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Statt Druckluft zur Füllung von Autoreifen wird Stickstoff als Reifengas oder Reifenfüllgas unter verschiedenen Handelsbezeichnungen von Reifenhändlern propagiert. Entsprechend befüllte Reifen werden mit farbigen Ventilkappen gekennzeichnet.
Reifengas wird in Reifen von Verkehrsflugzeugen, Rennrädern, Mountainbikes, Gefahrgut-Lkws, Fahrzeugen für Einsätze in Tunneln und Bergwerken und Formel-1-Fahrzeugen eingesetzt, um z. B. eine Gefahr der Brandentwicklung und -förderung bei einem platzenden Reifen zu minimieren bzw. eine Selbstentzündung durch einen defekten oder durch einen mit erheblich zu geringem Luftdruck betriebenen Reifen oder eine überhitzte Bremsanlage zu verhindern. Dieser Vorteil ist auf normale Pkw-Reifen nicht übertragbar. Nutzfahrzeugreifen an Lastkraftwagen sind erheblich höheren Belastungen ausgesetzt (bei normalen Lkw bis zu 6000 kg zulässiges Gesamtgewicht je Reifen) und die Reibung ist höher. Ein defekter Reifen oder eine festsitzende Bremse an einem einzelnen Rad (insbesondere am Auflieger oder Anhänger) ist durch die größere Anzahl an Achsen und Reifen auch während der Fahrt für den Fahrer weniger auffällig. Der Reifeninnendruck (üblicherweise zwischen 7 und 10 bar) und die Luftfüllmenge ist im Vergleich zu Pkw-Reifen wesentlich höher, es sind stark brandgefährdete Materialien in großer Menge am Lkw vorhanden (Plane, Beladung u. ä.) und bei Gefahrguttransporten sind besonders strenge Sicherheitsvorschriften zur Risikominimierung einzuhalten. Bei Verkehrsflugzeugen entstehen durch die Landung sehr starke Belastungen an den Flugzeugreifen, da diese beim Aufsetzen auf der Landebahn in sehr kurzer Zeit sehr stark beschleunigt werden.
„Reifengas“ auf Basis Stickstoff besitzt einen Gehalt von 85 bis 99,99 % an diesem Inertgas. Zum Vergleich: Luft (und damit ebenso Druckluft) enthält etwa 78 % Stickstoff.
Stickstoff wird über Luftverflüssigung großtechnisch im Linde-Verfahren gewonnen. Eine relativ mindere Qualität (geringe Reinheit mit Resten an Sauerstoff) genügt für Reifengas, da Autoreifen in der Regel nicht mit Stickstoff gespült werden und somit immer Restluft und damit Restsauerstoff enthalten (siehe hierzu auch weiter unten).
Bei größeren Flugzeugen ist die Füllung mit reinem Stickstoff (typisch 10 bar) durch eine Lufttüchtigkeitsanweisung der FAA vorgeschrieben.[1] Für speziell gewichtskritische Anwendungen in Luft- und Raumfahrt wird auch Helium als Reifenfüllung verwendet.
Die Scheibenbremsen eines Großflugzeugs können u. U. soviel Wärme entwickeln, dass sie bis zu 1000 °C erreichen und die Felgen dadurch hoch erhitzen. Damit im Notfall kein Reifen aus Überhitzung (über Anstieg des Innendrucks und Abfall der Materialfestigkeit) platzt, ist in jede Alufelge eine Schmelzsicherung eingebaut, welche bei Erreichen einer bestimmten Temperatur schmilzt und so den Reifen entlüftet, wobei mit dem abströmenden Gas auch gleichzeitig die Bremsscheibe gekühlt wird.[2]
Reifen im Formel-1-Rennbetrieb werden ebenfalls mit Stickstoff gefüllt, der auch sicherheitshalber zum Antrieb der „Druckluft“schrauber für den Radwechsel verwendet wird.
Der Preis einer 50-Liter-200- oder -300-bar-Flasche Stickstoff ist nur unwesentlich höher als der für dieselbe Menge Druckluft. Aus Korrosionsschutzgründen sind solche Gase stets scharf getrocknet, damit sich unter dem hohen Druck in der Flasche kein Kondenswasser bildet, welches ggf. Korrosion an der Flasche hervorrufen kann.
Bis etwa zum Jahr 2000 wurde eine Befüllung der Autoreifen mit SF6 (Schwefelhexafluorid) angeboten, die mit rund 100 DM (51 €) pro Reifensatz vergleichsweise teuer war. SF6 ist jedoch ein Treibhausgas mit hohem Potential.[3] Seit dem 4. Juli 2007 darf SF6 in der Europäischen Union gemäß der „Verordnung (EG) Nr. 842/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über bestimmte fluorierte Treibhausgase“ nicht mehr zum Befüllen von Fahrzeugreifen verwendet werden. In mehreren europäischen Ländern war diese Anwendung schon zu einem früheren Zeitpunkt verboten oder ein Verbot geplant, insbesondere:[4]
Geworben wird unter anderem mit
Durch diese „spezielle“ Befüllung wird der Kunde motiviert, zur Reifendruck-Prüfung und Nachfüllung seinen Fachhändler aufzusuchen, da „Reifengas“ nur an wenigen Tankstellen verfügbar ist. Reifengas ist daher nicht nur eine Möglichkeit für den Fachhandel, durch den Verkauf des Gases selbst Umsätze zu generieren, es ist vielmehr ein effektives Mittel zur Kundenbindung und Verkaufsförderung.
Die technische Argumentation „pro Reifengas“ wird mit folgenden Argumenten kritisiert:
Darüber hinaus sind bisher keine nachprüfbaren Vorteile bekannt, die reinen Stickstoff gegenüber der üblichen Füllung mit normaler Luft in Fahrzeugreifen für den Straßenverkehr rechtfertigen.
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