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Kristallzwilling ist ein Begriff aus der Kristallographie und beschreibt mindestens zwei oder mehr miteinander gesetzmäßig verwachsene Kristalle mit der gleichen chemischen Zusammensetzung und Kristallstruktur.
Durch Zwillings- oder Mehrlingsbildung weisen Kristallzwillinge oder -mehrlinge zusätzliche Symmetrie-Elemente auf, die in der Raumgruppe von unverzwillingten Einkristallen nicht auftreten und damit zu einer Erhöhung der Symmetrie führen. Bei den zusätzlichen Symmetrie-Elementen kann es sich um eine Spiegelebene (Zwillingsebene) oder eine Drehachse (Zwillingsachse oder Drillingsachse) handeln. Bei azentrischen Kristallen kann auch ein Inversionszentrum durch Punktspiegelung entstehen. In seiner Lage zu den beiden Kristallindividuen gehorcht das zusätzliche Symmetrie-Element dem Rationalitätsgesetz.
Sind mehr als zwei Individuen an der Zwillingsbildung beteiligt, spricht man auch von Drillingen, Vierlingen oder Viellingen und bei sich wiederholender Zwillingsbildung entstehen Wiederholungsviellinge bzw. polysynthetische Zwillinge.
Während unverzwillingte Kristalle stets konvexe Polyeder bilden, können Kristallzwillinge, mit Ausnahme der Inversionszwillinge, oft leicht an den einspringenden Winkeln erkannt werden.
Nach der Art der Verwachsung lassen sich drei mögliche Zwillingsbildungen unterscheiden:
Kristallzwillinge, die eine höhere Symmetrie vortäuschen, als sie der Kristallstruktur des einzelnen Kristalls entspricht, bezeichnet man auch als Ergänzungszwillinge oder Mimetische Zwillinge. Vertreter dieser Art sind überwiegend unter den Berührungszwillingen und Rotationsmehrlingen zu finden.
Je nach Art der Bildungsbedingungen lassen sich ebenfalls verschiedene Kristallzwillinge unterscheiden:
Für die Analyse von Kristallzwillingen ist das Konzept der Punktgruppen sehr hilfreich. Bei der Beschreibung der jeweiligen Zwillingsgesetze werden die Symmetrie-Elemente durch Millersche Indizes ausgedrückt.
Nach den Regeln von François Ernest Mallard täuscht die Zwillingssymmetrie eine höhere Symmetrie vor, als es der tatsächlichen Kristallstruktur entspricht, weshalb man auch vom Zwillingsgitter im Gegensatz zum tatsächlichen Kristallgitter spricht. Das tatsächliche Kristallgitter findet man durch Weglassen von Symmetrieelementen des Zwillingsgitters. Das Kristallgitter ist also eine Untergruppe der Punktgruppe des Zwillingsgitters.
Gehören Zwillingsgitter und Kristallgitter zur selben Lauegruppe, so spricht man von einem meroedrischen Kristallzwilling. In allen anderen Fällen handelt es sich um nichtmeroedrische Kristallzwillinge. Im triklinen, monoklinen und orthorhombischen Kristallsystem sind meroedrische Kristallzwillinge immer Inversionszwillinge.
Klassifiziert werden Kristallzwillinge meist nach den von Georges Friedel 1926 eingeführten Regeln, die die Zwillinge anhand der beiden Kriterien Meroedrie und Schiefe vier verschiedenen Gruppen zuordnet:
Überlappung der Gitter der Zwillingskristalle |
exakt | ungefähr |
---|---|---|
komplett | Meroedrie | Pseudomeroedrie (Mallard-Gesetz) |
teilweise | reticulare Meroedrie | reticulare Pseudomeroedrie |
Zwillingsgesetze, das heißt die Gesetzmäßigkeiten, nach denen zwei Individuen zueinander orientiert sein können, sind sehr vielfältig und werden meist durch besondere Namen gekennzeichnet. Benannt werden die Zwillingsgesetze überwiegend nach der Mineralart, für die dieses Zwillingsgesetz charakteristisch ist, oder nach dem Ort, an dem erstmals ein entsprechender Kristallzwilling aufgefunden wurde:
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