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Menschenansammlung bei Notfällen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Evakuierung oder Evakuation (lateinisch evacuare ‚ausleeren‘) ist die „Räumung eines Gebietes von Menschen“. Manchmal wird synonym von „Evakuierungsaktion“ gesprochen.
Als Evakuierung wird das Räumen von Gebieten bezeichnet. Meist findet sich der Begriff im Zusammenhang mit Gefahrenstellen wie Katastrophengebieten, zum Beispiel Überschwemmungen, Bränden oder Bombenalarmen. Handelt es sich um ein Gebäude, findet sich auch der Begriff Entfluchtung.[1] Die Zeit einer Evakuierung wird als Evakuierungsdauer bezeichnet. Die Begriffe Räumung und Evakuierung werden dabei häufig synonym gebraucht. Manche Institutionen, wie beispielsweise das frühere Bundesamt für Zivilschutz, verstehen unter einer „Evakuierung“ einen geplanten Vorgang und verwenden den Begriff „Räumung“ für das ungeplante Räumen von Gebieten.[2][3]
Das Wort evakuieren wird einerseits für Gebiete, Räume, Siedlungen etc. angewandt, die geleert werden („das Krankenhaus wird evakuiert“). Die Verwendung für Personen und Tiere ist andererseits auch im Zusammenhang mit Notfall-Evakuierungen weithin gebräuchlich („alle Patienten werden evakuiert“) und laut Duden ebenfalls richtig.[4]
Bis ins frühe 20. Jahrhundert war mit dem Begriff die Räumung eines Platzes durch Truppen und im engeren Sinne als Fachbegriff das Verlegen von Verwundeten aus den Feldlazaretten in reguläre Krankenanstalten gemeint.
Seit dem Zweiten Weltkrieg wird die in großem Umfang praktizierte Fortschaffung von Mensch und Material aus von Bombardierungen oder Kampfhandlungen bedrohten Städten und Gegenden in sichere Gebiete als Evakuierung bezeichnet.
Eine weitere Bedeutung wurde dem Begriff im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten beigefügt. Evakuieren diente, wie die synonym verwendeten Begriffe Sonderbehandlung, Endlösung und Umsiedlung, als Tarnbezeichnung für Deportation und Tötung von Menschen (siehe Evakuierungsmarsch, Fabrikaktion).
Behördlich angeordnete Evakuierungen sind für die betroffenen Bürger verpflichtend. Auch volljährigen Personen wird regelmäßig keine Wahl gelassen, ob sie der Evakuierungsaufforderung Folge leisten oder aber das mit dem Verbleiben in der Gefahrensituation verbundene Risiko auf eigene Verantwortung tragen wollen. Wer sich weigert, das betroffene Gebäude oder Gebiet zu verlassen, kann von der Polizei unter Anwendung von Zwangsmitteln auch gegen seinen Willen aus der Gefahrenzone verbracht werden. Dieser staatliche Zwang, bei dem vorübergehend Grundrechte eingeschränkt werden, fußt auf dem allgemeinen Gefahrenabwehr- bzw. Polizeirecht und ist rechtlich zulässig, wenn für den jeweiligen Bürger eine gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht. Juristisch gesehen handelt es sich bei einer Evakuierung um eine Summe von Platzverweisen.[5]
In von Katastrophen besonders gefährdeten Gegenden (z. B. in dem vom Vulkan Vesuv bedrohten Neapel) gibt es Evakuierungspläne, die eine rechtzeitige und zuverlässige Evakuierung ermöglichen und Panik vermeiden sollen. Sie sind oft Teile von Alarmplänen oder Katastrophenschutzplänen. Für Erdbeben und Vulkanausbrüche gibt es bisher noch keine zuverlässigen Frühwarnsysteme. Simulationen, Fluchtpläne und Evakuierungsübungen (Probealarme) sind Methoden, eine mögliche Evakuierung vorzubereiten.
Evakuierungspläne behandeln den Ablauf; sie sind auch Teil des vorbeugenden, organisatorischen (nichtbaulichen, operationalen) Brandschutzes.
Schematisch kann der Ablauf einer Evakuierung in folgende Phasen eingeteilt werden:
Vereinfacht lassen sich auch
unterscheiden.
Die Evakuierung von Gebieten kann auf der Grundlage von Katastrophen (natürliche oder durch Menschen ausgelöste) notwendig werden. Die wichtigsten Naturereignisse, die die Evakuierung ganzer Gebiete notwendig machen können, sind:
Zu den durch Menschen verursachten Ereignissen, die eine Evakuierung notwendig machen können, gehören u. a.:
Die Evakuierung ganzer Gebiete ist eine Maßnahme des Katastrophenschutzes.
Im Zweiten Weltkrieg wurden mit der Kinderlandverschickung Mütter und Kinder aus den vom Bombenkrieg bedrohten Städten des Deutschen Reiches evakuiert, wobei der Begriff Evakuierung in der nationalsozialistischen Sprachregelung vermieden wurde.
Die Evakuierung von Gebäuden ist i. a. ein Teil der Evakuierung von Gebieten und wird daher durch die gleichen Ereignisse ausgelöst. Zunächst werden Gebäude evakuiert, anschließend evtl. ganze Stadtviertel, Städte und Bezirke.
Die individuelle Strategie bei der Evakuierung von Gebäuden wurde von Abrahams untersucht: Die unabhängigen Variablen bilden dabei die Komplexität des Gebäudes und die Mobilität der Personen (körperliches Leistungsvermögen, Gehbehinderung) und die abhängige Variable ist die Strategie. Mit abnehmender Mobilität und zunehmender Komplexität des Gebäudes ändert sich die Strategie von „schnelles Verlassen“ über „langsames Verlassen“ und „Bewegung an einen sicheren Ort“ (z. B. ein Treppenhaus) hin zu „am Ort verweilen und auf Rettung warten“. Diese letzte Strategie gilt insbesondere für bettlägerige Personen (z. B. bei der Evakuierung von Krankenhäusern), die von Pflegepersonal oder Rettungskräften gerettet werden müssen.[6]
Zwischen den beiden Anschlägen auf die beiden Türme des World Trade Center (siehe 9/11) und dem Einsturz der Türme konnten 17.410 Personen (etwa 87 Prozent der sich dort aufhaltenden) die beiden Gebäude verlassen.[7] Im Südturm wurden die Menschen durch Lautsprecherdurchsagen zunächst aufgefordert, Ruhe zu bewahren und an ihrem Arbeitsplatz zu bleiben. Vermutlich hätten mehr Menschen überlebt, wenn man sie aufgefordert hätte, das Gebäude sofort zu verlassen. Das zweite Flugzeug schlug 17 Minuten nach dem ersten ein. Der Südturm stürzte 56 Minuten, der Nordturm 102 Minuten nach dem jeweiligen Einschlag komplett ein. Dadurch wurden 2.123 Menschen, darunter 343 Feuerwehrmänner, getötet.
Bereits die antiken Römer hatten einen praktischen, wirksamen Zugang zur Lösung solcher ihnen bekannten Massenphänomene. Das Kolosseum verwirklicht beispielhaft, wie man eine große Arena von ca. 50.000 Menschen Fassungsvermögen im Notfall in kürzester Zeit leeren kann. Die zahlreichen Ausgänge sind ziemlich gleichmäßig rund um das Bauwerk verteilt. Unter Berücksichtigung der Kenntnis, dass ein Mensch im Fluchtfall dem Ausgang zustreben wird, den er am besten einschätzen kann, da er den Weg vom Hereinkommen her leicht abrufen kann, sind die Evakuierungszeiten eines solchen Stadions nahezu optimal, selbst nach Maßstäben aktueller Forschung.
Der wesentliche Unterschied zwischen der Evakuierung von Gebäuden und der Evakuierung von Schiffen ist die Möglichkeit, einen sicheren Ort zu erreichen. Vergleichbar ist der Ablauf auf Schiffen mit dem für Gebäude nur während der ersten Phase, dem Sammelprozess. Die eigentliche Evakuierung in die Boote bzw. Rettungsmittel (z. B. aufblasbare Flöße) beginnt erst, nachdem die Sammlungsphase (ggf. für eine Sammelstation) abgeschlossen ist. Diese Entscheidung über die Evakuierung wird vom Kommandanten des Schiffes möglicherweise erst zu diesem Zeitpunkt getroffen. Darüber hinaus spielt die Strategie „Bewegung an einen sicheren Ort“ eine sehr viel bedeutendere Rolle als in Gebäuden. Sammelstationen sind solche „sichere Orte“.
Land- und Luftfahrzeuge sind im Hinblick auf die Evakuierung teils mit Gebäuden, teils mit Schiffen vergleichbar. Flugzeuge werden (ggf. nach der Notlandung) üblicherweise über Rettungsrutschen evakuiert. Bei einer Notwasserung dienen diese gleichzeitig als Rettungsflöße.
Durch einen mit realen Personen durchgeführten Test muss nachgewiesen werden, dass ein zugelassenes Luftfahrzeug unter erschwerten Bedingungen (nur Notbeleuchtung, nur die Hälfte aller Notausgänge) innerhalb 90 Sekunden evakuiert werden kann. Hierbei sind auch mittelschwere Verletzungen durchaus üblich.[8]
Die hauptsächlichen Gründe für die Evakuierung von Zügen sind Unfälle und technische Defekte (sowie deren Folgen, z. B. Rauchentwicklung, Überhitzung nach Ausfall der Klimaanlage).
Die Evakuierung von Seilbahnen kann weitere Hilfsmittel (Evakuierungssysteme) erfordern.
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