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Kommunikative Bibelübersetzung
Bibelübersetzung mit dem Ziel höchstmöglicher Verständlichkeit Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Mit dem Begriff kommunikative Bibelübersetzung bezeichnet man einen Typ von Bibelübersetzung, der die Kommunikationswirksamkeit zur ersten Norm nimmt, also das Verständnis des Rezipienten[1] bzw. die „Wirkungstreue“.[2] Man spricht auch von „dynamischer“,[3] „funktionaler“ und „kommunikativer“ Äquivalenz, womit eine Gleichwertigkeit von Ziel- und Ausgangstext hinsichtlich gleicher „kommunikativer Werte“ (gleichwertige kommunikative Wirkung bzw. Funktion), nicht notwendig auch gleicher Bedeutung (Sinntreue) gemeint ist.[4] Ausdrücke, die in der Zielsprache uneindeutig gebraucht werden, werden bei diesem Übersetzungstyp vermieden. Das verunmöglicht oft Formulierungen, die der Satzstruktur oder der Semantik der Einzelworte des Ausgangstextes parallel bleiben („formale Äquivalenz“). Derartige „wörtlichere“ Bedeutungen werden hin und wieder ergänzend beigegeben. Bei der zunehmenden Säkularisierungstendenz unserer Gesellschaft werden die Bibel und ihr Inhalt von immer weniger Menschen verstanden. Ziel einer kommunikativen Bibelübersetzung ist es, hier Abhilfe zu schaffen und die Texte so zu vermitteln, dass sie direkt verstanden werden.[5] Beispiele für kommunikative Übersetzungen des Alten und Neuen Testaments stammen z. B. von dem US-amerikanischen Theologen und Linguisten Eugene Nida.[6]
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Vor- und Nachteile
Zusammenfassung
Kontext
Vertreter einer kommunikativen Übersetzung betonen z. B. Unterschiede in der Kultur, in welcher der Ausgangstext entstand, und jener, für welche der Zieltext anzufertigen ist. Beispielsweise haben sich mit einem Wandel der Lebensumstände auch die eingeprägten Assoziationen zu bestimmten Motiven oder die Wertvorstellungen etwa bezüglich der Familienstrukturen verändert. Speziell Texte, die mit derartigen Bild- und Wertvorstellungen arbeiten, wie etwa Parabeln, sind daher schwer zugleich formal wie funktional äquivalent zu übersetzen. Sofern aber der intendierte Übersetzungszweck das Verständnis des Rezipienten präferiert, müsse ggf. eine vom Ausgangstext abweichende Sprachform gesucht werden, welche in der Zielsprache die Funktion des Ausgangstextes gleichwertig erfüllen kann. Dies führt natürlich auch dazu, dass im Ausgangstext identische Wörter im Zieltext je nach Kontext mit verschiedenen Ausdrücken wiedergegeben werden.
Die Präferenz kommunikativer vor formaler Äquivalenz führt dazu, dass der Übersetzer nach kommunikativ wertgleichen Formulierungen in der Zielsprache selbst suchen muss. Der Eigenanteil an interpretativen Eingriffen in Textstruktur und Semantik ist daher naturgemäß höher, zumal Mehrdeutigkeiten vereindeutigt werden müssen. Einige Kritiker halten kommunikativen Bibelübersetzungen daher „schwerwiegende Umdeutungen“ vor und halten das Übersetzungsprinzip funktionaler Äquivalenz weit eher für reine Gebrauchstexte wie etwa technische Bedienungsanleitungen für tauglich.[7]
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Verwendung
In vielen christlichen Gemeinden, sowohl der evangelischen Landeskirchen, der katholischen Kirche als auch der evangelischen Freikirchen, werden kommunikative Bibelübersetzungen eingesetzt. Im fachwissenschaftlichen Gebrauch sind in der Regel nur formal-äquivalente Übersetzungen akzeptabel.[8]
Beispiele kommunikativer Bibelübersetzungen
Zusammenfassung
Kontext
Beispiele für kommunikative Bibelübersetzungen sind:
Nachfolgende Tabelle bietet einen sprachlichen Vergleich zwischen verschiedenen kommunikativen Übersetzungen mit einer aktuellen Variante der Lutherbibel als Referenz. Verglichen werden dazu jeweils die ersten beiden Verse aus dem Buch Genesis und die ersten drei Verse der Weihnachtsgeschichte aus dem Evangelium nach Lukas.
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Weitere Übersetzungstypen
- Wort-für-Wort-Übersetzung (Interlinearübersetzung)[9] (z. B. Interlinearübersetzung des Neuen Testaments, hrsg. von E. Dietzfelbinger)[10]
- Wörtliche/Philologische Übersetzung[11] (z. B. Menge-Bibel, Zürcher Bibel, Elberfelder Bibel)[12]
Literatur
- Ines-A. Busch-Lauer: Textgattungen in der sprachwissenschaftlichen Übersetzungsforschung, in: Harald Kittel et al. (Hgg.): Übersetzung. Ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung, Bd. 1, de Gruyter, Berlin 2004, S. 607–618.
- Stefan Felber: Kommunikative Bibelübersetzung. Eugene A. Nida und sein Modell der dynamischen Äquivalenz, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2013, 2. Aufl. 2016, 481 S., ISBN 978-3-438-06249-9 (http://www.bibelonline.de/products/Wissenschaftliche-Bibelausgaben/Biblische-Woerterbuecher-Lehrbuecher/Kommunikative-Bibeluebersetzung.html).
- Rudolf Kassühlke: Eine Bibel – viele Übersetzungen, Ein Überblick mit Hilfen zur Beurteilung, Brockhaus, Wuppertal 1998.
- Lynne Long (Hg.): Translation and religion. Holy untranslatable?, Multilingual Matters, Tonawanda, NY u. a. 2005, darin u. a. Peter Kirk: Holy Communicative?, Current approaches to bible translation worldwide, S. 89–102.
- Anthony Howard Nichols: Translating the Bible. A Critical Analysis of E. A. Nida's Theory of Dynamic Equivalence and Its Impact Upon Recent Bible Translation, Sheffield, University of Sheffield, 1996, 336 S. (PhD-Dissertation, einsehbar unter http://www.researchonline.mq.edu.au/vital/access/manager/Repository/mq:7128)
- Katharina Reiß: Was heißt übersetzen?, in: Joachim Gnilka / Hans Peter Rüger (Hgg.): Die Übersetzung der Bibel – Aufgabe der Theologie, Luther-Verlag, Bielefeld 1985, S. 33–47.
- Katharina Reiß / Hans J. Vermeer: Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie, Niemeyer, Tübingen 1984, 2. A. 1991.
- Heidemarie Salevsky: Translationswissenschaft. Ein Kompendium. Bd. 1. Unter Mitarbeit von Ina Müller und Bernd Salevsky. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2002, darin insb. S. 202–255 ein Überblick über die wichtigsten „Theorien und Modelle des Übersetzens“ einschließlich Katharina Reiß, Komissarov, Koller, Snell-Hornby, Nida, Svecjer, Vermeer, Toury.
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Einzelnachweise
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