Minimalpolynom (Körpertheorie)

Begriff aus der linearen Algebra Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Unter einem Minimalpolynom versteht man allgemein ein Polynom minimalen Grades, das gerade noch eine Eigenschaft erfüllt, die von Faktoren kleineren Grades nicht mehr erfüllt wird. Insbesondere gibt in verschiedenen Teilgebieten der Mathematik das Minimalpolynom die minimale lineare Abhängigkeit zwischen den Potenzen einer Matrix bzw. einer linearen Abbildung oder allgemeiner eines Elementes einer Algebra an.

Definition

Zusammenfassung
Kontext

In der Körpertheorie ist das Minimalpolynom ein Begriff, der bei einer Körpererweiterung auftritt.

Sei eine Körpererweiterung, der Polynomring zu mit der Unbestimmten und sei algebraisch, das heißt, es existiert mit . Dann existiert ein Polynom (genannt das Minimalpolynom) mit den Eigenschaften

  1. ist normiert,
  2. ,
  3. hat minimalen Grad, d. h., für jedes gilt ,
  4. ist eindeutig (durch bestimmt), d. h., für jedes weitere , welches die Eigenschaften 1–3 erfüllt, gilt schon .

Betrachtet man den Erweiterungskörper als Vektorraum über und ein bestimmtes Element als Endomorphismus auf (durch die Abbildung ), so kommt man bei einem algebraischen Element zum selben Minimalpolynom (im Sinn der linearen Algebra) wie in der Körpertheorie.

Eigenschaften

  • Minimalpolynome sind irreduzibel über dem Grundkörper.
  • Jedes Polynom mit Koeffizienten im Grundkörper, das ein algebraisches Element als Nullstelle hat, ist ein (Polynom-)Vielfaches des Minimalpolynoms von .
  • Der Grad des Minimalpolynoms von ist gleich dem Grad der einfachen Erweiterung .

Siehe auch: Zerfällungskörper, Satz von Cayley-Hamilton

Beispiele

  • Betrachte die Körpererweiterung mit der imaginären Einheit :
    Das Minimalpolynom von ist , denn es hat als Nullstelle, ist normiert, und jedes Polynom kleineren Grades wäre linear und hätte nur eine Nullstelle in .
  • Es gibt keine Erweiterung, in der ein Element mit Minimalpolynom existiert: Das Polynom lässt sich als darstellen und kann somit für keine seiner Nullstellen ein Polynom kleinsten Grades sein.

Beispiele für Minimalpolynome eines algebraischen Elements

  • Minimalpolynome über von , wobei eine beliebige komplexe Quadratwurzel ist:
    ist Nullstelle von . Dieses Polynom ist irreduzibel über , wenn und in diesem Fall das gesuchte Minimalpolynom.
    Für den Fall ist das Minimalpolynom .
  • Minimalpolynome über von : Wegen ist Nullstelle von . Dieses Polynom ist aber nicht irreduzibel, denn es hat die Faktorisierung . Offensichtlich ist keine Nullstelle von . Also muss Nullstelle von sein. Und dieses Polynom ist irreduzibel (z. B. durch Reduktion modulo 2), weshalb es sich dabei um das Minimalpolynom von über handeln muss.
  • Minimalpolynom über von : Hier ist es hilfreich, eine normale Körpererweiterung mit zu betrachten. Dies ist z. B. für gegeben, dem Zerfällungskörper des Polynoms . In zerfällt das Minimalpolynom von in Linearfaktoren. Die Nullstellen sind Konjugierte von , also von der Form für ein aus der Galoisgruppe von .
Da , genügt es, die möglichen Werte (also die Konjugierten von ) zu bestimmen. Das Minimalpolynom über von ist , was sich über zu faktorisieren lässt. Damit sind die Konjugierten von genau
,
,
und
.
Das Minimalpolynom von ist damit

Literatur

  • Uwe Storch, Hartmut Wiebe: Lehrbuch der Mathematik. Für Mathematiker, Informatiker und Physiker. Band 2: Lineare Algebra. BI-Wissenschafts-Verlag, Mannheim u. a. 1990, ISBN 3-411-14101-8.
  • Thomas W. Hungerford: Algebra (= Graduate Texts in Mathematics. Bd. 73). 5th printing. Springer, New York NY u. a. 1989, ISBN 0-387-90518-9.
Loading related searches...

Wikiwand - on

Seamless Wikipedia browsing. On steroids.