischen der Limnologie und der Ozeanographie ist nicht eindeutig, da die Flussmündungsbereiche sowohl Bestandteil der limnischen Gewässer als auch der maritimen Systeme sind.[1] Die Limnologie wird manchmal auch als Teilgebiet der Hydrologie betrachtet und gehört damit auch zu den Geowissenschaften (Schwoerbel, 1993):
Die Limnologie in ihrer Stellung in den Naturwissenschaften nach De Haar (1974), modifiziert. | |||||||||||||||||
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Die Limnologie wurde historisch in zwei Richtungen unterteilt, in die
Als solche wurden sie im Namen der „Internationalen Vereinigung für theoretische und angewandte Limnologie“ (IVL/SIL; heute International Society of Limnology) durch deren Gründer Einar Naumann (1891–1934) und August Thienemann verankert. Beide Richtungen sind aber eng miteinander verzahnt, so dass eine eindeutige Trennung beider Richtungen nicht immer möglich ist. Allgemein lässt sich die Aufgabe der theoretischen Limnologie als jene beschreiben, welche die Systemeigenschaften der Gewässer erforscht und darstellt. Diese ist wiederum auch die Grundlage jeder angewandten Limnologie. Die theoretische Limnologie wird in Allgemeine und Spezielle Limnologie untergliedert. Die Allgemeine Limnologie beschäftigt sich mit der Gewässer-Ökologie. Es sind dies
Die Spezielle Limnologie erforscht die limnischen Lebensräume mit Hilfe der Erkenntnisse der Allgemeinen Limnologie. Hierzu gehören:
Ein Teil-Untersuchungsbereich der Limnologie erfasst speziell die Mikroben – aquatische Pilze, heterotrophe Flagellaten, Ciliaten, Bakterio- und Virioplankton – der Gewässer, insbesondere der Binnengewässer, und heißt Limnomikrobiologie.
Zu den wichtigsten Themen der angewandten Limnologie zählen Abwasserreinigung, Wasseraufbereitung, Gewässerverunreinigung, Gewässerschutz und Gewässerpflege. Weitere Anwendungsbereiche der Limnologie sind die Fischereibiologie und die Regulierung der organischen Produktion in natürlichen und künstlich angelegten Gewässern.
Nach Hans-Joachim Elster (1974) und Steleanu (1989) reicht die Geschichte der Limnologie etwa 100 Jahre zurück. Obwohl schon im 17. und im 18. Jahrhundert zahlreiche Untersuchungen über Wasserorganismen durchgeführt worden sind, fehlte die Beziehung zum Gewässer vollständig. Aus diesem hydrobiologischen Vorfeld entwickelte sich die Limnologie nur zögerlich. Den entscheidenden Schritt von der Hydrobiologie zur Limnologie tat der Schweizer Mediziner und Wissenschaftler François-Alphonse Forel in Lausanne. Forel untersuchte den Genfersee nicht nur biologisch, sondern auch physikalisch und chemisch. Er äußerte auch als erster Gedanken über Seentypen.
Sein Arbeitsgebiet nannte er Limnologie. Seine Untersuchungen erschienen als dreibändiges Werk Le Léman. Monographie limnologique zwischen 1892 und 1904. Im Jahr 1901 wurde sein Handbuch der Seenkunde. Allgemeine Limnologie herausgegeben.
Als einer der Mitbegründer der Limnologie gilt der Amerikaner Stephen Alfred Forbes, welcher 1887 eine Arbeit mit dem Titel The lake as a microcosm veröffentlichte. In dieser Arbeit sind schon Stoffkreisläufe und biologische Begründungen beschrieben.
Neben den offiziellen Begründern gibt es noch einen unbekannten Vorbegründer: Friedrich Junge, ein Dorfschullehrer aus Kiel, veröffentlichte 1885 eine Schrift mit dem Titel Der Dorfteich als Lebensgemeinschaft.
Angeregt durch Forels Arbeiten etablierte sich die Limnologie rasch und führte zur Bildung der ersten limnologischen Stationen. Zu den wichtigsten limnologischen Stationen zählten:
1911 publizierten Edward Asahel Birge und Chancey Juday ihre Ergebnisse, die sie an nordamerikanischen Seen gewonnen hatten. Anhand ihrer Untersuchungen zur Sauerstoffverteilung in der Tiefe der Seen konnten sie zwei Seentypen ausmachen:
In Deutschland war es August Thienemann, dem aufgefallen war, dass sich die Seen in den verschiedenen Regionen Deutschlands in der Fischfauna, der Zusammensetzung des Planktons und der Tiefenfauna unterschieden. 1915 fand er ebenfalls wie Birge und Juday heraus, dass die Unterschiede vor allem aus dem ökologisch wirksamsten Faktor Sauerstoffgehalt des Tiefenwassers resultierten.
In Schweden untersuchte Einar Naumann 1918 den pflanzlichen Anteil des Planktongehaltes (Phytoplankton) des Oberflächenwassers der Seen. Naumann folgerte aus seinen Beobachtungen, dass planktonreiche Seen viele Pflanzennährstoffe haben müssen, die phytoplanktonarmen dagegen wenige. Demnach gibt es nährstoffarme und nährstoffreiche Seen. Einen nährstoffarmen See bezeichnete er als oligotroph und einen nährstoffreichen See als eutroph.
Als weitere Klassiker gelten Franz Ruttner (Station Lunz) und Wilhelm Halbfaß. Schwerpunkt der Untersuchungen Ruttners waren das Leitvermögen des Wassers der Seen, die Kohlenstoffassimilation der Wasserpflanzen, der Kohlensäurekreislauf sowie die Beschaffenheit tropischer Seen. Sein Hauptwerk Grundriss der Limnologie (1940) gilt heute noch als Standardwerk. Halbfass beschäftigte sich mit den geographischen, morphologischen und hydrographischen Eigenschaften sowie den chemischen Inhaltsstoffen der Seen (Müller-Navarra, 2005). Halbfass veröffentlichte sein Hauptwerk Grundzüge der vergleichende Seenkunde 1923 (Schönborn, 2003).
Neben der Seen-Limnologie entwickelte sich eine Fließgewässerforschung, die besonders durch den Schweizer Friedrich Zschokke, Paul Steinmann, Robert Lauterborn und August Thienemann gefördert wurde. Im Fokus standen die Fragen nach der Existenz eines Flussplanktons, die Suche nach Glazialrelikten in der Flora und Fauna der Gebirgsbäche und die Verschmutzung von Fließgewässern. Fließgewässer wurden seit langem als Vorfluter für Abwässer verwendet. Aufgrund zunehmender Verschmutzung wurde die Fließgewässerforschung intensiviert. Um 1900 entwickelten Richard Kolkwitz und Maximilian Marsson das Saprobiensystem, um abwasserbelastete Fließgewässer zu beurteilen. Zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich aus der Fließgewässerbiologie die Abwasserbiologie. Hans Liebmann revidierte das Saprobiensystem 1951 und 1962.
Wichtige internationale Fachgesellschaften der Limnologie sind die 1922 in Europa gegründete International Society of Limnology sowie die 1947 in Nordamerika gegründete American Society of Limnology and Oceanography. Speziell im deutschsprachigen Raum aktiv und auch stark praxisorientiert ist die 1984 gegründete Deutsche Gesellschaft für Limnologie.
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