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Das Bildungssystem in Rumänien umfasst die Stufen der Vorschule, Primärbildung, Sekundarbildung mit einer Differenzierung in Berufsschulen und Lyzeen sowie die Tertiärbildung. Durch die rumänische Verfassung, Artikel 32, ist ein freier Zugang zur Bildung garantiert. Das nationale Bildungsministerium übt die Kontrolle aus. Ein privater Bildungssektor besteht vornehmlich im Vorschulwesen und in der Hochschulbildung. Hinzu kommen einige internationale Bildungseinrichtungen wie die Deutsche Schule Bukarest.
Im Jahr 2022 gab es ca. 7070 Schulen mit etwa 3,47 Mio. Schülern.[1] Viele Schulen in den Städten arbeiten im Schichtbetrieb: Weil es mehr Schüler als Räume gibt, geht ein Teil morgens zur Schule, ein anderer Teil nachmittags. Das Schuljahr beginnt Mitte September und endet Mitte Juni im nächsten Jahr, die Sommerferien dauern drei Monate. Eine Schulstunde dauert 50 Minuten, dann folgt eine 10-minütige Pause. Im Winterhalbjahr wird das mancherorts auf 45 Minuten Schulstunde und fünf Minuten Pause verringert, damit die Kinder früher zu Hause sind. Durch den Bau von Mittelpunktschulen sind längere Schulwege entstanden.
Zu den traditionellen Bildungsproblemen gehört die Durchsetzung der Schulpflicht auf dem Land, wo etwa einkommensschwache oder Roma-Familien[2] diese nicht durchgehend beachten. Die Schulabbrecherquote liegt bei im EU-Vergleich hohen 15,3 %.[3]
Der Kindergarten (grupa mijlocie) ist nicht verpflichtend, doch seit 2012 besuchen alle Kinder mit etwa sechs Jahren eine Vorbereitungsklasse, die Clasa Pregătitoare. Die Grundschule (şcoala primară) umfasst dann vier Jahre, worauf weitere vier Jahre auf einer weiterführenden gesamtschulartigen Mittel- oder Sekundarschule (gimnaziu) folgen. Nach der achten Klasse – mit etwa vierzehn Jahren – kann die Schule verlassen werden, was aber nur wenige tun. Die Schüler legen ein Examen, die Evaluarea Națională, ab, deren Ergebnis sie für die weiterführenden Schulen qualifiziert. Durchschnittliche und ausreichende Ergebnisse berechtigen den Schüler, die zwei- oder dreijährige Ganztagesberufsschule (kein Arbeitsverhältnis im Privatbetrieb) zu besuchen, um das Berufschulexamen (certificat de calificare profesională, EQF III) abzulegen und dann ins Berufsleben einzusteigen. Seit 2017 gibt es erst eine duale Ausbildung mit Praxisanteilen in einem privaten Betrieb.
Wer im Examen gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt hat, kann ein Lyzeum (liceu) besuchen, entweder ein theoretisches (liceu teoretică) oder ein berufsspezifisches Lyzeum (liceu vocaţională oder liceu tehnologică). Theoretische Lyzeen haben ein festes Fächerspektrum mit zwei Grundtypen, entweder naturwissenschaftlich oder sprachlich-sozialwissenschaftlich geprägt. Allerdings kann der Schüler auch eine Schule auswählen, deren Fächer ihn besonders interessieren. Es gibt technische, fremdsprachliche, kirchliche und noch viele weitere Lyzeen. Der Unterschied zum theoretischen Lyzeum besteht darin, dass dort die Schwerpunkte der Hauptfächer auf bestimmte Berufsfelder zugeschnitten sind, zum Beispiel auf Landwirtschaft, Pädagogik, Militär, Sport, Kunst. Nach vier Jahren können die Schüler dann zwei Prüfungen ablegen, das sogenannte Qualifikationsexamen (Berufsqualifikation) und das Abitur, identisch mit dem der theoretischen Lyzeen. Der Berufsbildungsabschluss am technologischen Lyzeum ist noch höherwertiger (certificat de calificare, Europäischer Qualifikationsrahmen EQF IV). Insgesamt besteht eine hohe Durchlässigkeit zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung, um Sackgassen zu vermeiden.
Bis zum Abitur (bacalaureat) dauert es seit 2020 vier Jahre. Das Zentralabitur umfasst schriftliche Prüfungen in Rumänisch, Mathematik, Chemie oder Physik, in einer Fremdsprache und Geschichte legt man eine mündliche Prüfung ab. Außerdem kann der Schüler für eine schriftliche oder mündliche Prüfung ein zusätzliches Fach wählen. Die Durchfallquote ist hoch, die Schuldisziplin eher lasch.[4][5]
In den ersten vier Schuljahren gibt es nur vier Noten: FB ist die Abkürzung für Foarte bine und bedeutet sehr gut, B ist gut, S ist befriedigend und N/I ist durchgefallen. Ab der fünften Klasse gibt es die Noten 1 bis 10, wobei 10 die beste Note ist. Zum Bestehen eines Tests braucht man mindestens eine 5.
Die meistgewählten Fremdsprachen sind Englisch und Französisch. Für die ethnischen Minderheiten wie die ungarische und deutsche Minderheit sind Ansprüche auf Minderheitenschulen in der Verfassung verankert. So gibt es 9000 Schüler im deutschsprachigen Schulsystem[6], über 60 Schulen gibt es von der Grundschule bis zum Lyzeum, so das Samuel-Brukenthal-Gymnasium in Sibiu.[7] Daneben gibt es Schulen mit einem deutschsprachigen Zweig, so das Colegiul Național George Coșbuc in Klausenburg.[8] Die beiden rumäniendeutschen Nobelpreisträger Herta Müller (Literatur 2009) und Stefan Hell (Chemie 2014) besuchten das deutschsprachige Nikolaus-Lenau-Lyzeum in Temeswar im Banat.
Es gibt einen Religionsunterricht mehrerer Konfessionen[9] an allen Schulformen, den etwa die Hälfte der Schüler besucht. Religion kann Abiturprüfungsfach sein.[10][11]
Rumänien wurde 1989 berüchtigt wegen der grausamen Zustände in den Behindertenheimen für Kinder, so im Heim Cighid. Die Zustände sind verbessert worden, bleiben aber oft prekär.[12]
Rumänien verfügt über 97 Universitäten, universitäre Institute, Akademien und Fachhochschulen. In den letzten Jahren sind neben den 56 staatlichen auch mindestens 41 private Hochschulen entstanden. Sie entscheiden über die Zulassung der sich bewerbenden Studenten. Die Studienfolge und -dauer entsprechen dem Bologna-System.[13] Die größte Universität ist die Babes-Bolyai-Universität in Cluj mit 41.000 Studenten, die Bukarester Akademie für Wirtschaftsstudien (gegründet 1913) ist sehr international ausgerichtet. An der Medizinischen und Pharmazeutischen Universität Iuliu Hațieganun in Cluj, in Targu Mures an der Universität für Medizin, Pharmazie, Naturwissenschaften und Technik (mit Außenstandort in Hamburg) und in Iasi.(Geburtsort des Medizinnobelpreisträgers George E. Palade, 1912–2008) können auch Ausländer in englischer Sprache Medizin/Zahnmedizin ohne NC, aber gegen höhere Gebühren als für Rumänen studieren.
Viele Rumänen studieren im Ausland, am meisten in Frankreich, Dänemark und den Niederlanden, wo es große rumänische communities gibt und die Studienkosten niedrig sind.[14]
Die ersten deutschsprachigen Schulen entstanden in Siebenbürgen um 1380 in Hermannstadt sowie 1522 in Sighișoara, 1541 wurde das protestantische humanistische Honterus-Gymnasium in Brașov gegründet. Die erste rumänischsprachige höhere Schule richtete 1657 die Fürstin Susanna Lorántffy in Făgăraș ein. Das Piaristengymnasium (Timișoara) entsprang einer Initiative Österreichs von 1788, um das katholische Element in der Region zu stärken, als Unterrichtssprache wurde erst Latein/Deutsch, dann Ungarisch genutzt. Gegenwärtig ist es wieder eine katholische Schule (Gerhardinum). Das Problem der fehlenden Alphabetisierung prägte Rumänien bis ins 21. Jahrhundert, mit regionalen und ethnisch-kulturellen Unterschieden. Dabei galten die deutschen und ungarischen Protestanten auch wegen ihrer guten Volksschulen als gebildeter als die Roma oder Moldauer. Die Moldau und die Walachei gerieten im 19. Jahrhundert vom türkischen unter russischen Einfluss, wodurch die Schulbildung nicht begünstigt wurde. Mit der Bildung Großrumäniens 1918 waren von den 16 Mio. Einwohnern etwa 800.000 Juden, die auch schon vorher ihre eigenen religiösen Schulen mit teilweise jiddischer Unterrichtssprache gründeten. Ein Zentrum war dabei Czernowitz in der Bukowina (Romancier Itzik Manger).[15] Von den ca. 400.000 Holocaust-Überlebenden wanderten die meisten nach 1945 aus oder kehrten nicht zurück; ein Beispiel dafür ist der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel aus Sighetu Marmației. Es gibt gegenwärtig noch eine jüdische Schule in Bukarest.[16]
Die wichtigen Schritte der kommunistischen Schulbildung nach 1945 bis 1990 waren die
Mit der neuen Verfassung von 1991 wurden nach den Prinzipien der Gleichheit und des Pluralismus unter anderem die kommunistische Ausrichtung der Schule abgeschafft und der Minderheitenschutz gestärkt. Dazu wurde 1995 ein neues Unterrichtsgesetz erlassen mit folgenden Änderungen:
Seitdem gab es neben dem Bildungsgesetz von 2011[18] eine Reihe weiterer Reformschritte, die die Schulpflicht wieder auf 10 Jahre ausdehnten, Schulleistungsprüfungen einführten, die berufliche Bildung neu organisierten und ein Vorschuljahr obligatorisch machten.
Der Societas Jesu erlaubte König Stephan Báthory, in Klausenburg eine Schule im Range einer Akademie mit zwei Fakultäten für Siebenbürgen zu errichten (1688) und in anderen Orten Schulen zu unterhalten. Jesuitenkollegs und -schulen wurden gegründet, so 1699 in Großwardein[19], 1719 in Teweswar[20], 1733 in Hermannstadt.[21]
In Bukarest gründete Fürst Constantin Brâncoveanu 1694 eine philosophisch-theologische Akademie (Academia Domnească din București) im Kloster des hl. Sava (St. Sabbas), wo in griechischer Sprache gelehrt wurde. Die Studenten kamen aus der ganzen orthodoxen Welt. Der Aufklärer und Dozent Gheorghe Lazăr begann um 1821 mit rumänischsprächigen Vorlesungen.[22]
Die ersten Universitäten in Rumänien im modernen Sinn waren 1860 die Universität Alexandru Ioan Cuza Iași, 1872 die zunächst ungarischsprachige Babeș-Bolyai-Universität Cluj (in Tradition der ehemaligen Jesuitenhochschule, heute als einzige in Europa dreisprachig) und die Universität Bukarest, die sich auf die orthodoxe Akademie von 1694 zurückführt. 1864 gab es auch die heutige Polytechnische Universität Bukarest nach Vorläufern bis 1818. Die erste Musikhochschule wurde im Juni 1863 durch ein Dekret des Alexandru Ioan Cuza als Konservatorium für Musik und Deklamation unter der Leitung des Komponisten Alexandru Flechtenmacher eröffnet. Die Nationale Kunsthochschule wurde 1864 ebenso durch Alexandru Ioan Cuza gegründet und mit Hilfe der Künstler Theodor Aman und Gheorghe Tattarescu aufgebaut.
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