NATO-Battlegroups oder NATO-Kampfgruppen sind multinationale Kampfverbände der NATO. Die NATO Enhanced Forward Presence (eFP) (deutsch etwa: Verstärkte Vornepräsenz) ist eine Beistandsinitiative der NATO, die am 8. und 9. Juli 2016 auf dem NATO-Gipfeltreffen in Warschau beschlossen wurde.[1] Sie dient der Sicherung der Ostflanke der verbündeten Staaten und der Abschreckung gegenüber Russland. NATO-Battlegroups wurden zu Ausbildungs- und Übungszwecken in die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie nach Polen verlegt. Jeweils rund 1000 Soldaten sind dort rotierend stationiert. Als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine 2022 haben die NATO-Mitgliedsstaaten, bei einem außerordentlichen Gipfeltreffen am 24. März 2022 in Brüssel beschlossen, die NATO Enhanced Vigilance Activities (eVA) (deutsch etwa: Verstärkte Wachsamkeitsaktivitäten) mit vier weiteren NATO-Battlegroups in Bulgarien, Rumänien, Slowakei und Ungarn aufzustellen.[2]
Bedingt durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland sowie den russischen Krieg in der Ukraine seit 2014 initiierte die NATO auf dem Gipfeltreffen in Newport (Wales) am 4. und 5. September 2014 den Readiness Action Plan zum Schutz der NATO-Ostflanke. Sie soll die Reaktionsschnelligkeit der NATO-Reaktionskräfte (NRF) steigern. NATO-Planer ziehen die Möglichkeit in Betracht, dass eine Aggression der Russischen Föderation in Form einer hybriden Kriegsführung, wie gegen die Ukraine, auch gegen kleinere Mitgliedsstaaten, wie etwa Estland mit einer starken russischen Minderheit im Land, möglich ist.[3]
Insbesondere die Suwałki-Lücke wird von Militärstrategen als eine Schwachstelle gesehen bei einem möglichen schnellen Vormarsch russischer Streitkräfte zum Territorium der Exklave Kaliningrad.
Die Vereinigten Staaten unterstützen 2017 im Rahmen einer European Reassurance Initiative (ERI) mit 3,4 Milliarden US-Dollar eine deutliche Verstärkung der Präsenz in Europa, um für „Frieden und Sicherheit in Europa“ zu sorgen. Das richtet sich vor allem an die osteuropäischen und baltischen NATO-Mitgliedstaaten, dass sich die Vereinigten Staaten zu deren „Sicherheit und territoriale Integrität“ verpflichtet.[4] Die Operation Atlantic Resolve findet im Rahmen dieses Programmes statt.[5][6]
Mit der Transatlantic Capability Enhancement and Training-Initiative (TACET) soll zudem die Verteidigungsfähigkeit der baltischen Staaten und Polen verstärkt werden, indem die Implementierung der Maßnahmen des ReadinessAction Plan der NATO unterstützt, die Streitkräfte zum Zusammenwirken befähigt, der Fähigkeitsaufwuchs gesteigert und die nationale Widerstandsfähigkeit gefördert wird. Vor Ort befindliche Kräfte der NATO Enhanced Forward Presence beteiligen sich an gemeinsamen Übungen und Ausbildungsmaßnahmen. Großbritannien ist seit Dezember 2015 neben Deutschland und den USA dritte TACET-Nation geworden. Während des NATO-Verteidigungsministertreffens vom 10. bis 11. Februar 2016 verpflichteten sich neben Deutschland, Großbritannien und den USA auch weitere zehn NATO-Mitgliedstaaten zur Unterstützung der TACET-Initiative (Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Spanien, Tschechien). Hierzu gehört auch der Aufbau von ABC-Abwehreinheiten und die Ausbildung von Pionieren. Das Multinationale Korps Nord-Ost mit Hauptquartier in Stettin übernimmt hierbei eine Koordinierungs- und Unterstützungsrolle.
Die NATO-Battlegroups sind multinationale Kampfverbände.
Land | Standort | Truppenstärke[2] | Führungsnation[2] | Aktuelle Teilnehmer[2] |
---|---|---|---|---|
Estland | Tapa | 1.373 | Vereinigtes Königreich | Dänemark, Frankreich, Island |
Lettland | Ādaži | 1.840 | Kanada | Albanien, Tschechien, Italien, Montenegro, Nordmazedonien, Polen, Slowakei, Slowenien, Spanien |
Litauen | Rukla | 1.805 | Deutschland | Belgien, Tschechien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen |
Polen | Orzysz | 1.033 | Vereinigte Staaten | Deutschland[7], Kroatien, Rumänien, Vereinigtes Königreich |
Bulgarien | Kabile | 945 | Italien | Albanien, Griechenland, Nordmazedonien, Türkei, Vereinigte Staaten |
Rumänien | Cincu | 1.126 | Frankreich | Niederlande, Nordmazedonien, Polen, Portugal, Vereinigte Staaten |
Slowakei | Lešť | 1.056 | Tschechien (bis 2024)/ Spanien (seit 2024) | Deutschland, Niederlande, Slowakei, Slowenien, Vereinigte Staaten |
Ungarn | Tata | 1.054 | Ungarn | Kroatien, Italien, Montenegro, Türkei, Vereinigte Staaten |
NATO-Battlegroup Estonia
Der NATO-Kampfverband in Estland steht unter Führung Großbritanniens mit Hauptquartier in Tapa. Truppenteile rotieren aus Frankreich, Großbritannien und seit 2018 aus Dänemark.
Großbritannien beteiligte sich 2017 mit rund 800 Soldaten bestehend aus dem 5. Bataillon des Infanterieregiments The Rifles mit Warrior-Schützenpanzer und Teilen der 20. Panzergrenadierbrigade (20th Armoured Infantry Brigade) mit Challenger-2-Kampfpanzer. Frankreich war seit April 2017 mit 300 Soldaten, darunter Fremdenlegionäre des 2. Infanterie-Fremdenregiments (2° REI), 13 Schützen-/Spähpanzern vom Typ VBCI und 10 Radpanzern vom Typ VAB beteiligt. Zusätzlich verstärkten vier Leclerc-Kampfpanzer des 501e régiment de chars de combat das französische Kontingent.[8]
NATO-Battlegroup Latvia
Der NATO-Kampfverband in Lettland steht unter Führung Kanadas mit Hauptquartier in Ādaži. Er besteht aus rotierenden Truppenteilen aus Albanien, Italien, Kanada, Polen, Slowenien und Spanien.
Die Truppe wurde am 23. Juni 2017 mit einer Militärparade offiziell im Land begrüßt. In den Jahren 2023 bis 2026 wuchs das Bataillon-Äquivalent zu einer Brigade auf, bei der nach Kanada die beiden skandinavischen Nachbarn Dänemark im Wechsel mit Schweden die größten Truppensteller sind.
NATO-Battlegroup Lithuania
Der NATO-Kampfverband in Litauen steht unter Führung Deutschlands mit Hauptquartier in Rukla.[9] Der Aufbau begann Anfang 2017 und hat Truppenteile aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden und Norwegen.
Die erste Rotation ab Januar 2017 hatte eine Sollstärke von 1.200 Mann und entstammte dem Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach in Bayern.[10]
Die zweite Rotation ab August 2017 entstammte dem Panzergrenadierbataillon 371 aus Marienberg mit 14 Schützenpanzern Marder, 8 Kampfpanzern Leopard 2A6 und weiteren Fahrzeugen sowie einer Versorgungskompanie und einem Stabszug.[11][12][13]
Die dritte Rotation bildeten ab Februar 2018 350 Soldaten des Jägerbataillons 292 der deutsch-französischen Brigade aus Donaueschingen.[10]
NATO-Battlegroup Poland
Der NATO-Kampfverband in Polen steht unter Führung der Vereinigten Staaten mit Hauptquartier in Orzysz. Die Truppenteile rotieren aus Polen, Rumänien und den Vereinigten Staaten.
Mitte Januar 2017 wurde die Ankunft zahlreicher US-Soldaten in Polen gefeiert. Die Vereinigten Staaten verlegten im Rahmen der Operation Atlantic Resolve rund 3.500 Soldaten, 86 Kampfpanzer und 144 Schützenpanzer der 3. US-Panzerbrigade der 4. US-Infanteriedivision an die NATO-Ostflanke und sollen in Polen und den östlichen Nato-Staaten Estland, Lettland, Litauen, Ungarn sowie Rumänien und Bulgarien rotieren.[14][15]
Das Europäische Oberkommando der Vereinigten Staaten (EUCOM) gab am 19. Februar 2017 bekannt, dass ab Ende März 2017 im Rahmen der NATO Enhanced Forward Presence weitere rund 1000 Soldaten des 2. US-Kavallerieregiments mit mehreren Stryker-Radschützenpanzern nach Orzysz verlegt werden. Unterstützt durch rund 350 Soldaten aus Großbritannien und Rumänien und zur Unterstützung der Verteidigung der polnischen 15. Lötzener Mechanisierten Brigade im Rahmen der Abschreckung gegenüber Russland.[16]
NATO-Battlegroup Slovakia
Der NATO-Kampfverband in der Slowakei ist die Multinational Battlegroup Slovakia (MN BG SVK), die seit 2024 unter der Führung Spaniens steht. Weitere Truppensteller sind Portugal und die USA. Sie wurde am 24. Juni 2022 aufgestellt an ihrem Standort in Lešť in der Mitte des Landes aufgestellt und.
Analog der anderen NATO „Battle Groups“ soll der Verband zur Multinational Brigade Task Force Slovakia (MN BDE TF SVK) vergrößert werden. Den Kern der Truppe von 2000 Soldaten werden die spanischen Landstreitkräfte stellen.[17]
In den ersten beiden Jahren nach seiner Aufstellung stand der zunächst als eVA BG SVK/MNBGSVK bezeichnete Verband unter der Führung Tschechiens und die ersten weiteren Truppensteller neben Tschechien und der Slowakei waren Deutschland, Slowenien und die USA. Deutschland unterstützte die Truppe mit rotierenden Kräften verschiedener Truppengattungen des Heeres.
In den Jahren 2022/2023 kamen im Rahmen einer Air Missile Defense Task Force Patriot-Flugabwehrraketen der Luftwaffe im östlicher gelegenen Sliač hinzu, die bereits im Frühjahr 2022, nur wenige Wochen nach des russischen Überfalls auf das ukrainisch Kernland, einsatzbereit waren.[18] Neben den Deutschen stellten auch die Niederlande Truppen und Patriots für diese Task Force bereit.[19]
Die Führung der Battle Group Slovakia ging zum 1. Juli 2024 an Spanien über.[20] Das spanische Kontingent wurde hierfür ab Anfang 2024 aufgebaut und ist unter anderem mit Leopard-2-Kampfpanzern und einigen Tiger-Kampfhubschraubern ausgerüstet.[21] Parallel zum Aufbau der spanischen Truppe wurde der Einsatz der Bundeswehr offiziell Ende Mai 2024 beendet; an Stelle der Bundeswehr verstärkt Portugal als neuer Truppensteller die Gruppe, unter anderem ebenfalls mit Leopard 2 Kampfpanzern.[22]
NATO-Battlegroup Romania
Der NATO-Kampfverband in Rumänien ist die Multinational Battlegroup Romania, die unter der Führung Frankreichs steht. Weitere Truppensteller sind Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Nord-Mazedonien, Polen, Portugal und die USA. Sie wurde am 1. Mai 2022 aufgestellt an ihrem Standort in Cincu in der Mitte des Landes aufgestellt.[23]
Den Kern der Truppe bildeten zunächst rotierende französische Bataillone. Polen und Portugal waren von Beginn an weitere Truppensteller.[24][25]
Darüber hinaus beteiligten sich von Beginn an alternierend Belgien und die Niederlande. Im Rahmen der belgischen Kontingente beteiligt sich auch Luxemburg.[26]
Bereits mehrere Jahre vor Aufstellung der Battlegroup hatten die USA im Süden des Landes ein Aegis-Ashore System installiert, das ursprünglich zur Abwehr ballistischer Raketen des Iran geplant war. Frankreich als Rahmennation stationierte zusätzlich an der Schwarzmeer-Küste eine SAMP/T-(MAMBA-)Einheit in Capu Midia. Seit 2024 haben die Niederlande am Flugplatz Câmpia Turzii auch MQ-9-Drohnen stationiert.
Im weiteren Verlauf des Jahres 2022 sagte Nord-Mazedonien seine Unterstützung zu.[27]
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