Loading AI tools
Art der Gattung der Stendelwurzen (Epipactis) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine), auch Breitblättrige Sumpfwurz oder Breitblättrige Sitter genannt, gehört zur Gattung der Stendelwurzen (Epipactis) in der Familie der Orchideen (Orchidaceae). Der heute gebräuchliche deutsche Name Breitblättrige Stendelwurz ist eine wörtliche Übersetzung eines früheren Synonyms dieser Orchideenart (Epipactis latifolia (L.) All. 1785). Diese Pflanzenart ist in ihrem Bestand in Deutschland noch weitgehend ungefährdet. Seit den 1970er Jahren ist jedoch ein Rückgang der Vorkommen feststellbar. Um auf diesen Umstand hinzuweisen, wurde die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine) von den Arbeitskreisen Heimische Orchideen (AHOs) zur Orchidee des Jahres 2006 gekürt.
Breitblättrige Stendelwurz | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Epipactis helleborine | ||||||||||||
(L.) Crantz |
Die Breitblättrige Stendelwurz ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen zwischen 20 und 100 Zentimetern erreicht. Dieser Geophyt bildet ein Rhizom. Der kräftige Stängel ist kahl. Am unteren Ende des Stängels befinden sich die ovalen 4 bis 10 Zentimeter breiten Stängelblätter.
Sie beginnt Ende Mai auszutreiben und blüht zwischen Ende Juli und Ende August. Ihre zygomorphen Blüten sind weißrosa bis grünlich und haben den typischen Orchideenaufbau. Nach der Bestäubung, oft durch Faltenwespen, entwickeln sich Kapselfrüchte, die sich im August und September öffnen und so den Samen ausfallen lassen. Der staubfeine Samen kann mit dem Wind sehr weit getragen werden.
Die Chromosomenzahl ist 2n = 40[1]. Es kommen aber auch die Zahlen 2n = 36, 38 oder 44 vor.[2]
Die Breitblättrige Stendelwurz ist ein Rhizom-Geophyt mit endotropher Mykorrhiza vom Orchideen-Typ. Der Pilzpartner ist gleichzeitig Mykorrhiza-Partner von Waldbäumen, und organische Substanzen, die aus dem Baum stammen, sind auch in der Orchidee nachzuweisen.
Die Blüten sind „Lippenblumen vom Orchis-Typ“, ohne Sporn. Die Unterlippe besteht aus 2 gelenkartig miteinander verbundenen Teilen, der hintere wannenförmige Teil trägt das Nektarium. Bestäuber, z. B. Faltenwespen, Bienen und Fliegen, heften sich, wenn sie wieder zurückkriechen, durch Berühren der Klebdrüse das ungestielte Pollinium an den Kopf, das dann auf andere Blüten übertragen wird. Wespen besuchen zwar die Blüten, tragen aber nicht zur Bestäubung bei, da sie sich die Pollinien nicht anheften. Selbstbestäubung ist selten. Blütezeit ist von Juli bis August.
Die Früchte sind hängende Kapseln, die sich bei Trockenheit mit Längsspalten öffnen. Die Kapseln setzen winzig kleine Samen in sehr großer Zahl frei, nämlich etwa 10.000 Samen pro Frucht. Sie werden durch den Wind ausgeblasen und breiten sich als Körnchenflieger mit einer Sinkgeschwindigkeit von 20 cm/s aus; dadurch können Flugweiten über 10 km erreicht werden. Fruchtreife ist von August bis September.
Vegetative Vermehrung erfolgt durch Verzweigung des Rhizoms.
Diese Orchidee wächst in Europa, Asien und Nordafrika, als Neophyt auch in Nordamerika. In Europa kommt sie in fast allen Ländern vor und fehlt nur in Island und in Moldau.[3]
In den Laubwäldern auf den Jungmoränenplatten Norddeutschlands ist sie die am häufigsten vorkommende Orchidee. Diese Art wächst oft an Waldrändern und Lichtungen, da sie lichte bis halbschattige Wuchsorte bevorzugt. Gegenüber dem Kalkgehalt des Bodens ist diese Pflanzenart bis zu einem gewissen Grad anspruchslos. Sie toleriert zwar in seltenen Fällen kalkfreie Böden, kommt aber in Regionen mit solchen Böden hauptsächlich nahe oder direkt an Waldwegen mit Kalkschotterauflage vor. In den Allgäuer Alpen steigt sie im Schänzle am Schänzlekopf in Bayern bis zu 1730 m Meereshöhe auf.[4]
Nach Baumann und Künkele hat die Art in den Alpenländern folgende Höhengrenzen: Deutschland 5–1400 Meter, Frankreich 0–2360 Meter, Schweiz 300–1860 Meter, Liechtenstein 446–1890 Meter, Österreich 180–1550 Meter, Italien 30–2000 Meter, Slowenien 50–1490 Meter.[5] In Europa steigt die Art bis 2360 Meter auf, in Sikkim bis 4000 Meter Meereshöhe.[5] Die Breitblättrige Stendelwurz kommt in Gesellschaften der Verbände Fagion, Carpinion, Alno-Ulmion, seltener auch in denen des Quercion pubescentis vor.[2]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2w+ (mäßig trocken aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[6]
Die Art ist in Deutschland durch die BArtSchV besonders geschützt.[7]
Die Breitblättrige Stendelwurz wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum Tomus II, S. 949 als Serapias helleborine erstbeschrieben. Die Art wurde 1769 von Heinrich Johann Nepomuk von Crantz als Epipactis helleborine (L.) Crantz in Stirpium Austriarum Fasciculus ed. 2, Band 2, Teil 6, S. 467 in die Gattung Epipactis gestellt.[3]
Die Variationsbreite der Breitblättrigen Stendelwurz ist beträchtlich. Es lassen sich nach R. Govaerts folgende Unterarten und Varietäten unterscheiden:[8]
Für die Breitblättrige Stendelwurz bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Frauenschüle, wild Niesswurz, Sumpfwurz (Thüringen), Wiesendingel (Schlesien) und Zywbel (Aargau).[9]
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.