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Getarntes Schiff zur U-Boot-Bekämpfung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
U-Boot-Fallen, auch als Q-Ships, Decoy Vessels, Special Service Ships oder Mystery Ships bekannt, waren Schiffe, die vor allem während des Ersten Weltkriegs von Großbritannien zur Bekämpfung deutscher U-Boote eingesetzt wurden. Zu diesem Zweck verbargen sie ihre mitunter schwere Bewaffnung hinter falschen Decksaufbauten und dergleichen und vermittelten so den Eindruck, unbewaffnete, manchmal sogar neutrale (Handels-)Schiffe zu sein. Ein angreifendes U-Boot, das – wie zu Beginn des Ersten Weltkrieges üblich, als der Seekrieg deutscherseits noch unter Einhaltung der Prisenordnung geführt wurde – das Q-Schiff aufgetaucht stoppte, um es zu durchsuchen, die Besatzung zu übernehmen und es schließlich zu versenken, wurde von seinem vermeintlichen Opfer stattdessen selbst angegriffen. Der Begriff Q-Ship leitet sich von der irischen Hafenstadt Queenstown ab, von der aus zahlreiche dieser U-Boot-Fallen operierten.
Der Einsatz einer solchen Waffe verfolgt neben der offensichtlichen Zielsetzung der Zerstörung gegnerischer Tauchboote den Zweck, dem Gegner eine bestimmte Taktik aufzuzwingen. In einem Handelskrieg lag bis zur Einführung spezieller Taktiken, technischer Hilfsmittel und Einheiten der Vorteil auf Seiten der angreifenden Tauchboote.
Der Einsatz von U-Boot-Fallen versucht, diesen Vorteil zu stören, indem er die Tauchboote unter Wasser zwingt, wo ihre Reichweite und Effizienz stark eingeschränkt sind. Die allgemein „Unterseeboote“ genannten Fahrzeuge waren bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges (Einführung der U-Boot-Klasse XXI und Schnorchelboote) eigentlich Tauchboote, das heißt Schiffe, die wann immer möglich an der Wasseroberfläche fuhren und nur gelegentlich tauchten.
Unter Wasser angreifen zu müssen – da jede Überwasser-Fahrt das U-Boot dem Risiko eines Angriffs aussetzt – drängt die jeweiligen Tauchboote in größerer Stückzahl damit in einen sogenannten „Uneingeschränkten U-Boot Krieg“. Unter dieser Doktrin, die beispielsweise Deutschland in beiden und die USA im Zweiten Weltkrieg anwendeten, werden in einem gewissen Gebiet alle Schiffe ohne genauere Prüfung angegriffen, wobei es schnell zu Fehlern kommen kann, wie dem Angriff auf neutrale Schiffe oder feindliche Schiffe, die nicht angegriffen werden sollten. Beispiele dafür sind der Untergang der Lusitania und der Athenia. Im Pazifikkrieg wurden beispielsweise auch japanische Truppentransporter, die amerikanische Kriegsgefangene an Bord hatten, von amerikanischen Tauchbooten torpediert.
Großbritannien suchte 1915 eine Möglichkeit, um sich gegen deutsche U-Boote zu wehren, die den Seehandel bedrohten. Die Möglichkeit, Konvois zu bilden, war aus Mangel an geeigneten Kriegsschiffen nur sehr eingeschränkt gegeben. Daher wurde die Idee entwickelt, deutsche U-Boote durch scheinbar alte, beinahe seeuntaugliche Dampfer, die als ein durch Artillerie leicht versenkbares Ziel erscheinen sollten, zum Auftauchen zu bewegen und die aufgetaucht verwundbaren Boote dann zu versenken. Diese Taktik versprach Erfolg, da Torpedos sehr teuer waren und U-Boote außerdem nur eine geringe Torpedokapazität hatten (U 1 hatte drei Torpedos an Bord, U 20 sechs). Unbewaffnete Schiffe wurden daher meist mit der Bordartillerie versenkt, die zeitweise, bei den U-Kreuzern, sogar deshalb sehr stark war. Mitunter wurden die Q-ships sogar als Schiffe neutraler Nationen getarnt, da diese von U-Booten vor einer möglichen Versenkung nach Prisenrecht gestoppt und durchsucht werden mussten. So wurden etwa U 27 und U 41 durch die britische U-Boot-Falle Baralong versenkt, die sich als US-amerikanisches und damit neutrales Schiff ausgab.
Für den Fall eines Torpedobeschusses waren U-Boot-Fallen meist mit Holz, leeren Fässern und ähnlichem schwimmfähigem Material beladen, so dass bis zum Untergang oft Stunden vergingen. Dies sollte U-Boote dazu zwingen, doch noch aufzutauchen und der Falle die Möglichkeit zum Abschuss zu geben. Sollte auch dies nicht funktionieren, so ging ein Teil der Besatzung, die sogenannte „Panic Party“, in gespielter wilder Panik von Bord, um die U-Bootsbesatzung von der „Echtheit“ des Schiffes zu überzeugen. Eine andere Konzeption einer U-Falle sah einen Trawler vor, der ein getaucht fahrendes U-Boot schleppte. Über eine Telefonverbindung wurden so im Fall eines Angriffs die Zielkoordinaten an das U-Boot durchgegeben, das daraufhin seinerseits das angreifende Boot torpedieren sollte.
Am 23. Juni 1915 wurde U 40 als erstes U-Boot von einer aus dem Trawler Taranaki und dem U-Boot C24 bestehenden U-Boot-Falle versenkt. Insgesamt jedoch kann der Erfolg der britischen U-Boot-Fallen als eher gering eingestuft werden. Von 178 versenkten deutschen U-Booten wurden lediglich 14 nachweislich von U-Boot-Fallen zerstört, weitere 60 wurden beschädigt. Von den 200 britischen U-Boot-Fallen wurden im Gegenzug jedoch 27 versenkt, und ein Q-Ship versenkte das eigene britische U-Boot J6.[1]
In der Ostsee operierten insgesamt fünf deutsche U-Boot-Fallen, die in der Handels-Schutz-Flottille zusammengefasst waren. Das Schiff K, Kronprinz Wilhelm, konnte dabei 1916 das russische U-Boot Gepard schwer beschädigen. Das Schiff H, Hermann, wurde im Juni 1916 von russischen Zerstörern während eines Geleitzuggefechts versenkt. Eine weitere U-Boot-Falle, die vermutlich auch in der Ostsee operierte, war das Hilfsschiff A, der Dampfer Alexandra. Die deutschen Hilfskreuzer wie Möwe oder Wolf waren keine U-Boot-Fallen, obwohl es sich um umfunktionierte Frachter handelte.
Auf der Doggerbank operierte 1916–1917 die Sondergruppe der Nordsee-Vorpostenflottille unter Oberleutnant zur See Viktor Schlieder mit den drei Vorpostenbooten Bismarck, Kehdingen und Dithmarschen, die als niederländische Fischdampfer getarnt waren, ergebnislos als U-Boot-Fallen. 1916/17 setzte die Kaiserliche Marine zwei Dreimast-Gaffelschoner, die Belmonte und die Friedeburg, unter den Tarnnamen Antje und Anna als U-Boot-Fallen ein. Einzelheiten sind nicht bekannt.
Boot-Nr. | Datum | U-Boot-Falle | Ort | Bemerkung |
---|---|---|---|---|
U 37 | April 1915 | unbekannte U-Boot-Falle | Ärmelkanal | umstritten; keine näheren Angaben |
U 40 | 23. Juni 1915 | Schleppzug Taranaki– C 24 | Nordsee | |
U 23 | 20. Juli 1915 | Schleppzug Prinzess Luise– C 27 | Nordsee | |
U 36 | 24. Juli 1915 | Prince Charles | Shetland-Inseln | |
UB 4 | 15. August 1915 | Inverlyon | Ärmelkanal | |
U 27 | 19. August 1915 | Baralong | irische Südküste | |
U 41 | 24. September 1915 | Wyandra ex Baralong | Scilly-Inseln | |
U 68 | 22. März 1916 | Farnborough | südwestlich Irlands | |
UB 13 | 24. April 1916 | Telesia; Minenschleppnetz | umstritten | |
UC 3 | 26. Mai 1916 | Hobbyhawk (Telesia); Minenschleppnetz | ||
UB 19 | 30. November 1916 | Penshurst | Ärmelkanal | |
UB 37 | 14. Januar 1917 | Penshurst | Ärmelkanal | |
U 83 | 17. Februar 1917 | Farnborough | südwestlich Irlands | |
UC 18 | 19. Februar 1917 | Lady Olive | Ärmelkanal | U-Boot-Falle sank wenige Stunden später |
U 85 | 12. März 1917 | Privet | Ärmelkanal | |
UB 39 | 17. Mai 1917 | Glen | Ärmelkanal | umstritten |
UC 29 | 7. Juni 1917 | Pargust | südwestlich Irlands | |
U 88 | 17. September 1917 | Glenfoyle | Nordsee | umstritten |
UB 63 | 28. Januar 1918 | W. S. Bailey | Nordsee | umstritten |
U 34 | 9. November 1918 | Privet und Zerstörer | Straße von Gibraltar | letzter deutscher Kriegsschiffsverlust im Ersten Weltkrieg (umstritten) |
Quellen: Rehder: U-Bootsfallen, S. 156; Herzog: Deutsche U-Boote 1906–1966, S. 127 |
(Quelle:[3])
Auch im Zweiten Weltkrieg wurden U-Boot-Fallen eingesetzt, die jedoch die Erfolge aus dem Ersten Weltkrieg nicht wiederholen konnten. Die Royal Navy rüstete bei Kriegsausbruch zehn Schiffe entsprechend um, die kein U-Boot versenken konnten, drei dieser Schiffe fielen jedoch U-Boot-Angriffen zum Opfer.
Auch die nach ihrem Kriegseintritt im Dezember 1941 durch das deutsche Unternehmen Paukenschlag überraschte United States Navy setzte U-Boot-Fallen ein. Nach schnell steigenden Verlusten erbat der Oberbefehlshaber (Commander-in-Chief) der United States Fleet den Commander der Eastern Sea Frontier, mehrere Schiffe speziell auszurüsten, um sie gegen U-Boote einsetzen zu können. Daraus entstand das „Project LQ“.
Fünf Schiffe wurden in U-Boot-Fallen verwandelt:
Diese fünf Schiffe waren jedoch völlig erfolglos. Lediglich die Atik traf am 27. März 1942 auf das U-Boot U 123, das unter seinem Kommandanten Reinhard Hardegen vor der amerikanischen Küste angekommen war. U 123 torpedierte die Atik und tauchte dann auf, um das vermeintliche Handelsschiff mit der Bordkanone zu versenken. Das Q-Schiff eröffnete sofort das Feuer, worauf U 123 ein Alarmtauchmanöver durchführte. Die Atik blieb liegen, um ihre „Panic Party“ wieder an Bord zu nehmen, was dem U-Boot ermöglichte, die U-Boot-Falle mit einem zweiten Unterwasserangriff zu versenken. Das Gefecht kostete alle 141 Besatzungsmitglieder der Atik ihr Leben, die Schäden am U-Boot waren so gering, dass es seine Feindfahrt fortsetzen konnte. Lediglich ein Fähnrich von U 123 wurde durch das Geschützfeuer der Atik schwer verletzt und verstarb kurz nach der Versenkung der Atik.
Auch im Pazifik wurden Q-Schiffe, darunter die Anacapa, eingesetzt.[4]
Kurz nach diesem Fehlschlag und der Feststellung, dass die übrigen amerikanischen U-Boot-Fallen kaum seetüchtig waren, wurde der Einsatz der übrigen Q-Schiffe eingestellt.
Auch die deutsche Kriegsmarine rüstete insbesondere in den Anfangsjahren des Kriegs mindestens 13 ehemalige Handels- oder Fischereischiffe unter der allgemeinen Bezeichnung Sonderschiffe zu U-Boot-Fallen um.[5]
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