Linearisierter Verzerrungstensor
Der linearisierte Verzerrungstensor entsteht aus Ableitungen des Verschiebungsfeldes. Die Verschiebung eines Partikels ist sein zurückgelegter Weg, mathematisch der Differenzvektor zwischen seiner aktuellen Position und seiner Position in der Ausgangskonfiguration:
- .
Häufig kann, vor allem in technischen Anwendungen, angenommen werden, dass erstens diese Verschiebung im Vergleich zu Abmessungen des Körpers klein ist und zweitens auch die Ableitungen der Verschiebungen nach dem Ort klein gegen eins sind. Dann brauchen die materiellen Koordinaten und die räumlichen nicht mehr auseinandergehalten zu werden und die Verzerrungen des Körpers werden mit dem linearisierten Verzerrungstensor gemessen, der die Darstellung
besitzt. Darin ist „grad“ der Gradienten- und 𝜵 der Nabla-Operator, das hochgestellte Zeichen ⊤ steht für die Transposition, das Rechenzeichen „⊗“ bildet das dyadische Produkt und in den letzten beiden Gleichungen wurde die Einsteinsche Summenkonvention angewendet. Hier wie im Folgenden ist über in einem Produkt doppelt vorkommende Indizes, oben i und j, von eins bis drei zu summieren. Des Weiteren ist ein Index nach einem Komma eine abkürzende Schreibweise für die Ableitung nach der genannten Koordinate:
- .
Berechnung der Rotation des Verzerrungstensors liefert:
Der obere rechte Term verschwindet, weil Komponenten mit vertauschten Indizes i und k gleich groß aber umgekehrtes Vorzeichen haben, so dass sie sich in der Summe aufheben, oder bei i = k verschwinden, was in der letzten Gleichung auch für die Indizes j und l in analoger Weise zutrifft. Die aus dem Verschiebungsfeld abgeleiteten Verzerrungen erfüllen also[F 1]
ϵijk = (êi × êj) · êk ist das Permutationssymbol. Die Gleichungen sind die Kompatibilitätsbedingungen der Verzerrungen, denn werden diese Gleichungen von einem Verzerrungsfeld eingehalten, dann gibt es ein Verschiebungsfeld, das die gegebenen Verzerrungen hervorruft[L 1].
Weitere Informationen Der Schluss von der Kompatibilitätsbedingung ...
Beweis 1 |
Der Schluss von der Kompatibilitätsbedingung auf die Existenz des Verschiebungsfeldes gelingt mit dem Tensorfeld , das spurfrei ist:
- ,
denn Terme mit vertauschten Indizes i und j sind gleich groß, haben aber entgegengesetztes Vorzeichen, so dass sie sich in der Summe aufheben, oder verschwinden bei i = j, siehe Spatprodukt. Nach dem Poincaré-Lemma in der Ausprägung
existiert ein schiefsymmetrisches Tensorfeld W, dessen Rotation 𝜵 × ε ist:
- .
Gemäß dem Poincaré-Lemma in der Ausprägung
gibt es nun ein Vektorfeld , für das gilt:
und dessen symmetrischer Anteil der Verzerrungstensor ist:
- .
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In ebenen Problemen, wie bei der Airy’schen Spannungsfunktion, wo nur zwei Koordinaten involviert sind, reduzieren sich diese Kompatibilitätsbedingungen weiter auf nur eine von den drei ersten skalaren Gleichungen.
Die Kompatibilitätsbedingung kann auch ohne die Rotation geschrieben werden:
Der Operator „Sp“ gibt die Spur eines Tensors und „sym“ liefert den symmetrischen Anteil .
Weitere Informationen , ...
Beweis 2 |
Für die Herleitung wird das wie folgt definierte äußere Tensorprodukt „#“ benutzt:
Der Tensor 1 ist der Einheitstensor. Damit berechnet sich:
Der Operator „Δ“ ist der Laplace-Operator. Die Spur von berechnet sich zu
mit der Konsequenz
- .
Deshalb verschwindet genau dann, wenn auch verschwindet: Denn wenn ist, dann ist auch s = 0 und es folgt . Umgekehrt folgt auch aus , dass s = 0 ist und dementsprechend gilt. Also kann die Kompatibilität der Verzerrungen mit einem Verschiebungsfeld auch mit
sichergestellt werden. |
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Spannungen
Beim Lösungsansatz für die Bewegungsgleichungen über Spannungsfunktionen, sind die Spannungen die primären Unbekannten. Sind diese für gegebene Randbedingungen gefunden, dann gilt es aus ihnen das Bewegungsfeld zu rekonstruieren. Das gelingt bei linearer, isotroper Elastizität, wenn die Spannungen σ in einem Schwerefeld wie es die Schwerkraft eines ist die folgenden für sie formulierten Kompatibilitätsbedingungen erfüllen:
oder in Abwesenheit einer Schwerkraft:
Das Symbol ist das Kronecker-Delta und ist die Querkontraktionszahl.
Weitere Informationen , kompatibel ist. In der Statik ist die Divergenz der Spannungen im Gleichgewicht mit der spezifischen Schwerkraft ...
Beweis 3 |
Die Herleitung basiert auf Beweis 2, der zeigte, dass wenn
verschwindet, das Verzerrungsfeld ε kompatibel ist. In der Statik ist die Divergenz der Spannungen im Gleichgewicht mit der spezifischen Schwerkraft :
Mit der Abkürzung
folgt wegen 𝜵·𝜵f = Δf, 𝜵·(f 1) = 𝜵f und Sp(𝜵⊗f) = 𝜵·f:
Bei linearer, isotroper Elastizität ist die Spannungs-Dehnungs-Beziehung linear:
- .
Der Materialparameter G ist der Schubmodul. Jetzt kann die Kompatibilitätsbedingung mit den Spannungen ausgedrückt werden:
- .
Anwendung der Spur auf diese Gleichung ergibt
und führt schließlich auf die im Text aufgeführten Kompatibilitätsbedingungen. |
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Diese Kompatibilitätsbedingungen werden als Beltrami-Michell Gleichungen bezeichnet.[F 2]
Es existieren auch Kompatibilitätsbedingungen bei kubisch anisotroper (Albrecht 1951) und transversal isotroper (von Moisil 1952) linearer Elastizität[L 2].
Die Komponenten des Deformationsgradienten werden aus den Ableitungen der Bewegungskomponenten nach den materiellen Koordinaten berechnet:
- .
Nun liegen also Komponenten des Deformationsgradienten vor, die aus den drei Bewegungsfunktionen abgeleitet wurden.
Sollen umgekehrt aus neun Komponenten des Deformationsgradienten die drei Bewegungsfunktionen bezogen werden können, müssen die Komponenten des Deformationsgradienten die folgenden, für sie formulieren Kompatibilitätsbedingungen einhalten:
wo ϵijk = (êi × êj) · êk ist das Permutationssymbol ist, oder[L 3]
Falls das zutrifft, stellt das Poincaré-Lemma in der Form
sicher, dass es ein Vektorfeld gibt, dessen Gradient das Tensorfeld ist.
Strecktensor
Der Deformationsgradient kann wegen
mit den Tangentenvektoren
dargestellt werden. Die Komponenten des rechten Cauchy-Green Tensors berechnen sich wegen
aus den Skalarprodukten dieser Tangentenvektoren:
- .
Mit den Christoffelsymbolen der ersten Art
kann gezeigt werden, dass bei gegebenen Komponenten des rechten Cauchy-Green Tensors die Bewegung genau dann rekonstruierbar ist, wenn
gilt. Die Komponenten gehören zum Inversen des rechten Cauchy-Green Tensors
und sind die Komponenten des Riemann-Christoffel Krümmungstensors. Von den obigen Gleichungen für die 81 Komponenten des Riemann-Christoffel Tensors sind nur sechs unabhängig[L 4]. Wegen des linearen Zusammenhangs
zwischen dem rechten Cauchy-Green Tensor und dem Green-Lagrange’schen Verzerrungstensor können daraus auch Kompatibilitätsbedingungen für die Komponenten
des Green-Lagrange’schen Verzerrungstensors abgeleitet werden, die aber weitaus schwieriger zu lösen sind als im geometrisch linearen Fall, wo in den linearisierten Verzerrungstensor ε übergeht, siehe oben und folgendes Beispiel.