Institut des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) ist ein Institut des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Standorten in Oberpfaffenhofen bei München und Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern. Zusammen mit dem Institut für Methodik der Fernerkundung (IMF) bildet das DFD das Earth Observation Center (EOC) – das Kompetenzzentrum für Erdbeobachtung in Deutschland.
Das DFD empfängt mit seinen Bodenstationen die Daten nationaler und internationaler Erdbeobachtungssatelliten, verarbeitet sie zu Informationsprodukten und stellt diese für Wissenschaft und Industrie bereit. Es verteilt die Daten an die Nutzer und sichert sie langfristig im Deutschen Satellitendatenarchiv. Mit geowissenschaftlichen Arbeiten zur Atmosphären-, Klimawandel- und zivilen Sicherheitsforschung stellt das DFD Produkte und Lösungen der Fernerkundung für die Anwendung im privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Umfeld bereit. Es betreibt themenspezifische „User Services“, insbesondere das Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre (WDC-RSAT) und das Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI).
Das DFD bildet wissenschaftlichen Nachwuchs aus durch Bereitstellung von Arbeitsplätzen für Praktikanten, Diplomanden, Master-Absolventen, Doktoranden und Gastwissenschaftler. Es arbeitet insbesondere mit der Universität Würzburg (terrestrische Ökosysteme) und der Universität Augsburg (Atmosphäre) zusammen. Das DFD ist auch international tätig und betreibt langfristige Forschungskooperationen mit weltweiten Partnerorganisationen.
Kernkompetenzen des DFD sind:
Konzeption, Entwicklung, Engineering und Betrieb von Multimissions-Bodeninfrastrukturen für Erdbeobachtungsmissionen
Entwicklung und Integration informationstechnischer Systeme zur Verarbeitung und zum Management großer Datenbestände sowie den Betrieb des Deutschen Satellitendatenarchivs
Entwicklung von Prozessoren für höherwertige Datenprodukte, insbesondere für die Themenbereiche atmosphärische Spurengase und Aerosole, geo- und biophysikalische Variablen terrestrischer Ökosysteme, Parameter zur Landnutzung, Umweltindikatoren sowie Kenngrößen städtischer Verdichtungsräume
Entwicklung spezieller Verfahren zur Auswertung hyperspektraler optischer Daten sowie zur Ableitung und Mosaikierung von Höhendaten aus räumlich hoch aufgelösten Synthetic-Aperture-Radar- und optischen Daten
Entwicklung von speziellen Visualisierungsmethoden zur Darstellung und Animation komplexer Geodatensätze im eigenen Geo-Visualisierungszentrum
Dynamik der Landoberfläche
Atmosphäre
Zivile Kriseninformation und Georisiken
Informationstechnik
Nationales Bodensegment
Internationales Bodensegment
Wissenschaftskommunikation und Visualisierung
Der Direktor ist gleichzeitig Ordinarius des Lehrstuhls für Fernerkundung am Institut für Geographie der Universität Würzburg. Eine dort angesiedelte Arbeitsgruppe ist eng mit den Forschungs- und Entwicklungsaufgaben des DFD verzahnt.
Vorläuferorganisationen
1969
Entstehung der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR), dem Vorläufer des DLR durch Zusammenschluss der DVL mit DFL und AVA
1974–1977
Das Erdwissenschaftliche Flugzeug-Messprogramm (FMP) markiert den Beginn der Fernerkundungsaktivitäten im DLR (Hauptabteilung Raumflugbetrieb – GSOC). Das erdwissenschaftliche Photolabor mit Bildkonvertierungsanlage wird aufgebaut und betrieben.
1976
Umstrukturierung der DFVLR: Großanlagen und wissenschaftlich-technische Einrichtungen werden zum Bereich Wissenschaftlich-Technische Betriebseinrichtungen (WT) zusammengefasst. GSOC und MORABA werden zur Hauptabteilung Raumflugbetrieb (WT-RB).
1978
Auf Wunsch des Bundesministerium für Forschung und Technik übernimmt die DFVLR die Funktion als National Point of Contact (NOPC) zwischen der ESA und Nutzern in den Mitgliedsländern der ESA. Über das NPOC erhalten Nutzer Zugang zu den Daten amerikanischer Erderkundungssatelliten Landsat, Seasat, HCMM und Nimbus-7, die im Rahmen des ESA-Earthnet-Programmes mit Bodenstationen in Europa empfangen werden. Die Übernahme der NPOC-Funktion durch WT-RB ist der Beginn einer engen Zusammenarbeit mit der ESA (ESRIN in Frascati), die bis heute andauert.
1980
Ab Januar routinemäßig Verarbeitung von SAR-Daten des 1978 gestarteten NASA-Satelliten Seasat im Auftrag der ESA
Gründungsphase
Gründung der Hauptabteilung Angewandte Datentechnik, verantwortlich für den Aufbau datentechnischer Prozessierungs- und Systemlösungen zur Verarbeitung und zum Management großer Datenströme von nationalen, europäischen und internationalen Fernerdungsmissionen
Die Hauptabteilung Raumflugbetrieb (WT-RB) wird geteilt in die Hauptabteilung Raumflugmissionen (WT-RM; Leiter: M. Gass) und die Hauptabteilung Angewandte Datentechnik (WT-DA; Leiter: W. Markwitz).
Die Hauptabteilung Angewandte Datentechnik wird vom Bundesministerium für Forschung und Technik beauftragt, Service-Leistungen als Mobile Raketen- und Ballonbasis (MORABA) und als Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) zu erbringen.
1981
europäische SAR-580-Kampagne vom Februar bis August
1985
Umstrukturierung des DLR: Moraba wechselt vom DFD zurück zum GSOC
Konsolidierung: Beendigung der Arbeiten im Schwerpunkt Energetik
Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum
Als Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum (jetzt offizieller Name der Hauptabteilung WT-DA im Außenverhältnis) konzentriert sich die Hauptabteilung vor allem auf informationstechnische Arbeiten der Fernerkundung mit einem hohen extern finanzierten Aufgaben- und Personalanteil.
1986
Ausbau des DFVLR-Forschungszentrums Oberpfaffenhofen durch die Bayerische Staatsregierung und das Bundesministerium für Forschung und Technik; DFD-Neubau mit Büro- und Betriebsräumen
1988
Das Bundesministerium für Forschung und Technik beauftragt AWI, IfAG und DLR, eine Station in der Antarktis für den Empfang von ERS-1-SAR-Daten und zur Durchführung von VLBI-Messungen aufzubauen.
1989
Aus der DFVLR wird das DLR (noch unter Beibehaltung des eigentlichen Namens). Der Bereich für Projektträgerschaften wird als Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARA) ausgegliedert.
Inbetriebnahme der GARS-O’Higgins für den Empfang von ERS-1 Daten, später auch ERS-2 und Envisat
Start des ersten europäischen Erdbeobachtungssatelliten ERS-1 am 17. Juli
1992
Die Satellitenbodenstation Neustrelitz des Instituts für Kosmos Forschung (IKF) wird nach der Wende auf Empfehlung des Wissenschaftsrates als Fernerkundungsstation Neustrelitz Teil des DFD.
Aufbau der „National Remote Sensing Data Library“ (NRSDL)
SIR-C/X-SAR, zwei Flüge mit den Shuttlemissionen STS-59 vom 9. bis zum 20. April und STS-68 vom 30. September bis zum 11. Oktober
1994–2003
Einsatz der transportablen Station in Libreville (Gabun), insgesamt acht Kampagnen für den Empfang von ERS-Daten. Nach Überholung in Oberpfaffenhofen erfolgt der Einsatz in Chetumal (Mexiko).
1995
Start des zweiten europäischen Erdbeobachtungssatelliten ERS-2 am 21. April
Beginn der Entwicklung des „Data and Information Management System“ (DIMS)
1997
Zusammenführung von DARA und DLR, das fortan Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) heißt
Gründung des Cluster Angewandte Fernerkundung
1997–2001
Einsatz der mobilen Empfangsstation in Kitob (Usbekistan), Bischkek (Kirgisien) und Ulaanbaatar (Mongolei) für den Empfang von ERS-Daten und Landsat-7-Daten
1999–2000
Reorganisation des DFD und Gründung des Institutsverbunds Angewandte Fernerkundung (das Cluster AF) mit den beiden Instituten Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum (DFD; Leiter: Stefan Dech) und Institut für Methodik der Fernerkundung (IMF; Leiter: Richard Bamler)
ESA-Beauftragung als Processing and Archiving Center (PAC) für die Envisat Mission
2002
Start des europäischen Umweltsatelliten Envisat am 1. März
Aufbau einer dritten X-Band-Antenne in Neustrelitz
2002–2003
Durchführung der Phase-A/B-Studie für das TerraSAR-Nutzlastbodensegment durch ein gemeinsames DFD/IMF-Projektteam. Die Phase-B wird mit der Preliminary Design Review (PDR) im Januar 2003 erfolgreich abgeschlossen.
2003
Gründung des World Data Center for Remote Sensing of the Atmosphere
Inbetriebnahme der IKONOS-Empfangsstation auf dem DLR-Gelände in Oberpfaffenhofen, Start der Kooperation mit der Firma European Space Imaging (EUSI)
Winfried Markwitz: Die neuen Aufgaben des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD). In: Die Geowissenschaften. Band 8, Nr. 11–12, 1990, S. 354–356, doi:10.2312/geowissenschaften.1990.8.354.