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wirtschaftspolitische Maßnahmen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter Konjunkturpolitik im weiteren Sinne versteht man wirtschaftspolitische Maßnahmen, die ein angemessenes Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, einen hohen Beschäftigungsstand und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht erreichen und sichern sollen (Magisches Viereck).[1]
Demgegenüber versteht man unter Konjunkturpolitik im engeren Sinne wirtschaftspolitische Maßnahmen, die darauf zielen, Konjunkturschwankungen in Grenzen zu halten und ein möglichst gleichmäßiges Wirtschaftswachstum zu erreichen.[2]
Mögliche Instrumente der Konjunkturpolitik sind dabei die Fiskalpolitik, die Geldpolitik und die Einkommenspolitik.[3]
Arithmetische Zusammenhänge zwischen Defiziten (Ausgabenüberschüsse) und (Einnahme-)Überschüssen unter den Sektoren werden durch die Sektoralen Salden ersichtlich und innerhalb der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt.
Probleme wie z. B. hohe Arbeitslosigkeit können aus unterschiedlichen Gründen auftreten. Man unterscheidet daher zwischen Fehlentwicklungen, die einerseits durch Wirtschaftsschwankungen und andererseits durch strukturelle Probleme hervorgerufen werden (z. B. strukturelle Arbeitslosigkeit, machtbedingte (Lohnkosten-)Inflation).
Die Zielsetzung der Konjunkturpolitik im engeren Sinne besteht darin, starke Konjunkturausschläge und konjunkturelle Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden. Hierzu wird versucht, Abweichungen des Auslastungsgrades vom Normalauslastungsgrad (Rezessionen einerseits, konjunkturelle Überhitzung andererseits) gering zu halten.[1] Es wird also versucht durch einen rechtzeitigen Einsatz konjunkturpolitischer Mittel eine Überforderung des Produktionspotentials (die Gefahr eines starken Preisanstiegs und struktureller Fehlentwicklungen durch überzogene Wachstumsrate) sowie eine Unterauslastung des Produktionspotentials (die Gefahr eines Beschäftigungsrückganges und sich weiter verschlechternder Situation aufgrund pessimistischer Perspektiven) zu vermeiden.
Die Ziele der Konjunkturpolitik im weiteren Sinne bestehen darin, ein angemessenes Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, einen hohen Beschäftigungsstand und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht zu erreichen und zu sichern (Magisches Viereck).[1] Diese Ziele sind in Deutschland im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (§ 1 StabG von 1967) geregelt. Dabei kann es durchaus zu Zielkonflikten kommen, wenn z. B. der Staat mit aller Macht versucht, die Beschäftigungszahlen zu erhöhen, denn dies würde sich wiederum negativ auf die Geldwertstabilität auswirken.
Bevor die Politik Handlungsmaßnahmen entwickeln kann, müssen die Ursachen für die Entstehung von Konjunkturzyklen definiert werden.[5]
Die Konjunkturtheorie untersucht und beschreibt die Ursachen und Auswirkungen der Konjunktur und des Konjunkturzyklus. Im Jahre 1937 wurde von Gottfried von Haberler, im Auftrag des damaligen Völkerbundes, eine Systematik sowie ein Überblick über die ersten Konjunkturtheorien erstellt. Gottfried von Haberler gilt als Pionier der Konjunkturtheorien. Seit seiner Aufstellung der oben genannten Theorien haben Vertreter dieser Theorien unterschiedliche Ursachen für Konjunkturzyklen in Betracht gezogen und weitere Theorien aufgestellt.[6] Die Konjunkturtheorien lassen sich wie folgt grob unterteilen:
Jede Rezession ist mit einem Rückgang der Nachfrage verbunden. Bei einem flexiblen Arbeitsmarkt gehen damit auch Senkungen des Reallohns einher.
Es besteht daher die große Gefahr, dass die stagnierende Volkswirtschaft in eine Deflationsspirale gerät.[7] Paradebeispiel für dieses wirtschaftspolitische Dilemma einer stagnierenden Volkswirtschaft ist die japanische Krise Anfang der 1990er Jahre.
Die Konjunkturpolitik lässt sich nach ihrer Wirkung folgendermaßen einteilen:
Mittels der Fiskalpolitik können im Fall einer Rezession die öffentlichen Ausgaben (z. B. öffentliche Investitionen) erhöht und/oder die öffentlichen Einnahmen (z. B. Steuern) gesenkt werden, um damit die Kaufkraft im privaten Sektor zu stärken. Infolgedessen wird ein negatives Budgetsaldo der öffentlichen Haushalte bewirkt, um die Gesamtnachfrage anzukurbeln (deficit spending) und in einer Konjunkturschwankung einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften, um einer Überbeanspruchung des Produktionspotenzials entgegenzuwirken. Diese antizyklische Entwicklung des Budgetsaldos ergibt sich aufgrund der Ausgestaltung des deutschen Steuersystems, weil das Steueraufkommen in den Rezessionsphasen zurückgeht, während sich die meisten Staatsausgaben (z. B. Arbeitslosengeld) in der Rezession erhöhen. Somit hat der öffentliche Haushalt eine automatisch stabilisierende Wirkung auf die Konjunktur (automatische Stabilisierung). Voraussetzung für eine stabilisierende Wirkung des öffentlichen Budgets ist, dass in den Aufschwungphasen genügend Steuermittel stillgelegt wurden, damit diese in der Rezession für zusätzliche Ausgaben verwendet werden können. Der Staat betreibt dann Fiskalpolitik, wenn er fiskalpolitische Instrumente im Rahmen der Konjunkturpolitik einsetzt.[8]
Ein konjunkturelles Defizit entsteht bei öffentlichen Haushalten auch ohne aktive Fiskalpolitik bereits durch die konjunkturellen Auswirkungen auf die Steuereinnahmen und das Sozialsystem. Zum einen durch konjunkturbedingte Steuerausfälle, da die Menschen aus Unsicherheit vor einer etwaigen schlechten wirtschaftlichen Zukunft weniger konsumieren. Aber auch durch Mehrausgaben von staatlichen Einrichtungen, wie die Agentur für Arbeit in Form von Arbeitslosengeld 1 bzw. Arbeitslosengeld 2, da in der Abschwung- bzw. Rezessionsphase die Arbeitslosenzahl steigt.
Der Staat setzt folgende Instrumente zur Steuerung der Konjunkturpolitik ein:
Je nachdem, welche wirtschaftspolitischen Ziele verfolgt werden, können Instrumente unterschiedlich eingesetzt werden.[9]
Nach der Wirkungsweise lassen sich fiskalpolitische Maßnahmen wie folgt einteilen:
Der Begriff „Konjunkturimpuls“, auch „fiskalischer Impuls“ genannt, bezieht sich auf die erhöhten Staatsausgaben, die gezielt zur Bekämpfung des konjunkturellen Abschwungs beschlossen werden.[10] Im Hintergrund steht die Überlegung, dass die staatlichen Ausgaben den Nachfrage-Ausfall am Markt kurzfristig ersetzen sollen. Die Produktionslücke (die Differenz zwischen dem Sozialprodukt, das mit dem vorhandenen Potenzial produziert werden könnte, und dem, was tatsächlich aufgrund der zurückbleibenden Nachfrage produziert wird) soll möglichst geschlossen werden.
Die Wirtschaftshistorikerin und Regierungsberaterin Christina D. Romer zieht aus der Weltwirtschaftskrise von 1929 und einer Evaluation der damaligen Wirtschaftspolitik des New Deal folgende konjunkturpolitische Lehren: Der Stimulus muss gesamtwirtschaftlich ins Gewicht fallen und darf nicht vorschnell ausgesetzt werden. Die Bundesstaaten und die Kommunen dürfen nicht rigider Budgetregeln wegen zu prozyklischen Ausgabekürzungen gezwungen werden. Die Geldpolitik kann auch bei einem extrem niedrigen Zinsniveau unterstützend wirken, indem sie der Bildung deflationärer Erwartungen entgegenwirkt.[11]
Diese kann mit ihren Instrumenten die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht unmittelbar beeinflussen. Folglich kann die Geldpolitik aber über Zinssatz- und Geldmengenänderung indirekt auf die Ausgabendispositionen der privaten Haushalte und Unternehmen Einfluss nehmen. Hierbei ist die Stärke des Zusammenhangs zwischen monetärem und realem Bereich einer Wirtschaft ausschlaggebend für die Wirksamkeit einer konjunkturpolitisch orientierten Geldpolitik. Dabei betont die keynesianische Erklärung die Liquiditätskomponente geldpolitischer Maßnahmen. Demnach führt eine Erhöhung der Bankenliquidität zur Senkung der Zinssätze und auch der Kreditkosten und beeinflusst dadurch die realen Investitionen.
Die monetäre Erklärung betont hingegen die Vermögenskomponenten. D. h. Geldmengenerhöhungen setzen eine lange Kette von Substitutionsvorgängen frei. Folglich steigt zunächst die Nachfrage nach Wertpapieren und an Finanzaktiva, während deren Rendite sinkt und es am Ende der Kette zu steigender Geldnachfrage kommt. Zu beachten ist, dass reale Effekte der Geldpolitik nur vorübergehend sind und langfristig gesehen nur das Preisniveau steigt.[8]
Siehe auch Kreditplafondierung, als rigide konjunkturdämpfende Maßnahme bei Überhitzungs-Tendenz.
Neoklassisch-monetaristischer Ansatz
Hier gilt der Grundsatz, dass eine anhaltende Arbeitslosigkeit immer und überall auf ein zu hohes Reallohnniveau zurückzuführen ist. Dies bedeutet, dass es bei einer Vollbeschäftigung zu Lohnerhöhungen kommt und über die Produktionsentwicklung hinweg zur Steigerung der Kosten und damit zur Inflation führt. Deshalb werden je nach Lage kostenniveauneutrale Lohnregeln (kostenniveauneutrale Lohnpolitik) bzw. vollbeschäftigungskonforme Richtlinien (vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik) empfohlen, wodurch die Einkommenspolitik zum Instrument der Konjunkturpolitik wird. Da der Marktmechanismus auch das Ziel der verteilenden Gerechtigkeit erfüllt, werden deshalb aktive Umverteilungsbemühungen abgelehnt, weil die Lohnregeln und -empfehlungen sowieso nur die stattfindende marktmäßige Entwicklung vorwegnehmen und beschleunigen. Dabei geht es nicht um die Lösung des Verteilungskonflikts, sondern darum, die Gegenseite (Arbeitnehmer, Gewerkschaften) davon zu überzeugen, dass sie ihre autonomen Verteilungspläne aufgeben.[8]
Ansätze keynesianischer Prägung
Auch hier wird laut keynesianischer und postkeynesianischer Annahme zugrunde gelegt, dass die traditionelle Konjunkturpolitik mit den Zielen Preisstabilität und Vollbeschäftigung teilweise aufgrund des Verteilungskonflikts zwischen den Gruppen versagt. Laut der Ansicht dieser Konjunkturmodelle dient Einkommens- bzw. Lohnpolitik nicht nur zur konjunkturpolitischen Absicherung, sondern hat auch einen Umverteilungscharakter, solange ungerechtfertigte Ungleichheiten vorliegen.[8]
Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik basierend auf dem von Keynes begründeten Keynesianismus und antizyklischer Finanzpolitik. Nach dem Keynesianismus ist bei pessimistischen Konjunkturerwartungen ein Marktgleichgewicht auch bei Unterbeschäftigung möglich und zum anderen führt eine Nachfrageschwäche bzw. ein Nachfragerückgang zu niedrigen Absatzerwartungen der Unternehmen, was wiederum die Investitionen verhindert (beeinflusst).
Bei der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik kommt dem Staat die Aufgabe zu, in konjunkturellen Rezessionen die Wirtschaft durch „Konjunkturimpulse“ anzukurbeln, ggf. auch durch staatliche Schuldenaufnahme (Deficit spending). Hierzu können Steuern gesenkt, zeitlich begrenzte Investitionsanreize für Unternehmen gesetzt und/oder staatliche Investitionen in Infrastrukturprojekte getätigt werden. Nicht alle Arten von Ausgaben sind rasch oder in gleicher Höhe nachfragewirksam. So werden bei einer Senkung der Einkommensteuer oder der Unternehmenssteuern nicht sofort diese betreffenden Geldbeträge in derselben Höhe für wachstumsfördernden Konsum oder Investitionen ausgegeben, sondern werden angespart oder zur Schuldentilgung eingesetzt.[12] Schneller und zu einem größeren Teil nachfragewirksam (Multiplikatorwirkung) sind Erhöhungen des verfügbaren Einkommens der einkommensschwachen Privathaushalte sowie schnell umsetzbare Infrastrukturinvestitionen.[13] Ergänzt wird eine nachfrageorientierte Konjunkturpolitik durch eine antizyklische Geldpolitik. In einer Krise soll eine Niedrigzinspolitik (Politik des billigen Geldes) Investitionen und die Finanzierung staatlicher Budgetdefizite erleichtern.[14]
Dem Einwand einer drohenden Staatsverschuldung wird entgegengewirkt, indem darauf hingewiesen wird, dass die durch die Schuldenaufnahme finanzierten Investitionen in die Infrastruktur als Basis für den wachsenden Wohlstand einer Volkswirtschaft ebenfalls von Bedeutung sind. Wenn man die Schuldenaufnahme auf die Größe des Bruttosozialprodukts bezieht, so wird durch die staatlichen Maßnahmen gleichzeitig die Größe des Nenners dieser Bruchzahl verändert. „Kreditfinanzierung heißt nicht, dass sich der Saldo aus Staatsausgaben und -einnahmen in gleicher Höhe verschlechtert.“
Aus neoklassischer Sicht genannte Kritikpunkte an nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik / keynesianischer Konjunkturpolitik sind:[15]
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat am 22. Januar 2009 in einem Papier die von 1967 bis 1982 in Deutschland betriebene Globalsteuerung, also den Versuch einer Feinsteuerung der wirtschaftlichen Entwicklung auf ein reales Wirtschaftswachstum von 4 %, einer Arbeitslosenquote von unter 0,8 % und einer Inflationsrate von unter 1 %[16] für insgesamt gescheitert erklärt.[16]
Ein Arbeitspapier von Daniel Leigh und Sven Jari Stehn kommt zum Ergebnis, dass die Geldpolitik in der Regel im Sinne einer erfolgreichen Konjunkturpolitik antizyklisch eingesetzt werden konnte, während das Bild für die Fiskalpolitik gemischt ausfällt. Während die Wirkung von fiskalischen Konjunkturprogrammen in kontinentaleuropäischen Ländern und Japan zumeist erst verspätet eintrat und folglich prozyklisch wirkte, trat die Wirkung der Fiskalpolitik in angelsächsischen Ländern rechtzeitig ein, so dass diese hier antizyklisch wirkte.[17]
Die monetaristisch-neoklassisch orientierte Angebotspolitik geht von der Stabilität des privaten Sektors aus. Abgesehen von exogenen Schocks beruhen Konjunkturschwankungen demnach im Wesentlichen auf Unvollkommenheiten des Marktes. Zur Vermeidung von Konjunkturschwankungen gelte es also, die Marktunvollkommenheiten zu beseitigen.[18] Aktive Konjunkturpolitik (diskretionäre Geldpolitik und Fiskalpolitik) wird grundsätzlich für schädlich gehalten. Der Monetarismus fordert eine regelgebundene Geldpolitik. Durch Anpassung der Geldmenge am Produktionspotenzial sollen gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte vermieden werden.[19]
Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik basiert auf der Sayschen Theorie, nach der jedes Angebot sich selbst eine Nachfrage schafft. Durch Stärkung der Leistungsanreize und Abbau von Leistungshemmnissen soll das Investitions- und Produktionsklima auf lange Sicht verbessert werden. Stetige Beseitigung von Angebotshemmnissen (Verstetigungspolitik).
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik hat ihre Aufgabe darin, Hemmnisse für die privatwirtschaftlichen Aktivitäten, besonders bei Investitionen, abzubauen, um so zu einer „Revitalisierung“ der Wirtschaft zu gelangen.
Der konjunkturneutrale Haushalt ist ein Budgetkonzept des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erstmals hat der Sachverständigenrat 1967/68 den konjunkturneutralen Haushalt in seinen Jahresgutachten entwickelt und angewandt. Das Haushaltsvolumen ist in diesem Konzept konjunkturneutral, wenn es unmittelbar keine Abweichung der Auslastung des Produktionspotenzials von dem bewirkt, was mittelfristig als normal angesehen wird. Die Regeln des konjunkturneutralen Haushaltes sind:
Mit dem Konzept des konjunkturgerechten Haushalts wird auf den konjunkturellen Impuls von öffentlichen Haushalten abgezielt. Die aufgrund des konjunkturneutralen Haushaltes ermittelten tatsächlichen expansiven oder kontraktiven Impulse werden mit denjenigen verglichen, die notwendig gewesen wären, wenn bei einer gegebenen Abweichung vom Gleichgewichtspfad der Haushaltspolitik ein Nachfragedefizit oder ein Nachfrageüberschuss ausgeglichen werden sollte. Es werden hier die quantitativen Effekte der jeweiligen Haushaltspläne aufgezeigt.
Kritisiert wird unter anderem:[15]
Im Zuge der Finanzkrise ab 2007 und der daraus resultierenden Probleme beschlossene Konjunkturprogramme:
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