ʻUbeidiya
archäologische Stätte in Israel Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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ʻUbeidiya (arabisch العبيدية, DMG al-ʿUbaidiyya; hebräisch עובידיה) ist eine archäologische und paläoanthropologische Fundstätte in Israel, rund drei Kilometer südlich des See Genezareth im mittleren Jordan-Tal, unweit des Kibbuz Beit Zera. Seit den frühen 1960er-Jahren wurden hier bei Ausgrabungen die – nach den Dmanissi-Schädeln aus Georgien – mit rund 1,5 Millionen Jahren zweitältesten, sicher datierten Fossilien der Gattung Homo außerhalb Afrikas geborgen.[1] Die Fossilien aus ʻUbeidiya sind zugleich die ältesten Belege für die Anwesenheit von frühen Verwandten des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) im Gebiet des heutigen Israel.
Die Fundstätte wurde nach dem 1948 zerstörten, palästinensischen Dorf Al-ʿUbaydiyya benannt.
Die Fundstätte ʻUbeidiya wurde 1959 entdeckt, als bei Arbeiten mit einer Planierraupe Knochen freigelegt wurden, die der israelische Anatom Georg Haas als Überreste von fossilen Säugetieren identifizierte. Unter den Funden erkannte Haas auch den Schneidezahn und mehrere kleine Schädel-Fragmente eines Menschen.[2]
Während zahlreicher Grabungskampagnen zwischen 1960 und 1974 konnte Ofer Bar-Yosef nachweisen, dass in ʻUbeidiya rund 1,5 Millionen Jahre Belege für den Aufenthalt von Individuen der Gattung Homo erhalten geblieben sind. Bereits während ihres Studiums nahm Naama Goren-Inbar an Bar-Yosefs Ausgrabungen der Fundstätte ʻUbeidiya teil. In ihrer Dissertation befasste sie sich insbesondere mit den in ʻUbeidiya geborgenen Steinwerkzeugen aus der Epoche des Acheuléen.[3]
Direkte Belege für die Anwesenheit von Individuen der Gattung Homo vor rund 1,5 Millionen Jahren sind mehrere einzeln gefundene Knochen-Fragmente und Zähne: so zum Beispiel zwei Scheitelbeine, ein Schläfenbein, ein linker und ein rechter Schneidezahn sowie ein rechter Backenzahn M3.[4] Die ersten homininen Funde wurden 1966 zunächst zurückhaltend nur der Gattung Homo zugeschrieben, nicht jedoch einer bestimmten Art;[5] in den 1980er-Jahren wurden sie schließlich zu Homo erectus gestellt.[6]
In den altpleistozänen Schichten wurden auch zahlreiche Tierknochen geborgen,[7] von denen einige Schnittspuren aufweisen.[8]
Aus der archäologischen Kultur des frühen Acheuléen wurden zahlreiche Artefakte ausgegraben, darunter präparierte Rohstücke, Abschläge, Chopper und Faustkeile. Außerdem wurden nahezu 600 Kugeln aus Feuerstein, Basalt oder Kalkstein geborgen, deren Verwendungszweck in ʻUbeidiya ebenso ungeklärt ist wie die Verwendung vergleichbarer Steinkugeln aus anderen Fundstätten in unterschiedlichen Regionen Afrikas sowie – seltener – in der Levante und in Europa. 2023 beschrieb eine israelisch-spanische Forschergruppe in einer Fachzeitschrift anhand von 150 in ʻUbeidiya gefundenen Kalkstein-Kugeln die computergestützte Rekonstruktion ihrer Herstellung.[9] Den Befunden zufolge wurden die Rohstücke der vereinzelt als Bola interpretierten Kugeln durch das Gewinnen von Abschlägen zwar rundlicher, jedoch nicht glatter, was aber zu erwarten gewesen wäre, wenn die Kugeln als Schlagsteine hätten dienen sollen. Jedoch bestätigte die Rekonstruktion, dass die Hersteller der Kugeln beim Zurichten der Rohstücke einer vorsätzlichen Reduktionsstrategie folgten, dass die Kugeln – anders als zuvor gelegentlich gemutmaßt[10] – keine bloßen Überreste nach dem Gewinnen von Abschlägen sind.
Aus dem Gelasium, der untersten chronostratigraphischen Stufe des Pleistozäns, stammen die ältesten Belege für eine Besiedelung Eurasiens durch frühe Verwandte des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens). Nach heutigem Kenntnisstand erfolgte diese Migration („Out-of-Africa I“) u. a. durch die südliche Levante, die eine biogeographische Brücke zwischen Afrika und Eurasien bildet.[11] Als ein Zeugnis für die Out-of-Africa-Theorie gelten daher die zahlreichen in ʻUbeidiya gefundenen Steinwerkzeuge; sie traten zumeist aus Schichten zutage, die einstmals zum Uferbereich fossiler Seen gehörten und stratigraphisch – anhand von Leitfossilien – datiert wurden.[12]
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