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deutscher Aktivist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Martin Lejeune (* 27. Juli 1980 in Hannover) ist ein deutscher Journalist und früherer politischer Aktivist.
Lejeune wuchs in Nürnberg und Bielefeld auf. Die Allgemeine Hochschulreife erwarb er auf dem Zweiten Bildungsweg. Von 2004 an studierte er Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin.[1] Bis Ende 2017 hatte er das Studium nicht abgeschlossen.[2] Anfang Juli 2016 konvertierte Lejeune zum sunnitischen Islam.[3] Ende 2017 wurde ihm der Negativpreis Goldener Aluhut zuerkannt; er war der zweite Preisträger, der ihn selbst in Empfang nahm. Nach eigenen Angaben lebte Lejeune damals von Hartz IV, seitdem Aufträge und Spenden wegen der Kontroversen (s. u.) ausblieben.[2]
Von 2007 bis 2014 war er als freier Journalist tätig. Dafür reiste er 2013 nach Syrien und 2014 in den Gaza-Streifen. Seine Berichte wurden meist von der Tageszeitung Neues Deutschland[4] veröffentlicht, dazu von der jungen Welt und in der taz.[5][6]
Zu Beginn des NSU-Prozesses legte Lejeune während der Kontroverse um die Journalisten-Akkreditierung Verfassungsbeschwerde ein, nachdem er seine Akkreditierung im Wiederholungsverfahren verloren hatte. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde als unbegründet zurück.[7] 2017 berichtete Lejeune für die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.[8]
Während des Gaza-Konflikts 2014 wurde Lejeune vorgeworfen, er übernehme in seiner Berichterstattung die Positionen der Terrororganisation Hamas.[1][9] Wegen Zweifeln an seiner Unabhängigkeit stornierte das Deutschlandradio Aufträge.[10] Zudem stellten sich Aussagen Lejeunes als falsch heraus, so etwa die Aussage, er sei zwischen 7. Juli 2014 und 3. August 2014 der einzige deutsche Journalist im Gazastreifen gewesen, weil die fest angestellten Korrespondenten deutscher Medien aus Sicherheitsgründen nicht dorthin reisen durften.[11][12]
Zum Eklat kam es dann, nachdem Lejeune in seinem Blog einen später mehrfach geänderten Beitrag über die Hinrichtung von angeblichen Kollaborateuren veröffentlicht hatte: In einem an den Orten der Hinrichtungen verteilten Brief heiße es, die 18 Beschuldigten seien ohne die Ausübung von Zwang oder Gewalt befragt worden und hätten Geständnisse abgelegt.
„Von den 18 hatten sehr viele Kollaborateure allerdings schon vor Ausbruch der Operation Protective Edge ihr Todesurteil erhalten, verhängt durch ordentliche palästinensische Gerichte. Alles ganz legal. […] am Freitag ist sie halt vollstreckt worden. […] Die betroffenen Familien wurden diskret informiert und die Kinder der 18 werden wie die Kinder von Märtyrern behandelt, also finanziell und sozial versorgt. Das alles ist sehr sozial abgelaufen.“[13][14]
Lejeune wurde daraufhin vielfach als „Hamas-Pressesprecher“ bezeichnet. Im Medienmagazin Meedia schrieb Stefan Winterbauer, Lejeune mache sich „auf unerträgliche Weise die Sicht der Hamas zu eigen“.[9] Der taz-Journalist Pascal Beucker schrieb: „Es gibt Journalisten, die als Kriegsberichterstatter arbeiten. Und es gibt schreibende Kombattanten.“ In Cicero schrieb Petra Sorge, der freie Journalist skizziere protokollartig, fast im Bürokratendeutsch, die terroristische Tötungsmaschinerie. Er hinterfrage nicht, ob die Gerichte überhaupt legitimiert seien.[12]
Ende Mai 2016 begleitete Lejeune, nach eigenem Bekunden als Journalist, einen Hilfskonvoi des salafistischen Vereins Ansaar International bis an die syrische Grenze. In seinen ausschließlich in sozialen Netzwerken veröffentlichten Beiträgen verteidigte er die Arbeit des Vereins, der 2021 wegen Terrorfinanzierung verboten wurde. Als er im November 2016 eine Pressekonferenz von Ansaar International[15] in einem Düsseldorfer Hotel moderieren wollte, wurde ihm Hausverbot erteilt, nachdem er zuvor in einem Video Zweifel am Holocaust geäußert und erklärt hatte, er könne nur den palästinensischen Betroffenen der Waldbrände in Israel 2016 Rettung wünschen, nicht aber den Juden. Die Brände seien die „Strafe Gottes für das Verbot des Gebetsrufes“.[16] Später entschuldigte er sich öffentlich; er habe keine Zweifel an der grausamen Vernichtung von Millionen Juden durch die Deutschen.[17]
Im April 2018 beendete die der türkischen Regierungspartei AKP nahestehende Zeitung Sabah die Zusammenarbeit mit Lejeune, nachdem er in einer Twitter-Nachricht behauptet hatte, Staatspräsident Erdoğan werde nach der Neuwahl des Präsidenten im Juni die säkulare Republik beenden und das Kalifat einführen.[18]
Seit dem Gaza-Konflikt 2014 tritt Martin Lejeune für pro-palästinensische Anliegen ein; seit dem Putschversuch in der Türkei 2016 unterstützt und verteidigt Lejeune die Politik des türkischen Staatspräsidenten Erdoğan und seiner Partei AKP. Dabei sorgt er häufig mit kontroversen Aussagen und Aktionen für Aufsehen.
Lejeune war 2015 Redner auf den Al-Quds-Tags-Kundgebungen in London und in Berlin; auch 2016 sprach er in Berlin. Dabei bezeichnete er das israelische Vorgehen im Gazastreifen als Völkermord. 2016 verteilte er unter den Teilnehmern in Berlin einen Fragebogen, in dem unter anderem nach der Haltung zur Israel-Politik der Bundesregierung, zum Alkohol-Konsum im öffentlichen Raum und zur Beteiligung von weltlichen Gerichten in Familienangelegenheiten gefragt wurde.[19]
Während der Gegendemonstration gegen die Al-Quds-Tags-Kundgebung 2016 wurde er von Polizisten abgeführt, nachdem er minutenlang versucht hatte, Innensenator Frank Henkel gegen dessen Willen in ein Gespräch zu verwickeln.[20]
Für den 8. Juli 2016 hatte Lejeune eine Kundgebung in der Nähe des Holocaust-Mahnmals in Berlin angekündigt. Dabei wollte er die Namen von „2200 getöteten Palästinensern“ des Gaza-Konflikts 2014 verlesen. Nach öffentlicher Kritik[21] wurde die Veranstaltung im Namen des Berliner Polizeipräsidenten am geplanten Ort verboten und Lejeune stattdessen die Straßenkreuzung Wilhelmstraße/Behrenstraße vor der britischen Botschaft zugeteilt.
Als Redner auf einer Großkundgebung in Köln lobte er die Türken Ende Juli 2016 als „Retter der Demokratie in Europa“ und beschuldigte die deutschen Medien der Hetze gegen die Türkei und gegen den Islam.[22]
Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2016 trat er für das Erdoğan-nahe Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) im Wahlkreis Neukölln 3 an. Er erreichte mit 73 Stimmen 0,4 Prozent und damit 3,0 Prozentpunkte weniger als der BIG-Bewerber bei der vorangegangenen Wahl.[23]
Beim Berliner Halbmarathon im April 2017 versuchte er Teilnehmer in Gespräche zu verwickeln, die während des Laufs Solidaritäts-T-Shirts für den damals in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel trugen. Lejeune trug dabei ein T-Shirt, aus dem er den Solidaritätsaufruf für Yücel herausgeschnitten hatte, und hielt den Angesprochenen ein Erdoğan-Poster entgegen. Auf einem später in sozialen Netzwerken veröffentlichten Video ist zunächst zu sehen, wie Lejeune mit zerbrochener Brille und einer leichten Verletzung im Nasenbereich die Laufstrecke verlässt und dann Polizeibeamten laut rufend „Nazi“- bzw. „Stasi-Methoden“ unterstellt.[24]
Vor allem bei Twitter sorgt Lejeune wiederholt mit kontroversen Äußerungen für Aufsehen. So behauptete er nach Unwetterschäden in der Türkei im Juli 2017 auf Twitter, „die Mächte [mißbräuchten] die #Türkei als Experimentier-Labor für ihre kranken Wetter-Manipulationen, um dem türkischen Volk Schaden zu zufügen.“[25] Den Tod der im Oktober 2017 durch einen umgestürzten Baum ums Leben gekommenen Journalistin Sylke Tempel, die für ihre Türkei-Analysen bekannt wurde, bezeichnete er als „gerechte Strafe Gottes“; „die Gebete der Muslime“ seien erhört worden.[24]
2020 trat er neben Ken Jebsen und Billy Six bei einer vorgeblichen „Hygienedemo“ in Berlin gegen die Schutzmaßnahmen zur COVID-19-Pandemie in Deutschland auf.[26] Im Oktober 2021 distanzierte er sich von der Führung der „Querdenker“-Bewegung und kritisierte sie scharf.[27]
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