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russischer Politiker, Kommunist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Grigori Jewsejewitsch Sinowjew (russisch Григо́рий Евсе́евич Зино́вьев, wiss. Transliteration Grigorij Evseevič Zinov'ev; eigentlich: Owsej-Gerschen Aronowitsch Radomyslski-Apfelbaum; * 11. Septemberjul. / 23. September 1883greg. in Nowomirgorod im Gouvernement Cherson; † 25. August 1936 in Moskau) war ein sowjetischer Politiker und marxistischer Theoretiker. Er war von 1921 bis 1926 Mitglied im Politbüro der bolschewistischen Partei sowie von 1919 bis 1926 gleichzeitig Vorsitzender der Kommunistischen Internationale. Ursprünglich ein enger Weggefährte von Josef Stalin, wurde er im Zuge der stalinistischen Säuberungen hingerichtet.
Sinowjew, jüdischer Abstammung, mit ursprünglichem Familiennamen Radomyslski (russisch Радомысльский) – der Name Apfelbaum wird von einigen Quellen generell bestritten –, wurde im ukrainischen Nowomirgorod geboren. Seine Eltern übersiedelten jedoch bereits in seiner frühesten Kindheit nach Jelisawetgrad.
Später heiratete er Sarra Naumowna Rawitsch, die Ehe wurde jedoch wieder geschieden.
Sinowjew war enger Vertrauter Lenins, mit dem er eine lange Zeit zusammen im Exil verbrachte und mit dem er auch vor der Oktoberrevolution aus der Schweiz zurückkehrte.
Im Dezember 1917 wurde er als Nachfolger des zum Volkskommissar ernannten Leo Trotzki zum Vorsitzenden des Petrograder Sowjets gewählt, was er bis 1926 blieb.
Im September 1918 brachte Sinowjew bei einem Treffen von Kommunisten in Petrograd, so der antikommunistische Historiker Robert Conquest, die implizite Bereitschaft zum Massenmord, die in der Einstellung der Bolschewiki gegenüber dem Klassenkampf enthalten gewesen sei, zum Ausdruck, als er erklärte: „Wir müssen 90 der 100 Millionen Russlands für unsere Sache gewinnen, den Übrigen haben wir nichts zu sagen, sie müssen vernichtet werden.“[1][2][3] Diese Worte seitens eines der höchsten Beamten des Landes waren, so Richard Pipes, das Todesurteil für Millionen von Menschen.[4] Zur selben Zeit hat Sinowjew laut Iswestija noch vor der öffentlichen Proklamation des Roten Terrors in Petrograd 512 Geiseln töten lassen.[5][6]
Trotz seines gemeinsam mit Lew Kamenew offen geäußerten Widerspruchs zu einigen Ansichten Lenins bis hin zum vermuteten Verrat von Aufstandsplänen im Rahmen der Oktoberrevolution behielt er dessen Vertrauen und blieb sein engster Mitarbeiter und Sprecher. Als Vorsitzender des Petrograder bzw. Leningrader Sowjets und Chef des Exekutivkomitees der Komintern erlangte er großen Einfluss.
Als letzterer übte Sinowjew auch im Deutschen Oktober in der Weimarer Republik des Jahres 1923 großen Einfluss auf die deutschen Kommunisten aus. Bereits 1920 hatte er Deutschland bereist und für die „deutsche Revolution“ agitiert, dabei auch die SPD scharf angegriffen. Sinowjew selbst verfasste darüber einen Bericht, der, wie auch andere seiner Schriften, auch auf Deutsch erschien.[7]
Nach Lenins Erkrankung und Tod bildete Sinowjew zusammen mit Stalin und Kamenew zunächst das sogenannte Triumvirat, den engsten Machtzirkel der Kommunistischen Partei, um den gemeinsamen innerparteilichen Kontrahenten Leo Trotzki, den militärischen Führer der Revolution und Volkskommissar für die Armee und Flotte, von der Macht fernzuhalten.
Im Rechenschaftsbericht des ZK der KPR (B) von 1923 vermerkte Sinowjew: „Wir sind gezwungen, die Weisungen Lenins durch kollektive Arbeit zu ersetzen.“ Wohlweislich verschwieg er allerdings, dass Lenin bereits Ende 1922 einen Brief an den Parteitag verfasst hatte, in dem er den derzeitigen Mitgliedern des Politbüros die Eignung als seine Nachfolger abgesprochen hatte. Erst 1924, nach Lenins Tod, verlas Sinowjew diesen Brief; um jedoch Widerstand zu ersticken, nur jeder Delegation einzeln.
Gleichzeitig betrieb Sinowjew jedoch, von der zunehmenden Machtfülle Stalins beunruhigt, im Geheimen dessen Sturz. 1923 traf er sich mit anderen führenden Funktionären zu einer geheimen Beratung im Kaukasus, um geeignete Maßnahmen sowohl gegen Stalin als auch gegen Trotzki zu besprechen. Der Plan scheiterte am Widerstand einiger Stalin-Anhänger und wurde dem Generalsekretär zugetragen.
Im Bestreben, sich zu rehabilitieren, forderten Sinowjew und Kamenew den Parteiausschluss Trotzkis, der weiter gegen das Triumvirat opponierte. Sinowjew sagte über Trotzki vor dem ZK: „Warum duldet ihr diesen Hundekadaver im Politbüro?“ Stalin sah somit seine Chance gekommen, sich aller Widersacher zu entledigen, indem er sie gegeneinander ausspielte. Auf einem Plenum 1925 distanzierte er sich offiziell von Sinowjew, Kamenew und deren Forderung, entzog aber gleichzeitig Trotzki seinen Posten als Armeechef. Sinowjew sah seinen Fehler zu spät ein. Ein Zweckbündnis mit Kamenew und Trotzki, das er ab 1926 anstrebte, um dem „Diktator“ Einhalt zu gebieten, wurde von anderen Funktionären vereitelt.
Sinowjew verlor 1926 seine Funktionen als Vorsitzender der Komintern und als Leningrader Parteichef, wurde als angeblicher Drahtzieher einer Verschwörung aus dem Politbüro, 1927 aus der Partei ausgeschlossen, später unter Reuebezeugungen wieder aufgenommen, erneut ausgeschlossen und nach Sibirien verbannt. Nach erzwungener öffentlicher Abkehr von jeglicher Opposition durfte er 1933 in die Partei zurückkehren und wurde Anfang 1934 zum Rektor der Universität Swerdlowsk ernannt, während Stalin schon seine Ermordung plante.
Hierfür konstruierte Stalin die Verschwörungstheorie, es gäbe einen „trotzkistisch-sinowjewschen Block“, die er später – mit Blick auf die Abstammung der Angegriffenen – noch durch antisemitische Ausfälle erweiterte.
1936 wurde Sinowjew entgegen Stalins Zusagen unter absurden, unter Folter erpressten „Geständnissen“ (er musste sich u. a. selbst als Faschisten bezeichnen) zusammen mit anderen in einem ersten inszenierten Schauprozess zum Tode verurteilt und in der Moskauer Lubjanka erschossen. Die Urteile waren, wie Chruschtschow später berichtete, schon vor dem Prozess von Stalin persönlich abgesegnet worden. Die Familienangehörigen Sinowjews und der anderen Ermordeten wurden in Arbeitslager deportiert oder ebenfalls umgebracht.
Die Kugeln, mit denen Kamenew und Sinowjew getötet wurden, wurden in ein kleines Glaskästchen mit dem darauf geschriebenen Namen des Opfers gesteckt und vom Geheimdienstchef Genrich Jagoda privat behalten. Nachdem Jagoda exekutiert worden war, übernahm sein Nachfolger Nikolai Jeschow die Kugeln, die nach dessen Exekution in den Besitz seines Nachfolgers Lawrenti Beria übergingen, der später ebenfalls hingerichtet wurde.
Zwischen 1924 und 1934 trug die ukrainische Stadt Jelisawetgrad (heute Kropywnyzkyj) ihm zu Ehren den Namen Sinowjewsk.
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