Nach dem Abitur im zweiten Bildungsweg studierte Lützeler Germanistik, Anglistik, Philosophie und Geschichte in Berlin, Edinburgh, Wien und München. 1968 wanderte er in die USA aus und schloss sein Studium 1972 mit der Promotion in Germanistik an der Indiana University in Bloomington ab mit der Arbeit „Hermann Broch, Ethik und Politik: Studien zum Frühwerk und zur Romantrilogie ‚Die Schlafwandler‘“ und zog anschließend nach St. Louis, wo er 1973 eine Professur an der Washington University in St. Louis erhielt. Er war Chairman des German Departments von 1983 bis 1988 und von 1993 bis 1995 Sprecher des Faculty Senate Council. An der Washington University gründete Lützeler 1983 das European Studies Program, das er anschließend selbst für 20 Jahre leitete. 1985 gründete Lützeler das Max-Kade-Zentrum für deutschsprachige Gegenwartsliteratur, das er bis 2022 leitete. Ebenfalls lud er von 1985 bis 2022 je einen deutschsprachigen Kritiker und je einen deutschsprachigen Schriftsteller nach St. Louis ein, um dort zu lehren und zu forschen. 2002 begründete er Gegenwartsliteratur. Ein germanistisches Jahrbuch, das er bis 2020 als Editor in Chief herausgab. Lützeler setzte sich außerdem für Austauschprogramme zwischen der Washington University und europäischen sowie asiatischen Universitäten ein. Gastprofessuren hatte er unter anderem in Princeton, Tübingen, Graz, Greifswald, Mainz, Freiburg, Neu-Delhi, Peking, Madrid und Tokio. Kompakt-Seminare unterrichtete er an den Universitäten in Melbourne, Pavia, Guadalajara, Jerusalem und Zadar.
Lützelers Forschungsschwerpunkte sind deutschsprachige Gegenwartsliteratur, der literarische Europa-Diskurs, deutschsprachige Exilliteratur, insbesondere in den USA, sowie deutsche und europäische Literatur der Romantik. Lützeler gilt insbesondere als Spezialist für den österreichisch-amerikanischen Exilschriftsteller Hermann Broch, dessen Gesamtwerk er herausgab und dessen Biographie er verfasste. Neben literaturwissenschaftlichen Themen veröffentlicht Lützeler auch zu historischen und politikwissenschaftlichen Themen wie der Europäischen Integration sowie zu den Diskursen der Postmoderne, des Postkolonialismus und der Globalisierung. Mehrere seiner Bücher und Editionen wurden in andere Sprachen übersetzt, u.a. ins Englische, Spanische und Japanische. Er schrieb außerdem für Die Zeit, die Neue Zürcher Zeitung, Die Welt, den Tagesspiegel, die Frankfurter Rundschau, die Neue Rundschau sowie den Merkur.
Hermann Broch, Ethik und Politik: Studien zum Frühwerk und zur Romantrilogie „Die Schlafwandler“ (= Diss. Bloomington, Indiana University, 1972). Winkler, München 1973.
Hermann Broch. Eine Biographie. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 978-3-518-38078-9. (übersetzt ins Englische, Spanische und Japanische; auch als E-Book)
Geschichte in der Literatur. Studien zu Werken von Lessing bis Hebbel. Piper, München 1987.
Die Schriftsteller und Europa. Von der Romantik bis zur Gegenwart. Piper, München 1992.
Europäische Identität und Multikultur. Stauffenburg, Tübingen 1997. (übersetzt ins Italienische)
Kulturbruch und Glaubenskrise. Brochs 'Schlafwandler' und Grünewalds 'Isenheimer Altar'. Francke, Tübingen 2001.
Postmoderne und postkoloniale deutschsprachige Literatur. Aisthesis, Bielefeld 2005.
Kontinentalisierung. Das Europa der Schriftsteller. Aisthesis, Bielefeld 2007.
Bürgerkrieg global. Menschenrechtsethos und deutschsprachiger Gegenwartsroman. Wilhelm Fink Verlag, München 2009.
Hermann Broch und die Moderne. Wilhelm Fink, München 2011
Transatlantische Germanistik. Kontakt, Transfer, Dialogik. De Gruyter, Berlin 2013.
Publizistische Germanistik. Essays und Kritiken. De Gruyter, Berlin 2015.
Hermann Broch und die Menschenrechte: Anti-Versklavung als Ethos der Welt. De Gruyter, Berlin 2021.
Editionen (Auswahl)
Hermann Broch. Kommentierte Werkausgabe, 17 Bände. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974–1981. (auch als E-Book)
Deutsche Literatur in der Bundesrepublik seit 1965 (mit Egon Schwarz). Athenäum, Königstein 1980.
Romane und Erzählungen der deutschen Romantik. Neue Interpretationen. Reclam, Stuttgart 1981.
Goethes Erzählwerk. Interpretationen (mit James E. McLeod). Reclam, Stuttgart 1985.
Zeitgenossenschaft. Festschrift für Egon Schwarz zum 65. Geburtstag mit Herbert Lehnert und Gerhild S. Williams. Athenäum, Frankfurt am Main 1987.
Spätmoderne und Postmoderne. Beiträge zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1991.
Hoffnung Europa. Deutsche Essays von Novalis bis Enzensberger. S. Fischer, Frankfurt am Main 1994.
Europe after Maastricht. American and European Perspectives. Berghahn Books, Providence, Oxford 1994. (übersetzt ins Rumänische)
Poetik der Autoren. Beiträge zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1994.
Hannah Arendt-Hermann Broch. Briefwechsel 1946–1951. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag 1996, Frankfurt am Main.
Schreiben zwischen den Kulturen. Beiträge zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1996. (übersetzt ins Englische)
Der postkoloniale Blick. Deutsche Autoren berichten aus der Dritten Welt. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997.
Räume der literarischen Postmoderne. Gender, Performativität, Globalisierung. Stauffenburg, Tübingen 2000.
Kleists Erzählungen und Dramen. Neue Studien (mit David Pan). Königshausen & Neumann, Würzburg 2001.
Hermann Broch. Visionary in Exile. The 2001 Yale Symposium (mit Matthias Konzett, Willy Riemer und Christa Sammons). Camden House, Rochester, N.Y. 2003.
Freundschaft im Exil. Thomas Mann und Hermann Broch. Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2004.
Hermann Broch und die Künste (mit Alice Stašková). De Gruyter, Berlin 2009.
Verlorener Sohn? Hermann Brochs Briefwechsel mit Armand. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2010.
Die Ethik der Literatur. Deutsche Autoren der Gegenwart (mit Jennifer Kapczynski). Wallstein, Göttingen 2011.
Hermann Broch und die Romantik (mit Doren Wohlleben). De Gruyter, Berlin und New York 2014.
Hermann Broch Handbuch (mit Michael Kessler). De Gruyter, Berlin und Boston 2016.
Transatlantic German Studies: Testimonies to the Profession (mit Peter Hoeyng). Camden House, Rochester NY 2018.
Hermann Broch – Frank Thiess, Briefwechsel 1929–1938 | 1948–1951. Wallstein, Göttingen 2018.
Aussteigen um 1900. Imaginationen in der Literatur der Moderne (mit Barbara Mahlmann-Bauer). Wallstein, Goettingen 2021.
Die Europäische Union zwischen Konfusion und Vision: Interdisziplinaere Fragestellungen (mit Michael Gehler). Boehlau, Wien 2022.
Hermann Broch und die österreichische Moderne (mit Thomas Borgard). Brill/Fink 2023.
Zeitschrift für Interkulturelle Germanistik (seit 2010)
Studia Theodisca (seit 2011)
Michael Kessler, unter Mitarbeit von Marianne Gruber, Barbara Mahlmann-Bauer, Christine Mondon und Friedrich Vollhardt (Hrsg.): Hermann Broch. Neue Studien. Festschrift für Paul Michael Lützeler zum 60. Geburtstag (= Stauffenburg-Colloquium. 61). Stauffenburg, Tübingen 2003, ISBN 3-86057-161-3 (mit Schriftenverzeichnis Paul Michael Lützeler).
Mark W. Rectanus (Hrsg.): Über Gegenwartsliteratur. Interpretationen und Interventionen. Festschrift für Paul Michael Lützeler zum 65. Geburtstag von ehemaligen StudentInnen. = About Contemporary Literature. Aisthesis, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89528-679-7 (mit Schriftenverzeichnis Paul Michael Lützeler).
Peter Hanenberg, Isabel Capeloa Gil (Hrsg.): Der literarische Europa-Diskurs. Festschrift für Paul Michael Lützeler zum 70. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 2013, ISBN 978-3-8260-5240-8 (mit Schriftenverzeichnis Paul Michael Lützeler).
Michael Braun (Hrsg.): Deutsche Literatur und Europäische Zeitgeschichte. Für Paul Michael Lützeler zum 75. Geburtstag. Stauffenburg, Tübingen 2018.
Michael Kessler (Hrsg.): Interkulturelle Dialoge. Exil- und Gegenwartsliteratur, Europa- und Kunst-Diskurse. Festschrift fuer Paul Michael Lützeler zum 80. Geburtstag. Tübingen: Stauffenburg, 2023; ISBN 978-3-95809449-9 (mit Schrifttumverzeichnis Paul Michael Luetzeler)