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Form des Kindergartens Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Waldkindergarten oder Naturkindergarten ist eine Form des Kindergartens, die aus Skandinavien stammt. Im Waldkindergarten erfahren Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren (teilweise bereits unter drei Jahren) Erziehung, Bildung und Betreuung. Die meisten Aktivitäten finden außerhalb fester Gebäude statt, meistens im Wald.
Ella Flatau aus dem dänischen Sölleröd gründete in den 1950er Jahren den ersten Waldkindergarten, nachdem sie zunächst mit ihren eigenen und mit Nachbarskindern häufig in den Wald gegangen war und diese Form der Kinderbetreuung großes Interesse bei anderen Eltern hervorgerufen hatte. Interessierte Eltern schlossen sich zusammen und gründeten eine Initiative, die den ersten Waldkindergarten ins Leben rief – eine Idee, die sich im skandinavischen Raum immer weiter ausbreitete.
Anfang der 1990er entstanden in Dänemark auch die ersten deutschsprachigen Waldkindergärten.[1] Der erste Wald- und Naturkindergarten in Deutschland entstand bereits 1968 in Wiesbaden.[2] Die Begründerin Ursula Sube organisierte diesen Waldkindergarten privat, mit Unterstützung durch Pfarrer Bernbeck von der Thomasgemeinde. Sie erhielt jedoch vom zuständigen Jugendamt nie eine offizielle Genehmigung für diese Form des Kindergartens.
Die Waldkindergartenbewegung fand in Deutschland erst in den 1990er Jahren größeren Anklang. Der erste anerkannte Waldkindergarten startete am 3. Mai 1993 in Flensburg. Derzeit werden zahlreiche neue Gruppen gegründet. Heute gibt es über 2000[3] (Stand September 2022) Waldkindergärten in Deutschland, 23 Waldkindergärten in Österreich[4], diverse Waldkindergärten und -krippen in der Schweiz[5][6] und in Südtirol[7]. Neben den reinen Waldkindergärten gibt es auch Wald- und Tierkindergärten, bei denen sich die Kinder auch um die Versorgung und Pflege von Tieren kümmern.[8][9]
Seit 2018 sind alle Wald- und Naturkindergärten dazu eingeladen, jeweils am 3. Mai eines Jahres den Internationalen Tag des Waldkindergartens als besonderen Aktionstag zu begehen.
Der Waldkindergarten wird häufig als „Kindergarten ohne Dach und Wände“ bezeichnet. Der wesentliche Unterschied zu konventionellen Kindergärten besteht darin, dass die betreuten Kinder mit ihren Erziehern den Kindergartenalltag fast durchgehend außerhalb von Gebäuden, d. h. im Wald, auf der Wiese oder am Strand, verbringen. Die Aktivitäten im Freien finden bei jedem Wetter statt; Einschränkungen gibt es nur bei Witterungsbedingungen, die einen sicheren Aufenthalt im Freien unmöglich machen. Vorgeschrieben sind in Deutschland eine beheizbare Unterkunft in zumutbarer Nähe des Waldgebietes, in welcher Kinder und Erzieher bei sehr schlechten Witterungsbedingungen Schutz und Aufenthaltsmöglichkeit finden sollen. Hierzu dienen in der Regel ein beheizter Bauwagen oder eine Waldhütte. Im Waldkindergarten wird in der Regel auf handelsübliches Spielzeug verzichtet. Die Kinder spielen mit Naturgegenständen, die sie in ihrer Umgebung finden. Die vorgeschriebene Gruppengröße liegt bei einem Waldkindergarten bei 15 bis 20 Kindern bei einem Schlüssel von mindestens zwei staatlich anerkannten Erziehern. Abgesehen von diesen Rahmenbedingungen stellen sich die Waldkindergärten als normale Kindergärten vor, in welchen Kinder gebildet, begleitet und erzogen werden. Inzwischen gibt es bewährte Fort- und Weiterbildungsangebote für eine Tätigkeit als pädagogische Fachkraft im Waldkindergarten.[10]
Die Rechtsform eines Waldkindergartens ist meist der eingetragene Verein (e. V.). Das pädagogische Personal sind dann Angestellte dieses Vereins. Finanziell trägt sich ein Waldkindergarten durch staatliche Zuschüsse, Spenden und Elternbeiträge. Die staatlichen Zuschüsse sind jedoch von Ort zu Ort verschieden. Vereinzelt betreiben die Erzieher den Waldkindergarten auch in Eigenregie und schließen dazu mit den Eltern privatrechtliche Verträge ab.
Zu den Auswirkungen, Vorteilen und Chancen der Waldkindergarten-Pädagogik gibt es inzwischen eine Reihe wissenschaftlicher Studien.[11][12]
Der tägliche Aufenthalt in der freien Natur unterstützt eine positive Entwicklung der kindlichen Motorik und Wahrnehmung in den Bereichen Grob- und Feinmotorik, Koordination, taktiler Wahrnehmung und Tiefensensibilität. Kinder, die einen Waldkindergarten besucht haben, sind auf schulische Anforderungen nicht weniger gut vorbereitet als Kinder, welche einen Regelkindergarten besucht haben – sie werden sogar in der Mehrzahl der Bereiche etwas besser benotet.[13] Kinder im Waldkindergarten sind gesundheitlich stabiler, haben weniger Unfälle und fallen sicherer. Nach Untersuchungen (u. a. Scholz & Krombholz 2007; Schwarz 2013; Birk 2020) hat der regelmäßige Aufenthalt der Kinder im Wald positive Auswirkungen auf die motorischen Fähigkeiten und wirkt sich positiv auf die Gesundheit (Lärmbelastung, Stress) aus.
Eine weitere Auswirkung der Waldkindergarten-Pädagogik liegt auf einer anderen Ebene: Seit der vermehrten Gründung von Waldkindergärten in Deutschland und Diskussionen und Publikationen zu diesem Thema beziehen immer mehr Kindergärten Waldtage, Waldwochen oder Waldprojekte in ihr Programm mit ein. Auf diese Weise versuchen sie, die Vorteile der Waldkindergarten-Pädagogik zumindest zeitweise ihren Kindern zukommen zu lassen.
Mit der Ausbreitung von Zecken in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Waldkindergärten an Popularität eingebüßt, da regelmäßig auch Menschen durch Erkrankungen wie Borreliose, Frühsommer-Meningoenzephalitis, Babesiose, Ehrlichiose oder Rickettsiosen betroffen sind. Im Waldkindergarten sind auch lebensbedrohliche Zeckenbisse ein Risiko während der wärmeren Jahreszeiten. Jedoch gibt es gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis mittlerweile einen wirksamen Impfschutz.
Sportkindergärten (Bewegungskindergärten) versuchen die Vorteile der Waldkindergärten ohne die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken zu erzielen.[14] Allerdings liegen in keiner Art von Kindergarten potentielle Risiken bei Null.
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