soziale Normen, die festlegen, wo ein Ehepaar nach der Heirat seinen Wohnsitz einrichtet usw. Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Residenzregeln (von lateinisch residere „sich niederlassen“), Wohnsitzregeln oder Wohnfolgeordnungen bezeichnen in der Ethnosoziologie diejenigen sozialen Normen, die festlegen, wo ein Ehepaar nach der Heirat seinen Wohnsitz einrichtet, ob und welcher Ehepartner den Wohnort wechseln muss und wohin er zieht. In einer ethnischen Gesellschaft bestimmt die Wohnsitzregel zusammen mit den geltenden Abstammungs- und Heiratsregeln die Verwandtschaftsbeziehungen und Gruppenzugehörigkeiten, beispielsweise zu welchem Haushalt Kinder von Ehepaaren gerechnet werden.
Demgegenüber bezeichnet Residenzmuster die statistische Erfassung dessen, was Ehepaare tatsächlich tun – das kann von ihrer gewohnten Residenzregel abweichen; viele Paare aus traditionellen Ethnien gründen in modernen Städten eigene neue Haushalte (neolokal), obwohl ihre Tradition eine andere Wohnfolgeregel vorgibt.
Bei den weltweit 1300 erfassten ethnischen Gruppen und indigenen Völkern[1] finden sich vier Gruppen von Residenzregeln, unterschieden danach, wo ein Ehepaar nach seiner Heirat den ehelichen Wohnsitz einrichtet:
Auswertungen der Datensätze von rund 1200 Ethnien des Ethnographischen Atlas[1] ergaben folgende Verteilungswerte der Wohnfolgeregeln (Residenz) bei Gesellschaften mit einer patri-linearen oder matri-linearen Abstammungsregel (Deszendenz):[10][11]
Deutlich wird, dass nach der Väterlinie organisierte Völker den ehelichen Wohnsitz fast ausschließlich beim Mann einrichten, während sich bei matrilinearen Völkern alle Möglichkeiten der Residenzwahl finden lassen.[12]
Bezogen auf alle Ethnien weltweit:
Ein praktisches Beispiel verdeutlicht Unterschiede (siehe auch das Moiety-Dualsystem):
Das kleine Volk der Ngaing in Papua-Neuguinea folgt einer doppelten, bilinearen Abstammungsregel: In einem Dorf haben die patrilinearen Abstammungsgruppen (Patri-Lineages) eine Tiefe von 3 bis 5 Generationen und bilden Patri-Clans, welche die Grundeinheit der Siedlung ausmachen. Über sie werden die Regeln der Exogamie (wichtig für Heiraten), Landrechte (wichtig für Gartenbau und Jagd) und Ritualrechte (wichtig für Männerkult-Zeremonien) weitergegeben und vererbt. Ähnlich organisiert sind die parallel zu den Männern berechtigten matrilinearen Abstammungsgruppen (Matri-Lineages), die das Totem-Recht auf sich vereinen. Die Gruppen leben im Siedlungsgebiet verstreut, denn sie befolgen die eheliche Wohnfolgeregel der Patri-Lokalität: Der Wohnsitz eines verheirateten Paares wird beim Ehemann eingerichtet, der bei seinem Vater wohnt. Versammlungen zu gemeinsamen Aktivitäten finden nicht statt.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.