Ekrem İmamoğlu
türkischer Politiker, Oberbürgermeister von Istanbul Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Ekrem İmamoğlu (* 4. Juni 1970 in Akçaabat, Provinz Trabzon) ist ein türkischer Politiker (CHP). Seit dem 27. Juni 2019 ist er Oberbürgermeister der Großstadtkommune Istanbul. Aufgrund seines Amtes und seiner Beliebtheit gilt er als wichtiger Konkurrent des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
İmamoğlu besuchte das Gymnasium in Trabzon und studierte an der Universität Istanbul Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) und Personalwesen (Master). Er stieg in die Baufirma seiner Familie ein und wurde 2008 Mitglied der CHP. Bei den Kommunalwahlen 2014 trat er für seine Partei im Istanbuler Stadtbezirk Beylikdüzü an und wurde mit knapp 50 % zum Bürgermeister des Stadtteils gewählt.
Bei den Kommunalwahlen 2019 wurde er zum CHP-Kandidaten für den Posten des Oberbürgermeisters von Istanbul nominiert und gewann mit 13.000 Stimmen Vorsprung.[1] Nachdem die in Istanbul unterlegene AKP eine Nachzählung der Stimmen beantragt hatte, wurde er am 17. April 2019 von der türkischen Wahlkommission (YSK) zum Oberbürgermeister der Großstadtkommune Istanbul erklärt.[2] Die AKP legte Beschwerde ein; am 6. Mai 2019 annullierte die Wahlkommission mit einer knappen Mehrheit das Wahlergebnis wegen angeblicher Regelwidrigkeiten.[3][4] Bei der Neuwahl am 23. Juni 2019 vergrößerte er jedoch sogar seinen Vorsprung um knapp 800.000 Stimmen und gewann deutlich gegen Binali Yıldırım (AKP), womit er erneut zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Er trat das Amt am 27. Juni 2019 an.[1]
Bei den Kommunalwahlen 2024 trat İmamoğlu erneut für die CHP an. Präsident Erdoğan hatte sich mit der AKP den Gewinn der Wahl in Istanbul als Ziel gesetzt und als „den Beginn einer neuen Ära“ bezeichnet.[5] İmamoğlu konnte mit einem Vorsprung von knapp 10 Prozent auf AKP-Herausforderer Murat Kurum erneut die Wahl gewinnen. Auch in anderen Teilen der Republik schnitt die CHP deutlich stärker als bei den vorigen Wahlen ab. Erdoğan nannte das Ergebnis einen „Wendepunkt“.[6]
Im Wahlkampf zur Oberbürgermeisterwahl 2019 versuchte İmamoğlu das Thema der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu umgehen, zu dem die CHP die Auffassung vertritt, sie sollten schrittweise und sicher zurückgeführt werden. Nachdem es im Juli im Istanbuler Stadtteil Küçükçekmece als Folge falscher Behauptungen zu antisyrischen Ausschreitungen gekommen war, erklärte er, die Interessen des türkischen Volkes müssten geschützt werden. In anderem Zusammenhang warnte er davor, dass die Istanbuler Kultur durch die Zuwanderer verdrängt werde.[7]
Er entließ 1244 der 2500 Beschäftigten der Stadt, die zwischen dem 31. März 2019 und dem 23. Juni 2019 neu eingestellt worden waren. Die Einstellungen waren in dem Zeitraum der landesweiten Kommunalwahlen am 31. März bis zur Oberbürgermeister-Wahlwiederholung in Istanbul vorgenommen worden.[8]
In den ersten drei Monaten im Amt begann İmamoğlu damit, die vorherige Vetternwirtschaft der AKP aufzulösen: Er strich mehreren AKP-nahen religiösen Stiftungen und Vereinen finanzielle Zuwendungen. Zu ihnen gehören die von Präsident Erdoğan gegründete Stiftung TÜRGEV, die Studenten mit Stipendien und Wohnheimplätzen unterstützt, die Bildungsstiftung TÜGVA, deren Beirat Erdoğans Sohn Bilal angehört, sowie die Aziz-Mahmud-Hüdayi-Stiftung unter Leitung des Bruders von Kadir Topbaş, dem langjährigen AKP-Oberbürgermeister der Stadt. Außerdem kündigte er Leasingverträge für Dienstwagen, die AKP-nahen Personen unrechtsmäßig sowie zur privaten Nutzung überlassen oder von AKP-nahen Unternehmen zu höheren Preisen als üblich vermietet worden sein sollen. Die Stadt sparte dadurch rund acht Millionen Euro im Jahr.[9]
Unter dem Titel İstanbul senin (etwa: „Istanbul gehört dir“) veröffentlichte die Kommune unter İmamoğlu eine Website, auf der die Bürger ihre Meinung beispielsweise zur Gestaltung der Stadt äußern können.[10][11] Am 12. Februar 2020 wurde zudem ein neues Planungsbüro gegründet. Die Gründungsveranstaltung hatte den Titel Ein neuer Anfang für die lokale Demokratie.[12] Im Zuge dessen rief er auch eine Webseite ins Leben, auf der Pläne von Architekten zur Neugestaltung des Gezi-Parks vorgestellt wurden und die Bürger Istanbuls sich dazu äußern konnten, welchen Plan sie favorisierten. Präsident Erdoğan ließ daraufhin die Rechte am Park an eine bis dahin unbekannte Stiftung übertragen.[13]
İmamoğlu bemühte sich um eine Reinigung des Bosporus (Goldenes Horn) von Wasserverschmutzung, wodurch wieder mehr Delfine gesichtet wurden.[14] Zudem wurden der Erdbebenschutz verbessert[15] und zahlreiche soziale Projekte, wie ein Ausbau von Kindergärten,[16] eine bessere Wasserversorgung,[17] Hilfsprojekte für Mütter[18] und vergünstigte Studententickets[19] auf den Weg gebracht.
Im November 2019 wurde İmamoğlu mit dem Deutsch-Türkischen Freundschaftspreis ausgezeichnet.[20]
Während der Bosporus-Universität-Proteste 2021 solidarisierte er sich mit den Demonstranten.[21] İmamoğlu wurden im Dezember 2021 vom türkischen Innenminister Süleyman Soylu (AKP) ohne Belege Verbindungen zur kurdischen Untergrundorganisation PKK vorgeworfen;[22] angeblich habe er seit der Amtsübernahme 2019 der Istanbuler Großstadtkommune als Oberbürgermeister über 400 Unterstützer bzw. Mitglieder der PKK und anderer linksextremistischen Gruppen in der Großstadtkommune eingestellt. İmamoğlu wies den Vorwurf zurück und stellte klar, dass alle Bewerber der Großstadtkommune „eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Justizministeriums vorweisen“ müssten.[23]
Aufgrund seines Amtes und seiner Beliebtheit gilt er als wichtiger Konkurrent des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan.[24] Er wurde zunächst als Gegenkandidat zu Erdoğan für die Präsidentschaftswahl 2023 gehandelt.[25] Mitte Dezember 2022 wurde İmamoğlu von einem türkischen Gericht „wegen Beleidigung der Wahlkommission“ mit einem Politikverbot belegt. Das Gericht verurteilte İmamoğlu außerdem zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten.[26] Das Urteil gegen İmamoğlu wurde von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch als politisch motiviert beurteilt.[27] Es war zunächst noch nicht rechtskräftig und verhinderte somit nicht die weitere Ausübung seines Amtes und sonstige politische Betätigung. Die zu erwartende Dauer für den Gang durch die Instanzen wurde in einem Bericht der Friedrich-Naumann-Stiftung auf drei bis vier Jahre geschätzt. Bis zur Präsidentschaftswahl im Mai 2023 trat das Politikverbot nicht in Kraft.[28] Im Vorfeld der Präsidentschaftwahl 2023 wurde er als Vizepräsident des später unterlegenen CHP-Kandidaten Kemal Kılıçdaroğlu gehandelt.[29]
Nach dem Erdbeben im südlichen Teil der Türkei und Syrien im Februar 2023 mit mehr als 45.000 Toten nutzte İmamoğlu menschliche und technische Ressourcen der Stadt Istanbul, die er als Katastrophenhilfe in die Erdbebenregion schickte.[30]
İmamoğlu ist mit Dilek İmamoğlu verheiratet; sie haben drei gemeinsame Kinder.[31][32]
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