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urbane Legende Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Vergiftete Süßigkeiten zu Halloween (englisch Poisoned Candy Myths oder Poisoned Candy Scare) ist die urbane Legende, dass einige Süßigkeiten, die zu Halloween, als Teil des „Trick or treat“ (dt. meist übersetzt „Süßes oder Saures“) gereicht werden, entweder mit Gift vermischt wurden oder gefährliche Gegenstände wie Rasierklingen oder Scherben enthalten würden. Diese auf wahren Vorfällen basierende Legende hat sich hartnäckig gehalten, obwohl bisher lediglich ein einziger realer Fall bekannt wurde, der zudem von diesem Mythos beeinflusst war.
Der Mythos von vergifteten Süßigkeiten ist so alt wie der Halloween-Kult, der im Zuge der Irischen Renaissance in die Vereinigten Staaten gebracht wurde. Eng verbunden ist der Mythos außerdem mit der Industriellen Revolution, als die Essensproduktion automatisiert wurde und neue, für viele Privatpersonen unbekannte Zutaten verwendet wurden. Einige Ärzte gaben der Lebensmittelindustrie die Schuld, wenn Kinder ohne ersichtlichen Grund krank wurden oder gar starben. Tatsächlich ist kein einziger Fall bekannt, bei dem eine einzelne Süßigkeit die Hauptursache für Krankheit oder Tod eines Kindes war.[1]
In den 1890ern und 1900er Jahren beschäftigten sich das US Bureau of Chemistry und andere staatliche Stellen mit Berichten von vergifteten Süßigkeiten im ganzen Land. Auch hier wurde kein Hinweis gefunden, dass systematisch giftige Stoffe in die Produktion einflossen.[2] Tatsächlich wurden allerdings schädliche Stoffe, insbesondere bei billigen Bonbons verwendet. So wurde oft billiger Maissirup zur Süßung verwendet, und einige Bonbons waren mit Kupfer belastet, das durch die Verwendung von minderwertigen Pfannen in die Süßigkeiten gelangte. Auch wurde Steinkohlenteer zur Färbung verwendet, der das Blutgift Anilin enthielt. Auch wenn diese Stoffe sicherlich nicht besonders gesundheitsförderlich waren, so ist kein Fall bekannt, bei dem Kinder absichtlich vergiftet wurden. Tatsächlich basierten die meisten Fälle, bei denen Kinder krank wurden, auf Überernährung sowie Lebensmittelvergiftungen, die andere Ursachen hatten, zum Beispiel mangelnde Hygiene oder falsche Lagerung von Fleisch.[1]
Gerüchte über vergiftete Süßigkeiten zu Halloween hielten sich jedoch hartnäckig. Bekannt wurde der Fall eines Zahnarztes in Kalifornien, der 1959 Abführmittel in Bonbons versteckte. Er wurde der Erregung öffentlichen Ärgernisses und der ungesetzlichen Verabreichung von Medikamenten schuldig gesprochen.[3] 1964 war es eine Frau aus Long Island, die verschiedene gefährliche Stoffe als Süßigkeiten an Teenager verteilte, die sie für zu alt zum Süßigkeitensammeln hielt. Dabei handelte es sich um Stahlwolle, Hundekuchen und Ameisenköder. Tatsächlich wurde niemand verletzt. Die Frau wurde später schuldig gesprochen, das Leben von Kindern gefährdet zu haben. In Detroit warnten im gleichen Jahr einige Zeitungen vor leimgefüllten Bonbons und in Philadelphia vor Süßigkeiten, die mit Rattengift versetzt gewesen seien.[4]
Der Höhepunkt der Hysterie wurde in den 1970ern und 1980ern erreicht. So berichtete 1970 die New York Times vor Halloween von vergifteten Süßigkeiten und eventuellen Gefahren zu Halloween, allerdings ohne konkreten Anlass oder Beweis.[5]
Solche Berichte häuften sich weiter in den 1970ern. In den 1980ern gab es einige Fälle von Nachahmungstaten der sogenannten Tylenol-Morde von Chicago. Dabei hatte jemand einzelne Kapseln des Schmerzmittels Tylenol mit Zyankali gefüllt und so sieben Menschen getötet.[6] Zur Verbreitung des Mythos trugen vor allem die Kolumnistin Abigail Van Buren („Dear Abby“) und ihre Zwillingsschwester Eppie Lederer („Ask Ann Landers“) bei, deren bekannte Kolumnen zu Halloween 1983 und 1995 das Thema behandelten.[7]
Zur Verbreitung des Mythos trugen außerdem mehrere Todesfälle bei, die jedoch nicht auf Süßigkeiten basierten oder bei denen es keinen Beweis dafür gab:
Des Weiteren gab es mehrere glimpflich ausgegangene Fälle, die trotzdem den Mythos nährten:
Joel Best von der University of Delaware untersuchte insgesamt 90 Berichte über vergiftete Süßigkeiten in den US-Medien sowie Vergiftungsversuche, die in Krankenhäusern gemeldet wurden. Seine Daten erstreckten sich auf den Zeitraum von 1958 bis 1983. Tatsächlich fand er vor allem Fälle, bei denen Erwachsene oder Kinder versuchten, Aufmerksamkeit zu erregen. Er schloss aber nicht aus, dass es Versuche gegeben hat, Kinder mit Süßigkeiten zu vergiften. Er fand fünf Fälle, bei denen tatsächlich Kinder starben, diese hielten einer Untersuchung allerdings nicht stand und er bezeichnete die Hysterie daher als urbane Legende. Statistisch häufiger als vergiftete Süßigkeiten wären dagegen an Halloween Fälle von Vandalismus, rassistische Übergriffe und Verkehrsunfälle, in die Kinder verwickelt seien.[11][12][13] Seine Untersuchung wurde 1990 in seinem Buch Threatened Children mit neuem Datenmaterial fortgesetzt. 2013 publizierte er ein erneutes Update.[14] Allerdings fand Best in seiner Untersuchung mindestens achtzig Fälle, bei denen in Halloween-Süßigkeiten gefährliche Objekte wie Rasierklingen, Nadeln und Reißzwecken versteckt wurden. Lediglich bei zehn der Fälle sei es aber zu leichten Verletzungen gekommen.[15]
Der einzige bekannte Fall, bei dem ein Kind durch vergiftete Süßigkeiten zu Tode kam, bleibt Ronald Clark O’Bryan, der sein eigenes Kind vergiftete, um eine Versicherungssumme zu kassieren.[7] Vermutlich verwendete er bewusst den Mythos, um seine Tat zu verschleiern.[10]
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