Büchlein von den ausgebrannten Wässern

Schrift zu Destillaten auf pflanzlicher Basis Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Büchlein von den ausgebrannten Wässern

Das Büchlein von den ausgebrannten Wässern aus dem 15. Jahrhundert wird dem Wiener Arzt Michael Puff zugeschrieben. Es behandelte in 83 Kapiteln Destillate aus pflanzlichen Ausgangssubstanzen.

Als Druckfassung erschien es erstmals 1477 in Augsburg bei dem Drucker Johann Bämler. Diese basierte auf handschriftlichen Fassungen, die seit der Mitte des 15. Jahrhunderts nachweisbar sind und als Traktat von Tugenden der ausgebrannten Wässer bezeichnet werden. Ein niederdeutscher Druck aus dem Jahre 1484 (Lübeck, Bartholomäus Gothan) nennt einen „Dr. Bartholomäus von Benevent“ als Autor.[1][2][3] Von Puffs Trakat ist die vergleichbare Abhandlung des „Gabriel von Lebenstein“ zu unterscheiden.

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Druck Johann Zainer. Ulm 1498. Titelbild
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Druck Hans Sporer. Erfurt 1498. Titelbild
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Druck Gutknecht. Nürnberg 1518. Titelbild

Überlieferung

Zusammenfassung
Kontext

Drucke des 15. Jahrhunderts

Weitere Informationen Ort, Drucker ...
OrtDruckerDatum
AugsburgBämler, Johann1477, 27. Oktober
AugsburgBämler, Johann1478, 14. Juni
AugsburgBämler, Johann1479, 21. Mai
AugsburgBämler, Johann1482, 12. Juli
AugsburgBlaubirer, Johann1481 (2 Versionen)
AugsburgBlaubirer, Johann1482
AugsburgSorg, Anthonius1481, 30. Juli
AugsburgSorg, Anthonius1483, 11. Dezember
AugsburgSchönsperger, Hans1482
AugsburgSchönsperger, Hans1484 (2 Versionen)
AugsburgFroschauer, Johann1496
ErfurtSporer, Hans1498
ErfurtSchenck, Wolfgang1500
LübeckGothan, Bartholomäus1484
MainzAnonym1481
StraßburgAnonym1481 (2 Versionen)
StraßburgAnonym1483
UlmDinckmut, Conrad1482, 19. Oktober
UlmZainer, Johann1488
UlmZainer, Johann1498
UlmZainer, Johann1500
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[4][5]

Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts

Leopold Senfelder verzeichnete 11 Postinkunabeln für den Zeitraum von 1502 bis 1601.[6] Unter dem Titel Apotheke für den gemeinen Mann wurde das Büchlein von den ausgebrannten Wässern zusammen mit dem Thesaurus pauperum aus dem Liber de arte distillandi de compositis (= Großes Destillierbuch – 1512) des Hieronymus Brunschwig von 1529 bis 1619 dreißig Mal gedruckt.

Titelblatt des Kleinen Destillierbuchs. Straßburg 1500

Übernahme in andere Werke

Hieronymus Brunschwig fügte im Jahre 1500 die Indikationsangaben aus dem „Büchlein von den ausgebrannten Wässern“ vollständig in sein Kleines Destillierbuch ein. Die Väter der Botanik Otto Brunfels und Hieronymus Bock integrierten diese Angaben selektiv in ihre Kräuterbücher.

Inhalt

Zusammenfassung
Kontext

In 83 Kapiteln behandelte das Büchlein von den ausgebrannten Wässern Destillate aus pflanzlichen Ausgangssubstanzen. Ein Kapitel (71) beschrieb die Wirkung eines aus tierischer Substanz gebrannten Wassers. Die Destillationsmethoden wurden – mit einer Ausnahme (Kapitel 83) – nicht erläutert. Die Kapitel 83 (Kranwitber) und 84 (Gepranter Wein) stammen nicht aus den als Vorlage dienenden Manuskripten des Traktats von Tugenden der ausgebrannten Wässer, sondern sind anderen Quellen entnommen. Die zuletzt von Walther und Keil (1989, Sp. 909) aufgestellte Behauptung, es handle sich bei den im „Büchlein von den ausgebrannten Wässern“ beschriebenen Destillaten um „alkoholische Destillate“ ist nicht haltbar. Astrid Müller-Grzenda konnte 1996 nachweisen, dass schon aus destillationstechnischen Gründen das Büchlein von den ausgeprannten Wässern nicht als Anleitung zur Herstellung von alkoholischen Destillaten dienen konnte, da die hierzu benötigten gläsernen Geschirre teuer und verschleißanfällig waren. Zielpublikum des Büchleins aber war das „gemeine Volk“.[7]

Weitere Informationen Monographie, Name und Beschreibung des Ausgangsprodukts für das Destillat. Ausgabe J. Blaubeirer, Augsburg 1481. ...
MonographieName und Beschreibung des Ausgangsprodukts für das Destillat. Ausgabe J. Blaubeirer, Augsburg 1481.Aktuelle Nomenklatur
01[8]RosenRosa gallica
02[9]Rosen die auff den hagendorn stehenRosa canina
03[10]Schnelblůmen, Clapper rot rosen oder schnelblůmen die in dem korn wachssenPapaver rhoeas
04[11]Lilien, weißLilium candidum
05[12]Lilien, plawIris germanica
06[13]Spöcklilien oder veld gilgen, Specklilien die in den dorn wachssenLonicera periclymenum
07[14]Mayenplůmen, Lilium convaliumConvallaria majalis
08[15]VeyelViola odorata
09[16]Veyel, gelbCheiranthus cheiri
10[17]Seeplůmen, die weissen mit den braiten bletern die do auf den seen schwebentNymphaea alba
11[18]Ritter spornConsolida regalis
12[19]OchsenzungeAnchusa officinalis
13[20]PorragenBorago officinalis
14[21]Linden plüTilia spec.
15[22]Wegerich, brait WegerichPlantago major
16[23]SaurampfferRumex rugosus
17[24]NachtschattenSolanum nigrum
18[25]Hirßen zungenPhyllitis scolopendrium
19[26]HaußwurtzSempervivum tectorum
20[27]WegraßPolygonum aviculare
21[28]BrunellenPrunella vulgaris
22[29]Erdtrauch oder Centaur, KontzenkrebelFumaria officinalis
23[30]Steinbrech, das kraut ist vnden geschickt an dem bletlin als ein rosen vnd hat vff dem bletlin lang rot stengel vnd zů öberst an dem spitzen synt auch wenig bletlin.Asplenium trichomanes ? Saxifraga granulata ?
24[31]AbschlagAllium cepa var. ascalonicum
25[32]PappelMalva spec.
25a[33]Hüffelen, groß (Anhang zu Pappel)Petasites spec.
26[34]Beifůß, sunbent gurtel oder rot puckenArtemisia vulgaris
27[35]SparigAsparagus spec.
28[36]TillenAnethum graveolens
29[37]Ewfrasia, augen trostEuphrasia rostkoviana
30[38]Valtrian mit den wurtzenValeriana officinalis[39]
31[40]FelberplüSalix caprea
32[41]Himelprand blůmenVerbascum spec.
33[42]FreisamViola tricolor
34[43]ErdtperFragaria vesca
35[44]MeüßorHieracium pilosella
36[45]StabwurtzArtemisia abrotanum
37[46]TeschenkrautCapsella bursa-pastoris
38[47]Spindelbom oder pfäfferhödelEuonymus europaea
39[48]WalwurtzSymphytum officinale
40[49]RettichRaphanus sativus
41[50]MörrettichArmoracia rusticana
42[51]Salva, wildSalvia pratensis
43[52]GamillenChamomilla recutita
44[53]PetersilienPetroselinum crispum
45[54]BaldrianValeriana officinalis[55]
46[56]BethonienBetonica officinalis
47[57]KüttenplüCydonia oblonga
48[58]Gertelen, AbrauterArtemisia abrotanum
49[59]VenchelFoeniculum vulgare
50[60]HolerblüSambucus nigra
51[61]Plaw kornplůmenCentaurea cyanus
52[62]Maseron oder MeyeronOriganum majorana
53[63]PfifferlingLactarius piperatus
54[64]PrunnenkreßNasturtium officinale
55[65]Meyen distel, vnßer frawen distel, VehendistelSilybum marianum
56[66]JspenHyssopus officinalis
57[67]MauchenPapaver somniferum[68][69]
58[70]NesselUrtica spec.
59[71]LustickelLevisticum officinale
60[72]PoleyenMentha pulegium
61[73]RingelCalendula officinalis
62[74]SchelwurtzChelidonium majus
63[75]EysenkrautVerbena officinalis
64[76]SalvaSalvia officinalis
65[77]WermůtArtemisia absinthium
66[78]GrensigPotentilla anserina
67[79]Seyden das in dem flachß wachssetCuscuta epilinum
68[80]Kinlinkraut flackt auff der erdenThymus serpyllum
69[81]AichenlaubQuercus spec.
70[82]Eppich oder eppheyHedera helix
71[83]KüdreckBos primigenius taurus
72[84]SchwammenAgaricus campestris
73[85]MüntzenMentha arvensis
74[86]Rosen ölRosa spec.
75[87]CreützwurtzSenecio vulgaris[88]
76[89]PfaffenkrautTaraxacum officinale
77[90]LavendelLavandula spec.
78[91]ZickelSambucus nigra[92]
79[93]BilsenHyoscyamus niger
80[94]GenßdistelSonchus arvensis
81[95]BinsaugenLamium album
82[96]BonenplüVicia faba
83[97]Kranwitber oder wechalterJuniperus communis
84[98]Weyn, gepranterVitis vinifera
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Literatur

  • Arnold C. Klebs: Incunabula scientifica et medica. In: Osiris, Vol. IV, 8. 1-359, Brügge 1938. Nachdruck Olms, Hildesheim 2004, S. 295–297.
  • Astrid Müller-Grzenda: Pflanzenwässer und gebrannter Wein als Arzneimittel zu Beginn der Neuzeit. Herstellungsverfahren, Hersteller und Handel, Beschaffenheit und Bedeutung für die Materia medica. Stuttgart 1996.
  • Annarita Pogliani: Le tradizioni delle ‚acque ardenti‘ di Michael Puff aus Schrick. (Göppinger Arbeiten zur Germanistik Nr. 759). Kümmerle, Göppingen 2010.
  • Karl Sudhoff: Deutsche medizinische Inkunabeln. Barth, Leipzig 1908, S. 139–147 Digitalisat
  • Helmuth Walther und Gundolf Keil: Puff, Michael aus Schrick. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Auflage. Berlin 1989, Band 7, Sp. 905–910.

Werkausgaben

  • Lorenz Welker: Das ‚Iatromathematische Corpus‘. Untersuchungen zu einem alemannischen astrologisch-medizinischen Kompendium des Spätmittelalters mit Textausgabe und einem Anhang: Michael Puffs von Schrick Traktat „Von den ausgebrannten Wässern“ in der handschriftlichen Fassung des Codex Zürich, Zentralbibliothek, C 102b. (Medizinische Dissertation) Zürich 1988 (= Zürcher medizingeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge, 196), S. 85–98 und 226–249.

Manuskripte

Drucke

„Büchlein von den ausgebrannten Wässern“

„Apotheke für den gemeinen Mann“

Einzelnachweise

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