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Maß für die Dämpfung eines zu Schwingungen fähigen Systems Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Gütefaktor, auch Q-Faktor oder Güte, in Bezug auf schwingungsfähige Systeme auch Kreisgüte, Filtergüte, Schwingkreisgüte, Oszillatorgüte oder Resonanzschärfe genannt, ist in der Physik und Technik ein Parameter, der in einem frei schwingenden harmonischen Oszillator (Resonator) das Verhältnis der gespeicherten Energie zu dem thermischen Energieverlust während der folgenden Schwingungsperiode ausdrückt. Der Gütefaktor ist auch ein Kennzeichen für den Energieverlust in Energiespeichern, wie beispielsweise elektrischen Bauelementen wie Spulen und Kondensatoren.[1] Bei einer erzwungenen Schwingung beschreibt der Gütefaktor das Verhältnis der Resonanzfrequenz zu seiner Bandbreite.[2] Eine hohe Güte eines Systems besagt, dass das System die gespeicherte Energie in nur geringem Umfang in thermische Energie umsetzt und die Schwingung nur in geringem Umfang abnimmt.[3] Der Kehrwert des Gütefaktors wird als Verlustfaktor bezeichnet.[4]
Der Gütefaktor ist je nach Systemauslegung sehr unterschiedlich. Systeme, bei denen die Dämpfung wichtig ist (beispielsweise Stoßdämpfer), haben einen Gütefaktor um , was dem aperiodischen Grenzfall entspricht. Systeme, die eine hohe Frequenzstabilität benötigen, haben hohe Gütefaktoren, beispielsweise eine Stimmgabel um und der Quarzoszillator in einer Quarzuhr um .[5]
Die Etablierung des Begriffs Q-Faktor und insbesondere im Englischen des Begriffs englisch Quality Factor geht auf Kenneth S. Johnson zurück, der den Gütefaktor zur Bewertung von elektrischen Netzwerken im Jahr 1923 erstmals verwendete.[6][7] Die Definition des Gütefaktors wurde neben der ursprünglichen Anwendung im Rahmen der elektrischen Netzwerktheorie verallgemeinert und findet Anwendung unter anderem bei Hohlraumresonatoren, bei mechanischen und akustischen Systemen wie beispielsweise Lautsprechern, bis hin zur Bewertung von Spektrallinien und Teilchenresonanzen im Rahmen der Quantenmechanik.
Der dimensionslose Gütefaktor wird in zwei gebräuchlichen und nicht deckungsgleichen Definitionen verwendet, die bei größerem Q-Faktor in Näherung gleiche Ergebnisse liefern.
Bei dieser Definition ist der Gütefaktor gegeben als Verhältnis von im System gespeicherter Energie zur in der Folgeperiode dissipierten Energie . Die Dissipation entsteht bei mechanischen Schwingungen bspw. durch Reibung, bei elektrischen Schwingkreisen durch Stromwärmeverluste. Aus praktischen Gründen wird der Vorfaktor mit in den Gütefaktor hineindefiniert[8]:
mit Kreisfrequenz und . Bei freien Schwingungen setzt man die gedämpfte Eigenfrequenz ein, bei erzwungenen Schwingungen die Resonanzfrequenz im eingeschwungenen Zustand.
Für schwach gedämpfte, freie Schwingungen mit einer im Vergleich zur Energierelaxationszeit kleinen Schwingungsperiode , d. h. , gilt ferner und somit . In dem Fall gibt die Oszillatorgüte (bis auf den Faktor ) die Anzahl der Schwingungen in der Relaxationszeit der Energie an, d.h. die Anzahl der Schwingungen bis die Energie auf den Bruchteil gefallen ist.
Bei dieser Definition wird von der Resonanzfrequenz in Relation zur Resonanzbreite ausgegangen. Die Resonanzbreite stellt eine Bandbreite dar, bei der das Leistungsdichtespektrum auf die Hälfte abgenommen hat, dies entspricht der Halbwertsbreite und wird im technischen Bezug auch als 3-dB-Bandbreite bezeichnet:
Nach dieser Definition entspricht die relative Bandbreite dem Kehrwert des Gütefaktors:
Im folgenden Abschnitt sind einige Beispiele zum Gütefaktor mit Bezug zu elektrischen Netzwerken beschrieben.
Ein Reihenschwingkreis umfasst in Reihenschaltung einen elektrischen Widerstand , eine Spule mit der Impedanz und einen Kondensator mit der Impedanz , welche von dem Wechselstrom durchflossen werden. Der Gütefaktor wird im Resonanzfall bestimmt, wobei in diesem speziellen Fall die beiden Impedanzen gleich sind und zu einem Impedanzwert gleichgesetzt werden können. Mit dieser Vereinfachung und der Energiedefinition des Gütefaktors kann ausgehend von der Blindleistung der Impedanz und der durch den ohmschen Widerstand verursachten Wirkleistung , welche den thermischen Verlust des Schwingkreises darstellt, der Gütefaktor eines Reihenschwingkreises ausgedrückt werden als:
Ausgehend von dieser Beziehung kann im Resonanzfall bei der Resonanzfrequenz
mit den Gleichungen für die Impedanz der Induktivität
bzw. der Impedanz der Kapazität
der Gütefaktor mit den Werten der Bauelemente ausgedrückt werden:
Für die nicht offensichtliche Gleichwertigkeit dieser Definition mit der Energiedefinition siehe Schwingkreis.
Ein Parallelschwingkreis umfasst in Parallelschaltung einen elektrischen Widerstand , eine Spule mit der Impedanz und einen Kondensator mit der Impedanz , an welchen die Wechselspannung anliegt. Der Gütefaktor wird auch in diesem Fall im Resonanzfall bestimmt, wobei in diesem speziellen Fall die beiden Impedanzen gleich sind und zu einem Impedanzwert gleichgesetzt werden können. Mit dieser Vereinfachung und der Energiedefinition des Gütefaktors kann wieder ausgehend von der Blindleistung der Impedanz und der durch den ohmschen Widerstand verursachten Wirkleistung der Gütefaktor eines Parallelschwingkreises ausgedrückt werden als:
Ausgehend von dieser Beziehung kann im Resonanzfall bei der Resonanzfrequenz
mit den Gleichungen für die Impedanzen der Gütefaktor mit den Werten der Bauelemente ausgedrückt werden zu:
Bei einzelnen verlustbehafteten reaktiven Bauelementen wie einem Kondensator oder einer Spule stellt der Gütefaktor einen Ausdruck dar, wie gut das reaktive Bauelement dem Ideal nahe kommt, also möglichst keine internen Verluste aufweist. Im Gegensatz zu der Begriffsverwendung des Gütefaktors bei Schwingkreisen kommt dabei keine Resonanzfrequenz als ausgezeichneter Betriebsfall vor, die Frequenz wird von außen vorgegeben, womit der Gütefaktor in diesem Fall frequenzabhängig ist.
Bei einem realen Kondensator kommt dabei im einfachsten Fall der Modellbildung eine Ersatzschaltung zur Anwendung, welche aus einem idealen Kondensator und einem Reihenwiderstand, bezeichnet auch als ESR oder englisch Equivalent Series Resistance, gebildet wird. Eine reale Spule wird durch eine ideale Spule mit einem Reihenwiderstand beschrieben, welcher primär die ohmschen Verluste in der Wicklung der Spule ausdrückt. Der Gütefaktor der Spule wird auch als Spulengüte bezeichnet.[9]
Für verlustbehaftete Impedanzen lässt sich damit der frequenzabhängige Gütefaktor über die Energiedefinition bestimmen zu:
Eine hohe Spulengüte ist vor allem dann erforderlich, wenn in einem Schwingkreis eine geringe Bandbreite angestrebt wird. Der Gütefaktor ist bei Netzwerkelementen zugleich der Kotangens des Verlustwinkels.[10]
Der Gütefaktor eines Resonanzkreises ist ein Maß für die Schärfe der Resonanz. Diese wird durch die 3-dB-Bandbreite ausgedrückt:[11]
mit dem daraus gebildeten Gütefaktor:
Die obere Grenzfrequenz und die untere Grenzfrequenz sind diejenigen Frequenzen, bei denen die Spannung bzw. der Strom auf den -fachen Wert des Maximalwertes zurückgehen. An dieser Stelle ist die Leistung im Schwingkreis nur noch halb so groß wie bei der Resonanzfrequenz des verlustlosen Schwingkreises. Bei Darstellung des Pegels in Abhängigkeit von der Frequenz ist die Bandbreite gleich dem Frequenzbereich, an dessen Grenzen die Leistungswurzelgröße um 3 dB abnimmt. Die Grenzfrequenzen können berechnet werden aus:
Sie sind mit der Resonanzfrequenz des idealen Schwingkreises verbunden durch:
In der Mechanik geht man bei einem Federpendel (Masse-Feder-System) von folgenden Differentialgleichungen aus:
Dabei bedeutet die Auslenkung aus der Ruhelage und die Masse. Weitere Terme sind die vorzugsweise durch Reibung bestimmte Dämpfungskonstante , die Federkonstante , der Dämpfungskoeffizient und die Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Systems.
Ist die gespeicherte Energie gegeben durch , so klingt diese im Schwingfall gemäß ab. Die Verlustleistung ist daher ; die Energiedefinition ergibt daher für [12][13]
mit der gedämpften Eigenkreisfrequenz des schwach gedämpften Systems und der Energierelaxationszeit .
In der folgenden Tabelle sind einige Größenordnungen von Gütefaktoren bei verschiedenen schwingenden Systemen angegeben.
System | Gütefaktor Q |
---|---|
Aperiodischer Grenzfall | |
Elektrodynamischer Lautsprecher | typ. |
Elektrischer Schwingkreis | |
Pendeluhr | |
Schwingungstilger | |
Schwingquarz 10 MHz | |
Frequenzstabilisierter Laser | |
Supraleitender Hohlraumresonator | |
Cäsium-Atomuhr | |
Mößbauer-Effekt bei Gammastrahlung |
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