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Wellenfunktion eines einzelnen Elektrons in einem stationären Zustand Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Atomorbital ist in den quantenmechanischen Modellen der Atome die räumliche Wellenfunktion eines einzelnen Elektrons in einem quantenmechanischen Zustand[1], meist in einem stationären Zustand. Sein Formelzeichen ist meist (kleines Phi) oder (kleines Psi). Das Betragsquadrat als Dichtefunktion wird interpretiert als die räumliche Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit, mit der das Elektron am Ort gefunden werden kann (Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Quantenmechanik). Zusammen mit der Angabe, ob der Spin zu einer festen Achse oder zum Bahndrehimpuls des Elektrons parallel oder antiparallel ausgerichtet ist, beschreibt ein Orbital den Elektronenzustand vollständig.
In den älteren Atommodellen nach Niels Bohr (Bohrsches Atommodell, 1913) und Arnold Sommerfeld (Bohr-Sommerfeldsches Atommodell, 1916) beschreibt ein Orbital eine genaue, durch die Quantisierungsregeln ausgewählte Elektronenbahn. Diese Vorstellung wurde in der Quantenmechanik zugunsten einer diffusen Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons aufgegeben. Das quantenmechanische Atomorbital erstreckt sich für gebundene Elektronen vom Atomkern im Zentrum nach außen bis ins Unendliche, wobei die Aufenthaltswahrscheinlichkeit außerhalb weniger 0,1 nm typischerweise sehr klein ist und für größeren Abstand asymptotisch weiter gegen null geht. Der wahrscheinlichste Abstand vom Atomkern ist für das innerste Orbital gleich dem Radius der 1. bohrschen Kreisbahn.
Anschaulich stellt man ein Orbital gewöhnlich durch die Oberfläche des kleinstmöglichen Volumens dar, in dessen Inneren sich das Elektron mit großer Wahrscheinlichkeit aufhält. Man erhält damit Körper, die ungefähr der Größe und Form der Atome entsprechen, wie sie sich in chemischen Molekülen, kondensierter Materie und der kinetischen Gastheorie bemerkbar machen.
Die gebräuchlichsten Atomorbitale sind die, die sich für das einzige Elektron des Wasserstoffatoms als Lösungen der Schrödingergleichung des Wasserstoffproblems ergeben und 1926 erstmals veröffentlicht wurden. Sie haben verschiedene Formen, die mit bezeichnet werden, wobei der untere Index aus der Hauptquantenzahl der Bahndrehimpulsquantenzahl und der magnetischen Quantenzahl besteht.
Im Orbitalmodell für Atome mit mehreren Elektronen nimmt man an, dass die Elektronen sich unter Berücksichtigung des Pauli-Prinzips auf die Orbitale verteilen. Ein solcher Zustand heißt Elektronenkonfiguration und stellt oft eine brauchbare Näherung für die Struktur der Atomhülle dar, obwohl diese durch zusätzliche Elektronenkorrelationen noch komplizierter ist.
Zur Beschreibung von Elektronen in Molekülen werden Molekülorbitale als Linearkombination von Atomorbitalen gebildet. Elektronen in Festkörpern werden durch Orbitale beschrieben, die die Form von Blochwellenfunktionen haben.
In diesem Artikel wird nur auf gebundene Elektronen in Atomen eingegangen. Eine Vereinfachung des Orbitalmodells ist das Schalenmodell.
Da die Wellenfunktion von drei Variablen abhängt und im Allgemeinen komplexe Werte hat, ist eine vollständige grafische Darstellung in einer Abbildung nicht möglich. Häufig zeigen Bilder von Orbitalen eine Darstellung der Wahrscheinlichkeitsdichte . Dabei wird die Wahrscheinlichkeitsdichte z. B. als Punktwolke visualisiert: Viele dicht liegende Punkte deuten große Wahrscheinlichkeitsdichte an, während in Gebieten geringer Wahrscheinlichkeitsdichte wenige Punkte eingezeichnet werden. Da die Wahrscheinlichkeitsdichte sich im Prinzip ins Unendliche erstreckt, lässt sich keine äußere Begrenzung des Orbitals angeben. Stattdessen kann man Isoflächen gleicher Wahrscheinlichkeitsdichte zeichnen, die durch
definiert sind. Häufig wird die Konstante so gewählt, dass die Wahrscheinlichkeit, das Elektron in dem von der Isofläche umschlossenen Raum zu finden, 90 % beträgt. Durch Abtasten verschiedener Winkel erfährt man etwas über die Form der Isofläche und somit etwas über die „Form des Orbitals“. Wie vom Wasserstoffatom bekannt ist, haben die Eigenfunktionen der stationären Schrödingergleichung einen Radialanteil und einen Winkelanteil :
Da die Winkelabhängigkeit durch eine universelle Kugelfächenfunktion gegeben ist, steckt die jeweils spezifische Information im Radialanteil , der als reellwertige Funktion einer reellen Variablen grafisch dargestellt werden kann.
Nicht selten wird bei der Darstellung einer Isofläche von die Fläche entsprechend dem komplexen Argument von koloriert (wie in dem Bild des p-Orbitals).
Eine einfache Art der schematischen Darstellung der Besetzung von Atomorbitalen ist die Pauling-Schreibweise.
Atomorbitale können durch drei Quantenzahlen festgelegt werden und bieten dann Platz für zwei Elektronen mit entgegengesetztem Spin. Alternativ können Atomorbitale durch vier Quantenzahlen festgelegt werden und bieten dann Platz für nur jeweils ein Elektron.
Die Hauptquantenzahl bezeichnet die Schale (Bezeichnung auch K-Schale, L-Schale, M-Schale …), zu der das Orbital gehört. Im bohrschen Atommodell gibt das Energieniveau an, beginnend mit dem tiefsten, dem Grundzustand
Als ungefähre Regel gilt: Je größer , desto geringer die Bindungsenergie des Elektrons und damit desto größer die Wahrscheinlichkeit, das Elektron weiter entfernt vom Atomkern zu finden. Das gilt auch für Atome mit mehreren Elektronen. Bei Wechselwirkungen zwischen Atomen, die sich nahe kommen, (wie Stößen von Gasmolekülen, Raumerfüllung in kondensierter Materie, chemischen Bindungen) spielen deshalb die Elektronen mit der größten Hauptquantenzahl die wichtigste Rolle (die Elektronen der Valenzschale).
Die Anzahl der -Orbitale in einer Schale ergibt sich zu Unter Berücksichtigung des Pauli-Prinzips kann die Schale mit maximal Elektronen besetzt werden, dann ist sie abgeschlossen. Die entsprechenden Atome gehören zu den Edelgasen.
Die Neben- oder Bahndrehimpulsquantenzahl innerhalb einer Schale beschreibt den Betrag des Bahndrehimpulses des Elektrons. Mit der Quantenzahl zusammen wird damit die winkelabhängige „Form“ des Orbitals festgelegt. Sie ist für alle Hauptquantenzahlen (beachte ) dieselbe.
Statt der Ziffern 0, 1, 2 … wird die Nebenquantenzahl in der Literatur meist durch die Buchstaben s, p, d, f … bezeichnet, abgeleitet von den ursprünglich gebrauchten Bezeichnungen „sharp, principal, diffus, fundamental“ für die korrespondierenden Spektrallinien; diese konkrete Bedeutung ist seit langem unwesentlich geworden:
-Orbital | -Orbitale | -Orbital |
---|---|---|
Vereinfachte Form eines p-Orbitals . Die Färbung steht für das Vorzeichen der Wellenfunktion. Dargestellt ist eine Isofläche von . |
Vereinfachte Formen der verschiedenen d-Orbitale (jeweils ). Für die jeweiligen Orbitale ist eine Isofläche der Wahrscheinlichkeitsdichte dargestellt. | Form eines 4p-Orbitals . Die Färbung steht für das Vorzeichen der Wellenfunktion. |
Name | ehemalige Bedeutung | Nebenquantenzahl | Form | Anzahl |
---|---|---|---|---|
s-Orbital | sharp | kugelsymmetrisch | 1 | |
p-Orbital | principal | hantelförmig | A2 | 3|
d-Orbital | diffuse | gekreuzte Doppelhantel | 5 | |
f-Orbital | fundamental | rosettenförmig | 7 | |
g-Orbital A1 | (alphabetische Fortsetzung) | rosettenförmig | 9 | |
h-Orbital A1 | (alphabetische Fortsetzung) | rosettenförmig | 11 |
Anmerkungen:
Die Orbitale charakterisieren streng genommen nur die stationären Elektronen-Wellen in Systemen mit nur einem Elektron (wie z. B. Wasserstoffatom H, Heliumion He+, Lithiumion Li2+ usw.). Da die Form der Orbitale auch in Mehrelektronensystemen in etwa erhalten bleibt, reicht ihre Kenntnis aus, um viele qualitative Fragen zur chemischen Bindung und zum Aufbau von Stoffen zu beantworten.
Dabei ist zu beachten, dass die in der Literatur dargestellten Orbitale zuweilen nicht die Eigenzustände zur magnetischen Quantenzahl der z-Komponente des Drehimpulsoperators sind. Z. B. wird von den p-Orbitalen nur der eine Eigenzustand für den Eigenwert dargestellt und als pz bezeichnet. Die mit px und py bezeichneten Orbitale sind jedoch nicht die entsprechenden Eigenzustände für sondern sind deren Superpositionen. Sie sind Eigenzustände zu den Operatoren bzw. jeweils zu die aber nicht mit kommutieren. Für die Schlussfolgerungen ist das kein Problem, solange die entsprechenden Wellenfunktionen orthogonal sind.
Je größer , desto größer ist bei festem die mittlere Entfernung des Elektrons vom Atomkern:
Da bei Atomen mit mehreren Elektronen die inneren Elektronen die anziehende Kernladung abschirmen, verringert sich die Bindungsenergie der äußeren Elektronen. Da die mittleren Kernabstände von der Nebenquantenzahl abhängen, ergeben sich zum gleichen je nach Nebenquantenzahl verschiedene Energieniveaus innerhalb derselben Schale. Diese werden auch als Unterschalen der Hauptschale (zu festem ) bezeichnet.
Die Anzahl der Unterschalen je Schale ist gleich der Hauptquantenzahl :
Pro Unterschale gibt es Orbitale (jeweils mit anderer Magnetquantenzahl , s. folgenden Abschnitt), was auf insgesamt Orbitale pro Schale führt.
Die Magnetquantenzahl
gibt die z-Komponente des Bahndrehimpulsvektors gegenüber einer (frei gewählten) z-Achse an. Das entspricht anschaulich einem Neigungswinkel
Dass bei gegebenem genau verschiedene Werte möglich sind, wird als Richtungsquantelung bezeichnet.
Wenn kein äußeres Feld anliegt, haben die einzelnen Orbitale einer Unterschale gleiche Energie. Dagegen spaltet im Magnetfeld die Energie innerhalb der Unterschale in äquidistante Werte auf (Zeeman-Effekt), d. h., jedes einzelne Orbital entspricht dann einem separaten Energieniveau.
Bei den leichteren Atomen braucht man den Elektronenspin nur in der Form zu berücksichtigen, dass jedes Orbital von genau einem Elektronenpaar besetzt werden kann, dessen zwei Elektronen nach dem Pauli-Prinzip entgegengesetzte magnetische Spinquantenzahlen aufweisen ().
Zu den schweren Atomen hin wird die Spin-Bahn-Wechselwirkung stärker. Sie bewirkt die Aufspaltung der Energie einer Unterschale mit bestimmten in zwei Unterschalen, je nach Wert des Gesamtdrehimpulses Die magnetische Quantenzahl durchläuft Werte. Jedes dieser Orbitale kann von einem Elektron besetzt werden, sodass die Gesamtzahl der Plätze gleich bleibt. In der Bezeichnung wird der Wert für als unterer Index an das Symbol für angefügt, z. B.
Aus der nichtrelativistischen Quantentheorie ergeben sich die Orbitale wie folgt: Die Wechselwirkung zwischen Elektron und Atomkern wird durch das Coulombpotential beschrieben, der Atomkern als fix angenommen. Der Hamiltonoperator für das Ein-Elektron-System ist
mit dem Potential
Da der Hamiltonoperator mit dem Drehimpulsoperator kommutiert, bilden und ein vollständiges System kommutierender Observablen. Zu diesen drei Operatoren gibt es also gemeinsame Eigenzustände, die durch die drei zugehörigen Quantenzahlen bestimmt sind.
Die Schrödingergleichung
lässt sich in einen radius- und einen winkelabhängigen Teil zerlegen. Die Eigenfunktionen sind das Produkt aus einer Kugelflächenfunktion (Eigenfunktion des Drehimpulsoperators) und einer radialen Funktion
Diese sind bis in der folgenden Tabelle normiert dargestellt. Dabei bezeichnen den Bohrschen Radius und die Kernladungszahl.
Die in der folgenden Tabelle dargestellten Orbitale sind alle um die z-Achse ausgerichtet, weil es sich um Eigenfunktionen des -Operators handelt. Für Ausrichtung eines Orbitals mit gegebenem Bahndrehimpuls in eine beliebige andere Richtung muss man Linearkombinationen der Wellenfunktionen zu den verschiedenen bilden. Die grafische Darstellung zeigt ein Volumen, auf dessen Oberfläche die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte konstant ist. Die Farben kodieren die komplexe Phase der Wellenfunktion.
Orbital | Wellenfunktion des Orbitals | Form des Orbitals (nicht maßstäblich) | |||
---|---|---|---|---|---|
1s | 1 | 0 | 0 | ||
2s | 2 | 0 | 0 | ||
2p0 | 2 | 1 | 0 | ||
2p−1/+1 | 2 | 1 | ±1 | ||
3s | 3 | 0 | 0 | ||
3p0 | 3 | 1 | 0 | ||
3p−1/+1 | 3 | 1 | ±1 | ||
3d0 | 3 | 2 | 0 | ||
3d−1/+1 | 3 | 2 | ±1 | ||
3d−2/+2 | 3 | 2 | ±2 |
Ein natürliches Orbital ist ein Orbital, das sich nicht als Eigenfunktion eines Hamiltonoperators ergibt, sondern als Eigenfunktion eines Einelektronen-Dichteoperators. Dieser wird aus einem vorgegebenen Vielteilchenzustand gewonnen, der beispielsweise auch Elektronenkorrelationen enthalten kann und damit über den Rahmen eines Einzelteilchenmodells hinausgeht. Die mit den natürlichen Orbitalen gebildete Elektronenkonfiguration ergibt die beste Annäherung an den anfangs gegebenen Vielteilchenzustand, die mit einem Einzelteilchenmodell möglich ist.
Werden Orbitale als Eigenfunktionen eines Operators definiert, der zu einer Energie korrespondiert, dann sind diese Orbitale im Rahmen des gewählten Modells stationär. Beispiele hierfür sind die Hartree-Fock-Orbitale als Eigenfunktionen des Fockoperators und die Kohn-Sham-Orbitale, die Eigenfunktionen des Kohn-Sham-Hamilton-Operators sind. Im Gegensatz dazu sind die sogenannten natürlichen Orbitale, als Eigenfunktionen des reduzierten Einelektronen-Dichteoperators, nicht stationär.
Einige Symmetrien von chemischen Bindungen scheinen den charakteristischen Formen der Orbitale zu widersprechen. Diese Bindungen werden durch die Bildung von Hybrid-Orbitalen verständlich, die sich bei Anwesenheit von Elektronen mit verschiedenem Bahndrehimpuls bilden können, wenn sie energetisch nahezu gleichwertig sind (siehe oben).
Die Interpretation von Orbitalen als Wellenfunktionen je eines Elektrons ist nur bei Einzelelektronensystemen eindeutig möglich. Eine Wellenfunktion für N Elektronen kann dann konstruiert werden, indem man N Orbitale in eine Slater-Determinante einsetzt. Dies garantiert die für Fermionen notwendige Antisymmetrie der gesamten Wellenfunktion, kann aber darüber hinaus gehende Elektronenkorrelationen nicht darstellen. Um auch die Elektron-Elektron-Wechselwirkung näherungsweise zu berücksichtigen, können die Orbitale durch Hartree-Fock-, Kohn-Sham-Rechnungen (siehe: Dichtefunktionaltheorie in der Quantenphysik) oder MCSCF-Rechnungen (MCSCF: Multiconfiguration Self Consistent Field) bestimmt werden. Doch stets bleibt gültig, dass anders gewählte Orbitale, wenn sie linear unabhängige Linearkombinationen der ursprünglichen sind, mathematisch die gleiche Slater-Determinante ergeben, sodass man aus einer gegebenen Mehrteilchen-Wellenfunktion nicht eindeutig zurückschließen kann, welches die einzelnen besetzten Orbitale sind.
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