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Strategie der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalprävention Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Nulltoleranzstrategie (englisch Zero Tolerance Policy) bezeichnet eine Strategie der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalprävention. Im Rahmen dieser Strategie schreitet die Polizei bereits konsequent ein, wenn Ordnungsverstöße unterhalb der Straftatenschwelle begangen werden, wie etwa bei aggressivem Betteln, öffentlichem „Herumlungern“ oder Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit. Das Ziel der Strategie ist es, die Kontrolldichte zu erhöhen, um auf diese Weise Straftaten bereits im Anfangsstadium aufzudecken und/oder zu verhindern. Die Nulltoleranzstrategie basiert auf der Broken-Windows-Theorie, sie wurde in Form des „New Yorker Modells“ bekannt.[1] Deutsche Kriminalisten und Kriminalpolitiker sprechen in Abwandlung auch von einer Strategie der Nulltoleranz.[2] Kritiker beschreiben eine zunehmende Politisierung der Verbrechenskontrolle, die Abkehr von wissenschaftlichen Experten und eine neue Form des Populismus als ursächlich für die Hinwendung zur Nulltoleranzstrategie in den 1990er und 2000er Jahren.[3]
Von Befürwortern einer Nulltoleranzstrategie vorgebrachte Erfolge werden heute größtenteils im Zusammenhang mit dem allgemeinen Kriminalitätsrückgang gesehen, da in Regionen mit Nulltoleranzstrategie und ohne die Rückgänge ähnlich verlaufen sind.[4]
1994 berief sich der Polizeichef von New York, Bill Bratton, unter dem damaligen republikanischen Bürgermeister Rudy Giuliani auf die Broken-Windows-Theorie. Die von Bratton entwickelte Polizeistrategie bestand aus einer rigorosen „Null-Toleranz“ gegenüber den vielen kleinen Belästigungen und Vergehen in der Öffentlichkeit durch das Absenken der polizeilichen Eingriffsschwelle gegenüber diesem Verhalten.[3]
Das geschah vor dem Hintergrund einer außergewöhnlich hohen Kriminalitätsrate, einer weit über dem amerikanischen Durchschnitt liegenden Mord- und Totschlagsrate und – unter anderem – der Häufung alltäglicher Normübertritte und einer zunehmenden Vermüllung und Verschmutzung des öffentlichen Raumes sowie der U-Bahn. Bratton und Giuliani glaubten, dass Bagatelldelikte der Einstieg (Tipping-Point) für schwerwiegendere Verbrechen waren.[5] Das Programm führte zu einem umfassenden Aktionsplan, der erklärtermaßen darauf abzielte, den öffentlichen Raum zurückzuerobern und den Bürgern das in der „Unwirtlichkeit der Stadt“ verlorengegangene Gefühl von Sicherheit wiederherzustellen.
Tragende Säulen dieses Konzepts waren sieben Maßnahmenpakete.[6][3]
Es wurden eher junge, dynamische Beamte mit Führungsaufgaben betraut und viele der älteren Revierleiter vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Es wurde eine 'corporate identity' der Polizei geschaffen, die sich durch die Vorgaben „Höflichkeit, Professionalität, Respekt“ („courtesy, professionalism, respect“) bestimmte. Flankiert wurden diese polizeilichen Maßnahmen durch härtere Strafgesetze. Dazu gehört beispielsweise die Regel „three strikes and you are out“, die auf schwere wie leichte Straftaten gleichermaßen angewandt wurde.
Der Ansatz, insbesondere in Gebieten mit städtebaulichem Verfall (urban decay) und hoher Kriminalitätsrate auch kleinste Übertretungen zu ahnden, fand in den USA ein kontroverses Echo. Während die Befürworter ihm beachtliche Erfolge bescheinigten, zeigten Kritiker negative Auswirkungen auf: Durch Erfolgsvereinbarungen mit der New Yorker Polizei entstand ein Konkurrenzdenken innerhalb des Polizeiapparats, was zu einem Identitätsverlust führte. Das harte Durchgreifen brachte ferner Bürgerrechtler auf den Plan, die in der Nulltoleranzstrategie einen Schritt zum Polizeistaat sahen.
Die Zahl der Mordfälle in New York ging von den 1970er Jahren bis 2009 auf ein Fünftel zurück, von 2000 auf rund 400. Dieser deutlich statistisch signifikante Rückgang wird von ihren Verfechtern auch auf die Nulltoleranzstrategie in den 1990er Jahren zurückgeführt.[7]
Vergleichsstudien zeigten jedoch, dass es nicht nur in New York einen drastischen Kriminalitätsrückgang gab. Sowohl auf Ebene verschiedener US-Bundesstaaten, als auch im Vergleich von US-Großstädten sanken Kriminalitätsraten seit den frühen 1990er Jahren um mehr als die Hälfte. Eine Nulltoleranzstrategie hatte hierbei – wenn überhaupt – nur einen kleinen Einfluss.[4]
Das New Yorker Modell wurde in den frühen 1990er Jahren entwickelt und umgesetzt. Inzwischen zeigte sich, dass dies der Zeitraum eines Höhepunkts der Kriminalität in den meisten Ländern der westlichen Welt war. Seither fallen die Kriminalitätsraten in den meisten Ländern, nicht nur in der westlichen Welt. Die wirkliche Ursache des Kriminalitätsrückgangs konnte allerdings noch nicht umfassend befriedigend geklärt werden.[8]
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