bezeichnet die ersten Jahrhunderte der christlichen Kirchengeschichte Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Ausdruck alte Kirche, auch frühe Kirche und Frühchristentum, bezeichnet die ersten Jahrhunderte der Kirchengeschichte bis ungefähr 500; mit dieser Epochenabgrenzung ist die Abgrenzung der Gegenstandsbereiche der Lehrstühle für Alte Kirchengeschichte und Mittlere und Neuere Kirchengeschichte verbunden. Dabei ist die Verwendung des Begriffs „Kirche“ insofern kritisch zu sehen, als es sich bei den frühen Christen um eine noch sehr heterogene Bewegung handelte, in der es erst in der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. zur Etablierung entsprechender Organisationsformen kam.[1]
Für die zeitliche Begrenzung des als alte Kirche bezeichneten historischen Zeitraums existieren unterschiedliche Vorschläge. Zumeist versteht man darunter jedenfalls die Epoche vor der Abspaltung der altorientalischen Kirchen, also auch vor der theologischen Auseinanderentwicklung der orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche. Die theologischen Entwicklungen, die ökumenischen Konzile, die Heiligen und Kirchenväter dieser Zeit werden mithin in allen großen Konfessionen anerkannt.
Für die westliche Kirche wird die Epoche der alten Kirche oft bis zum Untergang des Weströmischen Reichs gerechnet, nach manchen Autoren auch bis zu Gregor dem Großen (540–604), dem letzten Kirchenvater des Westens, der auch in der Ostkirche anerkannt wird.
Für die Kirchengeschichte in der Zeit der alten Kirche gibt es verschiedene Bezeichnungen, die sich teilweise überschneiden:
Die Jerusalemer Urgemeinde war die erste christliche Gemeinde, die sich nach Pfingsten in Jerusalem versammelte, in der Zeit von etwa 30 bis 70.
Urchristentum bezeichnet in der Christentumsgeschichte die Entstehungszeit des Christentums nach dem Tod Jesu von Nazaret um 30 oder 33. Manche Forscher setzen sein Ende bei der Verschriftung der synoptischen Evangelien (um 90 nach Christus), andere auch erst mit dem Auftreten der Apologeten in der Mitte des 2. Jahrhunderts.
Die Zeit der apostolischen Väter bezeichnet die Zeit der Kirchenväter, die wahrscheinlich persönliche Beziehungen zu Aposteln hatten oder stark von ihnen beeinflusst wurden, also der Kirchenväter der zweiten und dritten Generation im späten ersten Jahrhundert und in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts.
Als frühes Christentum oder Frühchristentum wird teils die gesamte Epoche der Alten Kirche bezeichnet, teils nur die vorkonstantinische Zeit (die Zeit bis zur Anerkennung des Christentums als Religio licita durch Kaiser Konstantin im Mailänder Toleranzedikt von 313), teils auch nur die Zeit des Urchristentums.
Wesentliche Schritte zur römischen Reichskirche waren das Dreikaiseredikt 380, das den römisch-alexandrinischen trinitarischen Glauben zur offiziellen Religion des Römischen Reichs erklärte, um die innerchristlichen Streitigkeiten zu beenden, und das Edikt von 391, mit dem Theodosius I. die heidnischen Kulte verbot. Gemäß der heutigen Sicht vieler Forscher war es jedoch erst Justinian I., der Mitte des sechsten Jahrhunderts im Römischen Reich das Christentum tatsächlich gegen das Heidentum durchsetzte. Die römische Reichskirche hatte gegenüber dem Staat nie die Macht der römisch-katholischen Kirche im Mittelalter, sondern war besonders im Osten immer in einem prekären Gleichgewicht mit der staatlichen Macht des Kaisers.
In die Zeit der alten Kirche fällt die Entwicklung vom Urchristentum zur Bischofskirche und dann zu den fünf Patriarchaten: Alexandrien, Antiochien, Jerusalem, Konstantinopel und des Abendlandes. Bis zum Anfang des 4. Jahrhunderts tauschten sich die Bischöfe vor allem brieflich aus. Nach der konstantinischen Wende „entwickelte sich ein reger Synodalbetrieb“, zumal die Bischöfe nun den Cursus publicus, die kaiserliche Post, nutzen konnten.[2]
Ebenfalls in die Zeit der alten Kirche fallen die Anfänge des Mönchtums, die Entstehung der ersten Klöster in Ägypten, die Ordensregeln der hll. Basilius und Benedikt.
Für Mack (1995)[3] ist zwischen dem Christuskult und den Jesusbewegungen zu unterscheiden. Erstere konzentrierten sich auf die Bedeutung des Todes und des Schicksals Jesu, insbesondere der Wiederauferstehung. Sobald der Tod Jesus Christus in das Zentrum rückte, richtete sich die Aufmerksamkeit weniger auf seine Lehren (Liste der Gleichnisse Jesu, Logienquelle Q, Thomasevangelium) und darauf, Teil einer Schule innerhalb der Jesusbewegung zu sein. So setzte im Frühchristentum die zunehmend komplexer werdende Auseinandersetzung mit Vorstellungen von Martyrium, Auferstehung und der Wandlung Jesus in eine göttliche, geistige Präsenz ein.
Bei Paulus von Tarsus wurde der Christuskult dadurch geformt, dass Gott oder ein göttliches Wesen die Inkarnation in einem gewöhnlichen Menschen wählte (Röm 3,3EU), dessen gottgewollte Hinrichtung in Form der Kreuzigung die Welt mit Gott aussöhnen würde, indem sie mit dem sterblichen, das göttliche Wesen beherbergenden Leib zugleich die Sünde der Menschen tilgt und damit den Weg zur persönlichen Erlösung aller Menschen bereithielte.[4]
Peter Guyot, Richard Klein (Hrsg.): Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen. Eine Dokumentation. Bd. 1: Der Staat. Bd. 2: Die Gesellschaft. 3. Aufl. Darmstadt 2006.
Adolf Martin Ritter (Hrsg.): Alte Kirche (= Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen 1). Neukirchener, Neukirchen-Vluyn 11. Auflage 2015.
Einführungen und Gesamtdarstellungen
Karl Baus: Von der Urgemeinde zur frühchristlichen Großkirche. (= Handbuch der Kirchengeschichte. Bd. I). Herder, Freiburg/Basel/Wien 1962 (4. Aufl. 1978; Sonderausgabe 1985, Ndr. 1999).
Norbert Brox: Das Frühchristentum. Schriften zur Historischen Theologie. Hrsg. von Alfons Fürst, Franz Dünzl, Ferdinand R. Prostmeier; Freiburg i. Br.: Herder, 2000.
Norbert Brox: Kirchengeschichte des Altertums. Düsseldorf: Patmos Paperbacks, 2002.3
Henry Chadwick: The Church in Ancient Society: From Galilee to Gregory the Great (= Oxford History of the Christian Church). Oxford University Press 2003.
Ernst Dassmann: Kirchengeschichte I – II/2 (= Kohlhammer Studienbücher Theol. 10 – 11,2). Stuttgart 1991–1999; 2000.
Karl Suso Frank, Grundzüge der Geschichte der Alten Kirche. 3. Aufl., Darmstadt 1993.
Karl Suso Frank: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, Paderborn 2. A. 1996, 3. A. 2002.
Charles Freeman: A New History of Early Christianity. Yale University Press, New Haven CT, London 2011.
Gunther Gottlieb: Christentum und Kirche in den ersten drei Jahrhunderten (= Heidelberger Studienhefte zur Altertumswissenschaft). Heidelberg 1991.
Gert Haendler: Von Tertullian bis Ambrosius. Die Kirche im Abendland vom Ende des 2. bis zum Ende des 4. Jahrhunderts (= Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen, 1.3). Berlin 1978.
Gert Haendler: Die abendländische Kirche im Zeitalter der Völkerwanderung (= Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen, 1.5). 3. Aufl., Berlin 1987.
Wolf-Dieter Hauschild: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Band 1, Alte Kirche und Mittelalter, 2., überarb. Aufl., Gütersloh 2000.
Hans-Josef Klauck: Die religiöse Umwelt des Urchristentums (= Studienbücher Theologie 9). Stuttgart 1995.
Christoph Markschies: Das antike Christentum. Frömmigkeit, Lebensformen, Institutionen. München 2006.
Jean-Marie Mayeur, Luce Pietri, Andre Vauchez (Hrsg.): Die Geschichte des Christentums, Altertum. 3 Bde., Sonderausgabe, Freiburg i.B. 2005, ISBN 3-451-29100-2.
Karen Piepenbrink, Antike und Christentum (Geschichte kompakt), Darmstadt 2007.
Hans Georg Thümmel: Die Kirche des Ostens im 3. und 4. Jahrhundert (= Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen, 1.4). Berlin 1988.
Geza Vermes: Christian Beginnings. From Nazareth to Nicaea. AD 30–325. Penguin, London 2013.
Paul Veyne: Als unsere Welt christlich wurde. C. H. Beck, München 2008.
Philipp Vielhauer: Geschichte der urchristlichen Literatur. Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die Apostolischen Väter. De Gruyter Lehrbuch, Walter de Gruyter, Berlin / New York 1978, ISBN 3-11-007763-9.
Pedro Barceló: Das Römische Reich im religiösen Wandel der Spätantike. Kaiser und Bischöfe im Widerstreit. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7917-2529-1, S. 56.
Joel Carmichael: Steh auf und rufe Seinen Namen. Paulus, Erwecker der Christen und Prophet der Heiden. C. Bertelsmann, München 1980, ISBN 3-570-00056-7, S.59 f.