Die Rogers-Ramanujan-Identitäten sind ursprünglich zwei Identitäten zwischen unendlichen Reihen und Produkten, die zuerst Leonard James Rogers 1894[1] bewies. S. Ramanujan fand sie unabhängig vor 1913 (ohne Beweis).[2] Ramanujan stieß danach durch Zufall auf den Aufsatz von Rogers, der bis dahin kaum beachtet worden war, und veröffentlichte mit Rogers 1919 einen neuen Beweis.[3] Unabhängig fand Issai Schur 1917 die Identitäten und einen Beweis.[4] Es gibt auch Verallgemeinerungen der Identitäten.
Da die in der Identität vorkommenden Terme erzeugende Funktionen bestimmter Partitionen sind, machen die Identitäten Aussagen über Partitionen (Zerfällungen) natürlicher Zahlen. Die Zahlenfolgen, welche sich aus den Koeffizienten der Maclaurinschen Reihen von den Rogers-Ramanujan-Funktionen G und H ergeben, sind spezielle Partitionszahlenfolgen der Stufe 5:
Die Zahlenfolge (OEIS-Code: A003114[9]) stellt für die betroffene natürliche Zahl n die Anzahl der Möglichkeiten dar, diese Zahl in Summanden der Muster 4a + 1 oder 4a + 4 mit a ∈ ℕ₀ zu zerlegen. Somit gibt die Anzahl der Zerfällungen einer ganzen Zahl n, bei denen sich benachbarte Teile der Partition um mindestens 2 unterscheiden, gleich der Anzahl der Zerfällungen, bei denen jeder Teil gleich 1 oder 4 mod 5 ist.
Und die Zahlenfolge (OEIS-Code: A003106[10]) stellt analog hierzu für die betroffene natürliche Zahl n die Anzahl der Möglichkeiten dar, diese Zahl in Summanden der Muster 4a + 2 oder 4a + 3 mit a ∈ ℕ₀ zu zerlegen. Somit gibt die Anzahl der Zerfällungen einer ganzen Zahl n, bei denen sich benachbarte Teile der Partition um mindestens 2 unterscheiden und bei der der kleinste Teil größer oder gleich 2 ist, ist gleich der Anzahl der Zerfällungen, deren Teile gleich 2 oder 3 mod 5 sind. Dies soll in den folgenden zwei Tabellen exemplarisch veranschaulicht werden:
Weitere Informationen Partitionszahlenfolge ...
Partitionszahlenfolge
Natürliche Zahl n |
|
Summandarstellungen mit dem genannten Kriterium |
1 |
1 |
1 |
2 |
1 |
1+1 |
3 |
1 |
1+1+1 |
4 |
2 |
4, 1+1+1+1 |
5 |
2 |
4+1, 1+1+1+1+1 |
6 |
3 |
6, 4+1+1, 1+1+1+1+1+1 |
7 |
3 |
6+1, 4+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1 |
8 |
4 |
6+1+1, 4+4, 4+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1 |
9 |
5 |
9, 6+1+1+1, 4+4+1, 4+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
10 |
6 |
9+1, 6+4, 6+1+1+1+1, 4+4+1+1, 4+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
11 |
7 |
11, 9+1+1, 6+4+1, 6+1+1+1+1+1, 4+4+1+1+1, 4+1+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
12 |
9 |
11+1, 9+1+1+1, 6+6, 6+4+1+1, 6+1+1+1+1+1+1, 4+4+4, 4+4+1+1+1+1, 4+1+1+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
13 |
10 |
11+1+1, 9+4, 9+1+1+1+1, 6+6+1, 6+4+1+1+1, 6+1+1+1+1+1+1+1, 4+4+4+1, 4+4+1+1+1+1+1, 4+1+1+1+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
14 |
12 |
14, 11+1+1+1, 9+4+1, 9+1+1+1+1+1, 6+6+1+1, 6+4+4, 6+4+1+1+1+1, 6+1+1+1+1+1+1+1+1, 4+4+4+1+1, 4+4+1+1+1+1+1+1, 4+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
15 |
14 |
14+1, 11+4, 11+1+1+1+1, 9+6, 9+4+1+1, 9+1+1+1+1+1+1, 6+6+1+1+1, 6+4+4+1, 6+4+1+1+1+1+1, 6+1+1+1+1+1+1+1+1+1, 4+4+4+1+1+1, 4+4+1+1+1+1+1+1+1, 4+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
16 |
17 |
16, 14+1+1, 11+4+1, 11+1+1+1+1+1, 9+6+1, 9+4+1+1+1, 9+1+1+1+1+1+1+1, 6+6+4, 6+6+1+1+1+1, 6+4+4+1+1, 6+4+1+1+1+1+1+1, 6+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1, 4+4+4+4, 4+4+4+1+1+1+1, 4+4+1+1+1+1+1+1+1+1, 4+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1, 1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1+1 |
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Rogers-Ramanujan-Kettenbrüche
Folgender Kettenbruch heißt Rogers-Ramanujan-Kettenbruch[13][14], Kettenbruch heißt alternierender Rogers-Ramanujan-Kettenbruch!
Weitere Informationen , ...
Standardisierter Kettenbruch |
Alternierender Kettenbruch |
|
|
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Durch den Faktor entsteht so ein Quotient von Modulfunktionen:
Es gilt diese Definition[15] für den genannten Kettenbruch:
oder mit der Ramanujanschen Thetafunktion
ist
- .
Der Zusammenhang des Kettenbruchs mit den Rogers-Ramanujan-Funktionen fand schon Rogers 1894 (und später unabhängig Ramanujan).
Der Kettenbruch lässt sich auch durch die Dedekindsche η-Funktion[16] ausdrücken:
Der alternierende Kettenbruch hat folgende Identitäten zu den restlichen Rogers-Ramanujan-Funktionen und zur oben beschriebenen Ramanujan-Thetafunktion:
Anwendung bei quintischen Gleichungen
Der allgemeine Fall der quintischen Gleichungen in der Bring-Jerrard-Form hat eine nicht elementare Lösung basierend auf dem Satz von Abel-Ruffini und soll nun unter Verwendung des Elliptischen Nomens, der Jacobischen Thetafunktion, den beiden Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktionen R und S und auch den Identitäten der Hyperbolischen Lemniskatischen Funktionen behandelt werden:
Die reelle Lösung für alle reellen Werte lässt sich folgendermaßen ermitteln:
Alternativ hierzu kann dieselbe Lösung auch so dargestellt werden:
Der Mathematiker Charles Hermite ermittelte den Wert des elliptischen Moduls k im Verhältnis zum Koeffizienten des Absolutterms der Bring-Jerrard-Form. In seinem Aufsatz „Sur la résolution de l'Équation du cinquiéme degré Comptes rendus“ beschrieb er die Berechnungsmethode für den elliptischen Modul in Bezug auf den absoluten Term. Die italienische Version seines Aufsatzes „Sulla risoluzione delle equazioni del quinto grado“ enthält genau auf Seite 258 die obere Bring-Jerrard-Gleichungsformel, die direkt nach dem elliptischen Modul gelöst werden kann:
Mit dem Kürzel ctlh wird die Hyperbolisch lemniskatische Funktion Cotangens Lemniscatus Hyperbolicus ausgedrückt und das Kürzel aclh stellt den Areacosinus Lemniscatus Hyperbolicus dar.
Zwei Beispiele für diesen Lösungsalgorithmus seien nun erwähnt:
Erstes Rechenbeispiel:
Quintische Bring-Jerrard-Gleichung:
Lösungsformel:
Nachkommastellen des Nomens:
Nachkommastellen der Lösung:
|
Zweites Rechenbeispiel:
Quintische Bring-Jerrard-Gleichung:
Solution:
Nachkommastellen des Nomens:
Nachkommastellen der Lösung:
|
Die Identitäten haben Anwendung in der statistischen Mechanik bei der Lösung des Hard Hexagon Modells durch Rodney Baxter 1980.[20] Das Hard Hexagon Modell ist ein Gas von Teilchen auf einem Dreiecksgitter, so dass keine zwei Teilchen auf dem Gitter benachbart sein dürfen. Sie finden auch in weiteren exakt lösbaren Modellen der statistischen Mechanik Anwendung.
- George E. Andrews: The theory of partitions, Addison-Wesley 1976, Cambridge University Press 1998
- David Bressoud, Analytic and combinatorial generalizations of the Rogers-Ramanujan identities, American Mathematical Society 1980
- David Bressoud: An easy proof of the Rogers-Ramanujan identities, J. of Number Theory, Band 16, 1983, S. 235–241.
- Godfrey Harold Hardy, E. M. Wright: Introduction to the theory of numbers, Oxford, Clarendon Press 1975 (S. 290ff, Kapitel 19-13)
- George E. Andrews, Rodney J. Baxter: A motivated proof of the Rogers-Ramanujan identities, American Mathematical Monthly, Band 96, 1989, S. 401–409.
Rogers, Second memoir on the expansion of certain infinite products, Proc. London Math. Soc., Band 25, 1894, S. 318–343.
Er teilte sie Percy Alexander MacMahon mit, der sie in seinem Buch Combinatory Analysis, Cambridge University Press, Band 2, 1916, veröffentlichte (ohne Beweis)
Rogers, Ramanujan, Proof of certain identities in combinatory analysis, Cambr. Phil. Soc. Proc., Band 19, 1919, S. 211–216.
Schur, Ein Beitrag zur additiven Zahlentheorie und zur Theorie der Kettenbrüche, Sitzungsberichte der Preuß. Akademie der Wissenschaften, Math.-Phys. Klasse, 1917, S. 302–321, auch in Schur, Gesammelte Abhandlungen, Band 2, Springer, 1973.
Bailey, Generalized hypergeometric series, Cambridge University Press 1935.
Slater, Further identities of the Rogers-Ramanujan type, Proceedings of the London Mathematical Society. Second Series, Band 54, 1952, S. 147–167.
Bruce C. Berndt, Heng Huat Chan, Sen-Shan Huang, Soon-Yi Kang, Jaebum Sohn, Seung Hwan Son: The Rogers–Ramanujan continued fraction. In: Journal of Computational and Applied Mathematics. Band 105, Nr. 1, 1. Mai 1999, ISSN 0377-0427, S. 9–24, doi:10.1016/S0377-0427(99)00033-3 (sciencedirect.com [abgerufen am 7. September 2023]).
Baxter, Exactly solvable models in statistical mechanics, Academic Press 1982. Zuerst Baxter, Journal of Physics, A, Band 13, 1980, L61-L70. Siehe auch George E. Andrews, The hard-hexagon model and Rogers-Ramanujan type identities, Proc. Nat. Acad. Sci., Band 78, 1981, S. 5290–5292, pdf