Im Rahmen der Befreiung Frankreichs von der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg gab es zwischen 1944 und 1947 zahlreiche Aktionen zur Säuberung des Staatsapparats und des öffentlichen Lebens von Personen, denen Kollaboration vorgeworfen wurde. Bei den vorgeworfenen Handlungen ging es sehr oft um Denunziationen oder Auslieferung von Flüchtenden und Geiseln an die deutsche Besatzungsmacht.

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Französinnen, die der Kollaboration mit den Nazis beschuldigt sind, werden entehrt und durch die Straßen von Paris geführt. Barfuß, Brandmale im Gesicht, den Kopf kahl geschoren. Sommer 1944.

Es gab zunächst die wilden, unkontrollierten Aktionen (épuration sauvage). Neben Misshandlungen und öffentlichen Erniedrigungen kam es dabei nach verschiedenen Schätzungen zu 7.500 bis etwa 10.000 Tötungen. Sie wurden später nicht als Verbrechen (z. B. nicht als Akte der Lynchjustiz) verfolgt. Frauen, die der „horizontalen Kollaboration“ mit deutschen Besatzern beschuldigt bzw. verdächtigt wurden, wurden öffentlich gedemütigt und erhielten die Köpfe kahl geschoren.

Später gab es die durch die Commission d’Épuration (épuration légale) justiziabel gemachte Formen der Säuberung. Dabei ging es um drei Hauptgruppen:

  • Kriminelle Akte (Sanktion bis zur Todesstrafe)
  • Verlust der Bürgerrechte auf Zeit
  • Staatliche Beschlagnahmung von Kriegsgewinnen der betreffenden Person

In ganz Frankreich kam es dabei zu etwa 120.000 Verurteilungen mit etwa 1.500 Exekutionen, die häufig ohne rechtsstaatliches Vorgehen durchgeführt wurden. In Paris zeigte sich etwa der kommunistische Teilnehmer an der französischen Résistance René Sentuc, genannt „Capitaine Bernard“, in einem ehemaligen Militärhospital im Jahre 1944 Institut dentaire George-Eastman in dieser Weise. Es wurde in Paris im Zeitraum zwischen dem 20. August und 15. September 1944 eine große Anzahl von Menschen in Willkürprozessen abgeurteilt und füsiliert.[1][2][3]

Dieser Praxis im gesamten französischen Staatsgebiet versuchten Charles de Gaulle und die Provisorische Regierung der Französischen Republik, Gouvernement provisoire de la République française, entgegenzutreten.

Spätere Untersuchungen weisen auf ähnliche Erfahrungen wie mit der Entnazifizierung in Deutschland hin: Die Kleinen hängte man, die Großen konnten durch Verzögerungen mit legalen Verfahren und Persilscheinen (in diesen Fällen häufig über Aktionen für die Résistance) profitieren.

Bekannte Fälle

Literatur

  • Robert Aron: Histoire de l’épuration, tome 2 : Des prisons clandestines aux tribunaux d’exception (septembre 1944 - juin 1949). Fayard, Paris 1969.
  • Marcel Baudot: La résistance française face aux problèmes de répression et d’épuration. In: Revue d’histoire de la deuxième guerre mondiale, n° 81, Januar 1971
  • Marcel Baudot: L’épuration : bilan chiffré. In: Bulletin de l’Institut d’histoire du temps présent, n° 25, September 1986, S. 37–52.
  • Philippe Bourdrel: L’épuration sauvage (1944-1945), tome 2, Perrin, Paris 1991, S. 351.
  • Cf. Michèle Cotta: La collaboration (1940-1944), Kiosque-Armand Colin, Paris 1964.
  • Marcel Henriot: Statistique de la répression à la libération - Département de la Haute-Marne. In: Bulletin du Comité d’histoire de la deuxième guerre mondiale, n° 183, September/Oktober 1969, S. 13–20.
  • Jean-Pierre Husson: Statistique de la répression à la libération - Département de la Marne. In: Bulletin du Comité d’histoire de la deuxième guerre mondiale, n° 243, November/Dezember 1980, S. 36–46.
  • Herbert Lottman: L’Épuration (1943-1953). Fayard, Paris 1986.
  • Peter Novick: L’épuration française (1944-1945). Baland, Paris 1985, S. 330–333.
  • Jean-Pierre Rioux: L’épuration en France (1944-1945). In: L’Histoire, n° 5, Oktober 1978
  • Henry Rousso: L’épuration en France, une histoire inachevée. In: Vingtième siècle - Revue d’histoire, n° 33, Juli/März 1992.
  • François Rouquet: L’épuration administrative en France après la libération - Une analyse statistique et géographique. In: Vingtième siècle - Revue d’histoire, n° 33, Januar/März 1992, S. 106–117.
  • Jacques Vadon: Statistique de la répression à la libération - Département des Ardennes. In: Bulletin du Comité d’histoire de la deuxième guerre mondiale, n° 197, Januar/Februar 1972, S. 22–25.

Film

Das von Julien Duvivier 1958 als Krimi gedrehte Kammerspiel Marie-Octobre mit Danielle Darrieux in der Titelrolle als ehemalige Widerstandskämpferin thematisiert die meisten Argumente um Vaterlandsliebe und Verrat in einer damals viel beachteten Inszenierung. Der Film kam 1959 in die Kinos.

Einzelnachweise

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