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Arzt, der Pestopfer betreute Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Pestdoktor, entlehnt aus englisch plague doctor (alternativ Pestarzt, Pest-Medicus und Pestheiler; umgangssprachlich: Schnabeldoktor, Dr. Schnabel), wird seit dem 19. Jahrhundert ein Arzt bezeichnet, der Pestkranke behandelte.[1]
In Zeiten von Epidemien wurden Pestärzte besonders von Städten mit hohen Opferzahlen als Stadtangestellte einberufen.[2]
Die höchste Anzahl an Opfern in Europa hatte man im 14. Jahrhundert während des Ausbruchs des Schwarzen Todes zu verzeichnen. Die angestellten Pestärzte bekamen spezielle Privilegien, da sie besonders wertvoll für die Städte waren. Um ein Heilmittel zu finden, war es ihnen beispielsweise erlaubt, Obduktionen vorzunehmen, obwohl diese ansonsten verboten waren.
Belege zeigen, dass einige Ärzte immer wieder die Patienten und deren Familien für Spezialbehandlungen und/oder falsche Heilmittel einen zusätzlichen Betrag zahlen ließen.[3] Die meisten waren Ärzte und Chirurgen zweiter Klasse, die sich nicht oder noch nicht richtig etablieren konnten.[1] Selten konnten mit der Behandlung von Pestkranken beauftragte Ärzte kurativ wirken, meist dokumentierten sie nur für die Demografie die Anzahl an betroffenen Personen.
Pestärzte galten dennoch als so wertvoll, dass Barcelona 1650 ein Lösegeld an Verbrecher zahlte, die zwei Pestdoktoren auf dem Weg nach Tortosa gefangen genommen hatten.[4] 1348 stellte die italienische Stadt Orvieto Matteo fu Angelo zum Vierfachen des normalen Gehalts eines Doktors der Medizin von 50 Florinen pro Jahr ein.[4]
Um sich vor dem Pesthauch zu schützen, hielt man sich Riechäpfel, Duftschwämme oder Kräuterbeutel vor die Nase. Als wirksame Duftstoffe galten Wacholder, Amber, Zitronenmelisse, Grüne Minze, Kampfer, Gewürznelken, Myrrhe, Rosen oder Styrax.[5] Die Idee für ein Nasenfutteral, in dem man diese Schutzduftträger unterbringen konnte, soll auf Charles de L’Orme zurückgehen, „Erster Arzt“ am Hofe Ludwigs XIII.[6] Daraus entwickelte sich die nur südlich der Alpen als Pestmaske von Ärzten eingesetzte[7] Schnabelmaske, die in der Literatur zum Merkmal des Pestdoktors wurde.
Schnabelmasken sind allerdings nur in Italien und Frankreich belegt und waren eher eine Randerscheinung. Vor allem durch einige Drucke und Stiche wurde ihre Erscheinung populär und im öffentlichen Bewusstsein besonders seit dem 19. Jahrhundert retrospektiv mit dem Bild des Pestarztes assoziiert. Thomas Bartolin beschrieb 1661 erstmals eine solche Maske, die bei der Pest in Rom 1656 verwendet worden sei, und fügte seinem Buch eine Illustration eines Doktors mit Schnabelmaske bei, die eine ihm aus Rom zugesandte Abbildung reproduziert.[8]
Jean-Jacques Manget publizierte 1721 mit Bezug auf die Pest in Marseille eine weitere Illustration.[9] Nach diesen Beschreibungen bestand die Kleidung eines Pestdoktors aus einem als Schutzanzug dienenden gewachsten Stoffmantel, einer Schnabelmaske mit zwei Augenöffnungen aus Glas, Handschuhen und einem Stab. So konnte Kontakt zu den Infizierten vermieden werden.
„Alle späteren Abbildungen von Pestärzten basieren“ nach Marion M. Ruisinger „auf diesen beiden Varianten.“[10] Spätere Darstellungen belegen nicht die Verwendung an anderen Orten. Die Schnabelmaske ist also nicht vor dem 17. Jahrhundert und nur mit Bezug auf Rom 1656 und Marseille 1720 nachgewiesen. Einsätze der Schnabelmaske bei anderen Pestereignissen sind nicht belegt. Allerdings zeigt ein Gemälde des Schweizer Mediziners und Hochschullehrers Theodore Zwinger III. (1658–1724) den Arzt in der Montur des Schnabeldoktors.[11]
Schnabelmasken, die Anfang des 21. Jahrhunderts für Museen in Berlin und Ingolstadt aus dem Handel erworben wurden, sind von zweifelhafter Authentizität.[12]
Späterhin waren diese Masken auch ein prägendes Element des Karnevals in Venedig.
Pestärzte verabreichten Aderlässe oder setzten Frösche und Egel auf die Beulen, um „die Balance der Körpersäfte wiederherzustellen“.[13] Sie durften sich nicht unter die Leute begeben, da die Gefahr einer Ausbreitung der Pest ihres Berufes wegen zu groß war; manche befanden sich in Quarantänequartieren.[14]
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