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französischer Historiker (1932-2023) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Alain Jules Daniel Besançon (* 25. April 1932 in Paris; † 9. Juli 2023) war ein französischer Historiker, der sich insbesondere mit der neueren Geschichte Russlands und der Sowjetunion befasste. Er hatte den Lehrstuhl für Geschichte der russischen Kultur an der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) inne.
Alain Besançon, Sohn des Medizinprofessors Louis Justin-Besançon und von Madeleine Delagrange, wuchs in einer großbürgerlichen, katholischen Familie in Paris auf. Er absolvierte das Institut d’études politiques de Paris (Sciences Po) und die Universität von Paris (Sorbonne),[1] 1957 bestand er die Agrégation (Staatsprüfung für das höhere Lehramt) im Fach Geschichte.[2] Während der folgenden drei Jahre arbeitete er als Lehrer an Lycées in Montpellier, Tunis und Neuilly-sur-Seine. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann 1960 am CNRS, wo er bis 1964 arbeitete. 1965 wurde er wissenschaftlicher Assistent (Maître-assistant) in der VI. Sektion (Sozial- und Wirtschaftswissenschaften) der École pratique des hautes études (EPHE), aus der 1975 die École des hautes études en sciences sociales (EHESS) hervorging.
Mit einer Arbeit über Bildung und Gesellschaft in Russland im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, betreut von Roger Portal, schloss er 1977 das Doctorat d’État ab (entspricht etwa einer Habilitation). Im selben Jahr wurde er zum Directeur d’Études (entspricht einer Professur) an der EHESS ernannt, wo er während der folgenden 20 Jahre das Seminar für Geschichte der russischen Kultur leitete.[3] In den USA und in England hatte er Gastprofessuren inne: am Wilson Center in Washington, D.C. (1979), der Hoover Institution in Stanford (1982/83), am All Souls College der Universität Oxford (1986)[4] und an der Princeton University (1995).[1]
Von 1951 bis 1956 war Besançon Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs, die er nach Chrustschows Eingeständnis der Verbrechen Stalins und der Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstands durch sowjetische Truppen verließ.[5][1] Diesen Weg teilte er mit seinen Historikerkollegen Emmanuel Le Roy Ladurie, Annie Kriegel und François Furet.[3] Später wandte er sich dem katholischen Glauben zu. Untersuchungen zum Ursprung totalitärer Systeme (Kommunismus und Nationalsozialismus) stehen ebenso im Fokus seiner Arbeit wie die Geschichte des Christentums. 2008 veröffentlichte er mit Émile et les menteurs einen Roman, dessen Hauptfigur dem französischen Wertpapierhändler Jérôme Kerviel nachempfunden ist.[6]
Besançon war ab 1954 mit Marie Goldstyn (* 1930) verheiratet. Das Paar bekam vier Kinder.[4]
1996 wurde er als Nachfolger Jacob Kaplans zum Mitglied der Académie des sciences morales et politiques gewählt, zunächst in der Sektion Moral und Soziologie. Drei Jahre später wechselte er als Nachfolger Jean Guittons auf einen Sessel in der philosophischen Abteilung der Akademie.[7] Die Russische Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität (2001)[1] und die Universität Warschau (2014) verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Er wurde 2006 als Offizier der Ehrenlegion ausgezeichnet.
Alain Besançon starb im Juli 2023 im Alter von 91 Jahren.[8]
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