Wikimedia-Liste Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die chinesischen Sprichwörter spiegeln das traditionelle Leben wider und bilden die Quintessenz der Lebenserfahrung des chinesischen Volkes.
Bei den sprichwörtlichen Redensarten (chinesisch 熟語 / 熟语, Pinyin shúyǔ – „vertrautes Sprichwort, idiomatische Wendung, Idiom“) werden im Allgemeinen Chengyu (成語 / 成语), also Redewendungen in festgelegter Form meist aus vier Zeichen bestehend, und Yanyu (諺語 / 谚语), die eigentlichen Sprichwörter, unterschieden. Daneben gibt es Sonderformen der chinesischen Sprichwortkultur wie das Xiehouyu, ein angedeutetes Sprichwort oder Sprichwortellipse genannt. Bei dieser rhetorische Figur wird allgemein der hintere Teil des gesamten Sprichwortes weggelassen werden und nur der vordere Teil des Sprichworts genannt. Schließlich bilden Nongyan, also bäuerliche Weisheiten des Alltags, eine eigenständige Kategorie der Sprichwörter in der chinesischen Sprache. Die Grenzen der Kategorien überschneiden sich gelegentlich und sind auch nicht immer klar abgrenzbar.
China ist bekannt für seine Sprichwortkultur (成語文化 / 成语文化, chéngyǔ wénhuà). Sich in Anlehnung an ein klassisches Werk angemessen auszudrücken, zeugt von Bildung. In der klassischen Rhetorik galten Zitate bekannter Persönlichkeiten als wichtigstes Stilmittel. Das häufige Zitieren von Spruchweisheiten zeugt auch heute noch von gutem Stil.
Eine chinesische Germanistikstudentin berichtet von dem unterschiedlichen Stellenwert, den Sprichwörter in Deutschland und China einnehmen:
Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass in Deutschland die Eigenleistung durch die Interpretation mit eigenen Worten im Mittelpunkt steht und in der westlichen Kultur und Sprachgewohnheit etwas individuell und direkt ausgedrückt werden soll. Hingegen wird in China traditionell als Bestätigung zum Verständnis und zur Leistung mehr Wert auf das korrekte Wiedergeben und Zitieren von anderen gelegt, welches zusätzlich auch als Würdigung verstanden werden kann. Dies spiegelt sowohl sprachlich als auch kulturell den Unterschied im Denken und Handeln beider Kulturen, verwurzelt in der bildlichen Schrift, und verdeutlicht die Gewohnheit in der chinesischen Sprache, Dinge poetisch bildhaft auszudrücken. Diese Tatsache gründet historisch im Konfuzianismus und sprachlich verstärkt durch die lange Tradition der klassischen Rhetorik in der chinesischen Kultur, wo das Lernen von anderen und deren Würdigung als tugendhaft, indirekte Ausdrucksweise und Verhalten in der chinesischen Gesellschaft als gebildet, zivilisiert und höflich gilt.
Am bekanntesten sind die Chengyu (成語 / 成语, chéngyǔ, Jyutping sing4jyu5 – „zum Sprichwort werden“; veraltete Transkription nach Lessing-Othmer: Tschëngyü; Stange: Tsch’engyü; Unger: ch’engyüh; Ad-hoc-Umschrift: Tschengju), viergliedrige Redewendungen, die oft einen literarischen Hintergrund haben. Chengyu sind Verkürzungen längerer Äußerungen. Oft sind die Hintergrundgeschichten in Vergessenheit geraten, während die Redewendung geblieben ist. In seltenen Fällen weicht manche Chéngyǔ von der Norm ab und sind drei- oder fünfgliedrig, d. h., sie haben drei oder fünf Schriftzeichen pro Glied (siehe 百聞不如一見 / 百闻不如一见, Bǎiwén bùrú yíjiàn).
Yanyu (諺語 / 谚语, yànyǔ, Jyutping jin6jyu5 – „Redewendung des Volkes“) sind Spruchweisheiten, die zum Volksgut geworden sind. Mit ihren direkten Aussagen werden sie – anders als die hochstilisierten Chengyu, die einen bestimmten Bildungsgrad voraussetzen – auch vom einfachen Volk verstanden.
Eine selbstständige Gruppe bilden die Bauernsprichwörter Nongyan (農諺 / 农谚, nóngyán, Jyutping nung4jin6 – „Redewendung der Bauern, bäuerliche Alltagsweisheit, Bauernweisheit“). Hierbei geht es um Vorzeichen, die mit der Landwirtschaft zu tun haben, und um Sprichwörter, die den Zeitpunkt von Aussaat und Ernte betreffen. Sie entsprechen im deutschsprachigen Raum am ehesten den Bauernregeln.
Ein besonderer Typ sind die angedeutete Sprichwörter Xiehouyu (歇後語 / 歇后语, xiēhòuyǔ, Jyutping hit3hau6jyu5 – „Sprichwort, das vor dem hinteren Teil pausiert, Ausdrücke mit unausgesprochenem Schluss“).
Xiehouyu stellen eine spezielle Form der chinesischen Redensarten dar. Sie sind vornehmlich in der gesprochenen Sprache anzutreffen. Es handelt sich dabei um zweigliedrige Phraseme, die in der Regel aus einem bildhaften A-Teil und einem idiomatischen B-Teil – der manchmal unausgesprochen bleibt – bestehen. Die Bilder aus dem A-Teil beschreiben vor allem Dinge aus dem chinesischen Alltag, aber auch historische Personen und Begebenheiten. Die Idiome aus dem B-Teil fallen in den Bereich der chinesischen Umgangssprache.
Wörterbuch:
Video:
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.