Bei Bingelkraut-Arten handelt sich um einjährige oder ausdauernde krautige Pflanzen, seltener auch um verholzende Pflanzen, die keinen weißen Milchsaft enthalten. Die gegenständigen, ganzrandigen bis gezähnten Laubblätter sind je nach Art eiförmig bis -lanzettlich. An der Stielbasis können kleine Drüsen vorkommen. Oft sind bleibende Nebenblätter vorhanden.
Generative Merkmale
Die meisten Mercurialis-Arten sind zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch), selten sind sie einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die männlichen Blüten stehen geknäuelt in blattachselständigen ährigen Blütenständen, die weiblichen Blüten stehen in Ähren oder in blattachselständigen Knäueln. Da die obersten Laubblätter oft etwas gedrängt stehen, überragen die Ähren sie allerdings meist weit, so dass der Eindruck von endständigen Ähren entsteht.
Die Blüten mit einfacher Blütenhülle, die Kronblätter fehlen, sind unauffällig grün oder gelblich-grün und haben nur einen drei- oder vierzähligen Blütenhüllblattkreis. Die männlichen Blüten besitzen meist acht bis 15, selten bis 20 Staubblätter. Die weiblichen Blüten enthalten außer dem oberständigen zwei- bis dreiteiligen Fruchtknoten, mit federigen Narbenästen, ein paar Staminodien oder, je nach Interpretation, längliche Diskuslappen.
Die zweilappigen Kapselfrüchte werden mit teils beständiger „Columella“ gebildet. Die Samen besitzen teils einen Arillus oder eine Caruncula.
Die Gattung Mercurialis wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 1035[3] aufgestellt.[1][2] Der wissenschaftliche Gattungsname Mercurialis leitet sich vom römischen Gott Mercurius ab,[2] der der Sage nach die Heilkräfte der Pflanze entdeckt haben soll. Synonyme für MercurialisL. sind: CynocrambeHill, DiscoplisRaf., SynemaDulac.[1][4][1]
Die Gattung Mercurialis gehört zur Subtribus Mercurialinae aus der Tribus Acalypheae in der Unterfamilie Acalyphoideae innerhalb der Familie Euphorbiaceae.[5]
Arten und ihre Verbreitung
Die meisten Mercurialis-Arten kommen im westlichen Mittelmeerraum vor, zwei bis drei Arten im gemäßigten Europa (Mercurialis annua, Mercurialis perennis und Mercurialis ovata), und eine Art (Mercurialis leiocarpa) ist in Süd- und Ostasien verbreitet.
Die Gattung Mercurialis enthält je nach Autor acht bis zehn Arten:[1][4]
Einjähriges Bingelkraut (Mercurialis annuaL., Syn.: Synema annuum(L.) Dulac, Discoplis serrataRaf., Mercurialis ambiguaL. f., Mercurialis ciliataC.Presl, Mercurialis ladanumHartm., Mercurialis monoica(Moris) B.M.Durand, Mercurialis pinnatifidaSennen, Mercurialis tarraconensisSennen, Mercurialis annua subsp. ambigua(L. f.) Arcang., Mercurialis annua var. ambigua(L. f.) Duby, Mercurialis annua var. angustifoliaGaudin, Mercurialis annua var. camberiensisChabert, Mercurialis annua var. capillaceaGuépin, Mercurialis annua var. dioicaMoris, Mercurialis annua var. laciniataMüll.Arg., Mercurialis annua var. monoicaMoris, Mercurialis annua var. transsylvanicaSchur, Mercurialis annua var. variegataLöhr) Sie kommt in Makaronesien, Süd- und Mitteleuropa und im Mittelmeerraum bis zur Arabischen Halbinsel vor.[1][4]
Mercurialis canariensisObbard & S.A.Harris: Sie kommt nur auf den Kanarischen Inseln vor.[4]
Mercurialis corsicaCoss. & Kralik: Sie kommt nur auf Korsika und Sardinien vor.[4]
Mercurialis ellipticaLam.: Sie kommt nur auf der südlichen Iberischen Halbinsel und in Marokko vor.[4]
Mercurialis huetiiHanry (Syn.: Mercurialis annua var. huetii(Hanry) Müll.Arg., Mercurialis annua subsp. huetii(Hanry) Lange, Mercurialis ovata subsp. huetii(Hanry) Nyman): Sie kommt nur vom südöstlichen Frankreich bis nordöstlichen Spanien und in Marokko vor.[4]
Mercurialis leiocarpaSiebold & Zucc. (Syn.: Mercurialis transmorrisonensisHayata, Mercurialis leiocarpa var. transmorrisonensis(Hayata) H.Keng, Mercurialis leiocarpa var. trichocarpaW.T.Wang): Sie ist in China, Bhutan, im nordöstlichen Indien, in Nepal, im nördlichen Thailand, in Korea und in Japan verbreitet.[4]
Eiblättriges Bingelkraut (Mercurialis ovataSternb. & Hoppe, Syn.: Mercurialis perennis var. ovata(Sternb. & Hoppe) Müll.Arg.,Mercurialis perennis subsp. ovata(Sternb. & Hoppe) Celak., Mercurialis lividaPort. ex Baumg., Mercurialis ovata var. livida(Port. ex Baumg.) Nyman): Es kommt in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, in der Türkei, im westlichen Syrien sowie im Kaukasusraum vor.[4] Es kommt in Deutschland nur in Bayern im Donaugebiet vor; sonst in Mitteleuropa findet es sich zerstreut in Tirol, Kärnten, Niederösterreich, der Steiermark und im Burgenland, in der Schweiz in Graubünden, in Tschechien und in Südtirol.[6]
Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennisL., Syn.: Synema perenne(L.) Dulac, Mercurialis cynocrambeScop., Mercurialis nemoralisSalisb., Mercurialis sylvaticaHoppe, Mercurialis longifoliaHost nom. illeg., Mercurialis perennis var. brachyphyllaWillk., Mercurialis alpinaSchur, Mercurialis perennis var. subalpinaSchur, Mercurialis perennis subvar. sylvatica(Hoppe) Nyman, Mercurialis sylvestrisBubani) Sie kommt in Mitteleuropa und im Mittelmeerraum bis in den nördlichen Iran vor.[4]
Mercurialis reverchoniiRouy (Syn.: Mercurialis annua var. serratifoliaBall, Mercurialis serratifolia(Ball) Pau, Mercurialis reverchonii var. riatarumMaire, Mercurialis reverchonii var. serratifolia(Ball) Maire): Sie kommt nur im südwestlichen Spanien und in Marokko vor.[4]
Mercurialis ×paxiiGraebn. = Mercurialis ovata × Mercurialis perennis:[4] Diese Hybride kommt in Bayern im Donaugebiet und in Österreich um Wien vor.[6]
Namensherkunft und weitere Trivialnamen
Der deutsche Trivialname Bingelkraut stammt vermutlich von Bunge=Knolle[7] bzw. Bingel=Hoden und bezieht sich auf die stachelig-haarigen Früchte, die oft paarweise stehen. Man findet es auch unter den Volksnamen Schuttbingel, Wintergrün, Hundskohl sowie Büngelkraut.
Bingelkraut-Arten finden kaum noch als Heilpflanze Verwendung. Ihre abführende Wirkung ist belegt.[8][9]
Einzig dem Wald-Bingelkraut wird eine leichte Giftigkeit zugeschrieben. Der höchste Wirkstoffgehalt wird bei der Fruchtreife erreicht. Vergiftungen beim Menschen sind kaum möglich. Aufgrund dessen, dass Tiere größere Mengen mit Nahrung aufnehmen, reagieren Pferde, Schweine oder Wiederkäuer eher sensibel.[8]
Henning Haeupler, Thomas Muer:Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (=Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.):Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 14. Auflage. Band2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin (DDR) 1988, ISBN 3-06-012539-2.
Huaxing Qiu, Michael G. Gilbert: Mercurialis Linnaeus. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.):Flora of China. Volume 11: Oxalidaceae through Aceraceae. Science Press/ Missouri Botanical Garden Press, Beijing/ St.Louis 2008, ISBN 978-1-930723-73-3, S.247 (englisch, online). (Abschnitte Beschreibung und Verbreitung)
Mercurialisim Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.Abgerufen am 16. August 2013.
Michael Koltzenburg: Mercurialis. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024, ISBN 978-3-494-01943-7. S. 459.
Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen. Mit Sonderteil über Gifttiere. 5. erweiterte Auflage. Nikol, Hamburg 2008, ISBN 978-3-86820-009-6. S. 495–496.
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