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Die Fürstengruft ist eines der bekanntesten Gedichte des deutschen Dichters Christian Friedrich Daniel Schubart[1], das er in Gefangenschaft auf dem Hohenasperg schrieb und in dem er seine Verachtung gegenüber den Fürsten kundtat.
Zum Entstehungszeitpunkt des Gedichts war Christian Friedrich Daniel Schubart in Haft auf der Festung Hohenasperg. Nach seiner Festnahme durch Herzog Carl Eugen erhielt er weder einen ordentlichen Prozess noch eine Begründung für die Inhaftierung.[2][3] Als Schubarts Hoffnungen auf Begnadigung sich nicht erfüllten und der Termin für seine Freilassung verstrich, schrieb bzw. diktierte er 1779/1780 sein wütendes Gedicht Die Fürstengruft einem Essensträger. Jedoch nur bis zur Strophe 22, die letzten vier Strophen, in denen er die besseren Fürsten lobte, fügte er später an.[4] Das Gedicht passierte unbemerkt die Zensur und wurde in Abschriften verbreitet. Es erschien erstmals – ohne Wissen Schubarts – im Frankfurter Musenalmanach auf das Jahr 1781 unter dem Titel Die Gruft der Fürsten und wurde später unter dem Titel Die Fürstengruft nachgedruckt.[5][6][7]
Nach dem Tod seines Vaters schrieb Schubarts Sohn, dass das Gedicht viel Aufsehen verursachte, wodurch auch der Herzog davon hörte. Das Gedicht veranlasste Herzog Carl Eugen zu einer erneuten Haftverschärfung Schubarts.[8][9][10][11]
„Die Fürstengruft“ ist in sechsundzwanzig Strophen, mit jeweils vier Versen, aufgeteilt. Der erste und der dritte Vers haben elf Silben, der zweite acht und der vierte sechs Silben bzw. ist der erste und dritte Vers fünfhebig, der zweite vierhebig und der vierte dreihebig. Die Verse sind jambisch und enden in einem Kreuzreim, abwechslungsweise mit einer klingenden und stumpfen Kadenz.
Das Gedicht fängt mit einem Wortspiel an, das den Zusammenbruch der Fürstentümer in „Fürstentrümmer“ (Zeile 1)[13] auf der Wort- und der Sinnebene veranschaulicht. Die Stimmung ist düster, der ganze Glanz ist verloren, der Tag ist blass (vgl. Zeile 4)[14] und die Silberschilde funkeln matt (vgl. Zeile 7).[15] In den darauffolgenden Zeilen verdeutlicht der Sprecher seine Verachtung gegenüber den Fürsten. Er beschreibt die Sterblichkeit des Menschen und auch die Vergänglichkeit allen Ruhms der Fürsten. In Strophe sechs werden die Gräber beschrieben. Die Blicke und Gesten der Fürsten sind erloschen. Ihre ganzen schrecklichen Taten und ihre Verachtung des Genies sind nun mit „Staub und Würmern zugedeckt“ (Zeile 66).[16] In ihrem Leben waren sie Tyrannen, doch nun sind sie keine Gefahr mehr für diejenigen, die sie quälten. Die toten Fürsten werden nur noch von marmornen Statuen mit „kalten Thränen nur von Stein“ (Zeile 22)[17] beweint. Auch Gott wird angeklagt, der die Fürsten als „Nationenruthe“ (Zeile 19)[18] sandte. Auf sarkastische Weise hält der Sprecher die Höflinge dazu an, sich weiterhin bei den toten Fürsten einzuschmeicheln.[12]
Doch es nützt nichts mehr, sich bei ihnen einzuschmeicheln, um ihre Gunst zu erhalten: Sie werden nicht reagieren. In den Strophen 18 bis 21 ruft der Sprecher die unteren Schichten der Bevölkerung auf, die Fürsten nicht aufzuwecken, sich in der Nähe der Gräber ruhig zu verhalten und die Raben wegzuscheuchen, damit ihr Krächzen sie nicht wecke. Am Tag des Jüngsten Gerichts werden die Fürsten von den Todesengeln ergriffen. Die vier letzten und erst später von Schubart hinzugefügten Strophen handeln von den „bessre[n] Fürsten“ (Zeile 89).[19] Auch sie schlafen in der Gruft und warten mit Freude auf den Jüngsten Tag, an dem sie als gute Fürsten gerichtet und ihren Lohn erhalten werden. Sie scheinen einen Stimmungsumbruch darzustellen. Doch dieser ganze letzte Teil ist im Hinblick auf den Rest des Gedichts kaum glaubwürdig und wohl eher im ironischen Sinne gemeint. Denn „Die Fürstengruft“ ist voller Ironie und Sarkasmus. Die Gegensätzlichkeit zwischen dem Ruhm, den die Fürsten darstellen wollten, und ihrer nun tatsächlichen Vergänglichkeit wird gleich zu Beginn des Gedichtes durch die Verwendung paradoxer Bilder verdeutlicht: Zum Beispiel leuchten die alten Särge „wie faules Holz“ (Zeilen 5–6)[20] und die Silberschilde funkeln matt (vgl. Zeile 7).[21] Der ganze Glanz ist irdisch und schließlich bedeutungslos.
Zentral im ganzen Gedicht ist der Vanitas-Gedanke: „Die Fürstengruft“ zeigt die ganze Vergänglichkeit der Fürsten, ihrem weltlichen Ruhm und Reichtum auf. Durch ihren Tod wird alles bedeutungslos, Ruhm und Macht helfen ihnen auch beim Jüngsten Gericht nichts. Auch die Thematik des memento mori wird angesprochen, als der Wanderer die Nichtigkeit der Menschheit entdeckt. Vanitas und memento mori sind beides Themen, die aus der Barocklyrik stammen. Schubart schrieb sein Gedicht jedoch später, in der Zeit des Sturm und Drang. Passend zu dieser Zeit ist die Kritik am absolutistischen Herrscher und allgemein gegen die Vätergeneration und alles, was mit ihr zusammenhängt, wie zum Beispiel die Klassengesellschaft bzw. Hierarchie. Der Künstler sieht sich als Genie und verlangt seine individuelle Freiheit.[22] Diese letzte Idee ist in den folgenden Zeilen angedeutet, indem gezeigt wird, wie die Fürsten „Genie / Und Weisheit darben ließen“ (Zeilen 62–).
Friedrich Schiller bewunderte Schubart. Auf seiner Flucht aus Stuttgart soll er Gedichte von Schubart mitgetragen und vorgelesen haben, wovon eines davon „Die Fürstengruft“ war. Man vermutet, dass sein eigenes Gedicht „Die schlimmen Monarchen“ an Schubarts „Fürstengruft“ angelehnt ist.[23] Matthias Luserke-Jaqui relativiert dies, indem er erklärt, dass „das Thema der Fürstengruft auch zu den zeitgenössisch gängigen literarischen Motiven“ gehört.[24]
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