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Ringhoffer ist der Familienname nobilitierter Industrieller, die aus dem Burgenland stammen, in Prag ansässig wurden und bis 1946 Eigentümer der Ringhoffer-Werke und Großgrundbesitzer in Böhmen waren.
Der Stammvater der Familie, Jakob Ringhoffer (1673–1732), war Schmiedemeister und stammte aus Müllendorf im Burgenland. Sein Enkel Franz (1744–1827) siedelte 1769 nach Prag über. Er errichtete dort zwei Jahre später eine Kupferschmiede, wo er Braupfannen herstellte. Neben seinem Beruf bekleidete er in Prag bereits einige öffentliche Ämter, so war er Vorsteher der Kupferschmiedezunft, ab 1803 im Stadtverordnetenkollegium und später Stadtrat.
Sein Sohn Josef (1785–1845) übernahm den Betrieb und baute ihn weiter aus und errichtete in Kamenitz ein Kupferhammerwerk. Hergestellt wurden dort Einrichtungen für die Zuckerindustrie und Schnapsbrennereien. Im Jahr 1832 erhielt er den Titel Hof-Kupferschmiedemeister. Mit der im Jahr 1843 erhaltenen Fabriksbefugnis durfte er alle Metallgegenstände herstellen.
Der Sohn Franz Ringhoffer II. (1817–1873) trat nach der Ausbildung im Prager Polytechnikum in das Unternehmen ein. Verheiratet war er mit der Gutsbesitzertochter Josephine Schallowetz (1822–1896). Er kaufte die Güter Kamenitz, Štiřín, Popowitz, Lojowitz und Pischely. Im Jahr 1852 ließ er in Smíchov ein neues Werk bauen, in dem ab 1854 Eisenbahnwagen gebaut wurden. 1867 wurde die Waggonfabrik F. Ringhoffer Smichow um eine neue Halle und einige Nebenbetriebe erweitert.
Nach seinem Tod baute Franz III. Freiherr von Ringhoffer zusammen mit seinen Brüdern Emanuel und Viktor die Fabrik 1873, trotz Wirtschaftskrise, zur größten Waggonfabrik in Österreich-Ungarn aus. Er gründete 1906/07 zusammen mit der Ersten Böhmisch-Mährischen Maschinenfabrik in Prag den Automobilhersteller Praga.
Sein Sohn Franz Ringhoffer IV. wandelte das Unternehmen 1911 in eine Aktiengesellschaft, die Ringhoffer-Werke AG, um. Dessen Bruder Hans Ringhoffer erwarb ab 1918 nach und nach Aktien aller größerer Waggonhersteller in der Tschechoslowakei. Im Jahr 1935 fusionierten die Ringhoffer-Werke mit der Tatra-Werke AG, Automobil- und Waggonbau, in Kopřivnice. Es entstand der Industriekonzern Ringhoffer-Tatra AG.
Durch das Adelsaufhebungsgesetz in der Tschechoslowakei vom 3. Dezember 1918 wurden der Familien die Adelsprädikate aberkannt.
Josefs ältester Sohn Franz Ringhoffer II. errichtete einen größeren Betrieb in der Prager Neustadt und baute 1852 eine Fabrik im südwestlichen Vorort Smíchov, die Waggonfabrik F. Ringhoffer Smichow, wo er 1854 mit der Fertigung von Eisenbahnwagen begann, zunächst Güter-, ab 1860 auch Personenwagen. Da es damals die über Smíchov führende Südbahn noch nicht gab, mussten die Waggons durch die Stadtmitte zum 4 km entfernten Kopfbahnhof Prag (heute Masarykovo nádraží, Masaryk-Bahnhof) per Fuhrwerk gebracht werden. 1867 wurde die Fabrik um eine neue Halle und einige Nebenbetriebe erweitert und es wurde mit dem Bau von Salonwagen begonnen (bekannt wurde später der Salonwaggon für Kaiser Franz Joseph I. von 1902), der heute im Technischen Nationalmuseum in Prag ausgestellt ist. Das Unternehmen begann zu exportieren. Ringhoffer wurde Bürgermeister von Smíchov, wo er unter anderem eine moderne Siedlung baute. Unweit von Prag begann er die Brauerei Kozel zu bauen. Vom Kaiser wurde er in den erblichen österreichischen Freiherrnstand erhoben.
Nach seinem Tod 1873 übernahm sein Sohn Franz III. Freiherr von Ringhoffer mit den Brüdern Emanuel und Viktor das Unternehmen. Unter seiner Führung wuchs die Firma zu einem der größten Unternehmen in Österreich-Ungarn. Gebaut wurden nicht nur Schienenfahrzeuge aller Art, Elektrolokomotiven, Triebwagen, Tender für Dampflokomotiven und Straßenbahnen, sondern weiter auch Produktionseinrichtungen für Zuckerfabriken, Brennereien, Brauereien und Kühlanlagen für Kühlhäuser.
1909 übernahm Franz Ringhoffer IV. das Unternehmen, das er 1911 in eine Aktiengesellschaft umwandelte. 1923 erfolgte die Fusion mit der Firma Tatra in Kopřivnice, die außer Kraftfahrzeugen auch Schienenfahrzeuge baute. Von nun an hieß das Unternehmen Ringhoffer-Tatra AG, nach der Übernahme aller in Prag-Smíchov und Nesseldorf (Kopřivnice) sitzenden Unternehmen und 20 Tochtergesellschaften mit rund 30.000 Mitarbeitern, sowie die land- und forstwirtschaftlichen Großbetriebe der Firma F. Ringhoffer, zu denen die Brauerei Groß-Popowitz (Velke Popovice) gehörte.
Nach seinem Tod 1940 übernahm sein jüngerer Bruder Hans (Hanusch) Ringhoffer (1885–1946), der Mitglied der NSDAP gewesen sein soll, die Führung des Konzerns, zu welchem auch die Austro-Tatra, der österreichische Zweig der Tatra-Werke in Wien-Simmering gehörte, und erhielt Aufträge von Albert Speer, Rüstungsminister des Dritten Deutschen Reiches. Damals wurden auch gepanzerte Schienenfahrzeuge gebaut.
Hans (Hanusch) Freiherr von Ringhoffer starb am 31. September [sic?] 1946 im sowjetischen Speziallager Nr. 1 Mühlberg. Die Familienmitglieder der Ringhoffer wurde zu Gunsten der Tschechoslowakei enteignet und im Zuge der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei nach Österreich abgeschoben.
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