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kroatische Sprachwissenschaftlerin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Snježana Kordić 29. Oktober 1964[2] in Osijek, SR Kroatien, Jugoslawien) ist eine kroatische Kroatistin und Sprachwissenschaftlerin. Sie gilt in Kroatien als wichtigste Kritikerin des dortigen Sprachpurismus.[3]
(*Snježana Kordić studierte Serbokroatisch und südslawische Literatur an der Philosophischen Fakultät der Josip-Juraj-Strossmayer-Universität Osijek[4] und diplomierte 1988. Postgraduiertenstudium der Linguistik und Kroatistik absolvierte sie an der Universität Zagreb 1992 und promovierte 1993.[5] Mitglieder der Dissertationskommission waren Ivo Pranjković, Josip Silić, Milan Mihaljević und Vladimir Anić.
Im Jahr 2002 habilitierte sie sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und erhielt die venia legendi für Slavische Philologie. Mitglieder der Habilitationskommission waren Gerhard Birkfellner (Münster), Wilhelm Grießhaber (Münster), Karl Gutschmidt (Dresden), Helmut Jachnow (Bochum) und Peter Rehder (München). Habilitationsschrift: „Wörter im Grenzbereich von Lexikon und Grammatik im Serbokroatischen“; studiengangsbezogene Lehrveranstaltung: „Tempora des Russischen“; Habilitationskolloquium: „Serbokroatisch vs. Kroatisch, Serbisch, Bosnisch, Montenegrinisch“.
1990 war Kordić wissenschaftliche Hilfskraft am Kroatistik-Lehrstuhl der Universität zu Osijek und danach wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Kroatische Sprache der Philosophischen Fakultät in Zagreb.[6] Von 1993 bis 2007 war sie an deutschen Universitäten tätig[7][3][8]: als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Slavistik der Ruhr-Universität Bochum und am Institut für Vergleichende Sprachwissenschaft, Phonetik und Slavische Philologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main; als Hochschuldozentin am Slavisch-Baltischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und als Gastprofessorin am Institut für Slawistik der Humboldt-Universität zu Berlin.
Kordić veröffentlichte mehrere sprachwissenschaftliche Bücher[9] und hundertfünfzig linguistische Arbeiten[10] im Bereich der Grammatik, Syntax, Textlinguistik, Diskursanalyse, Pragmatik, Korpuslinguistik, quantitativen Lexikologie, Soziolinguistik,[11] Sprachpolitik. Vor allem befasste sie sich mit Relativsätzen,[12] Personal- und Demonstrativpronomina, Höflichkeitsformen, Definitheit, Textkohäsion, Anaphorik, Kataphorik, Deixis, Koreferenz, Adverbien, Modalverben, Wortstellung, Numerus, Germanismen, Existenzsätzen und Konjunktionen.
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde sie durch ihr 2010 veröffentlichtes Buch zum Thema Sprache und Nationalismus (Jezik i nacionalizam).[13] Darin befasst sie sich mit der Frage, welchen Einfluss Sprache auf die Schaffung neuer Identität in Kroatien hat und wie Nation, Identität, Kultur und Geschichte von politisch motivierten Linguisten missbraucht werden.[14][15] Das Buch zog ein großes Medieninteresse auf sich:[16] Die Autorin gab an die 60 Interviews,[17][18][19] vor allem in Kroatien aber auch in Bosnien-Herzegowina, Serbien und Montenegro.[20] Deutsche Zeitungen haben ebenfalls darüber berichtet.[21] Zudem ehrte die Süddeutsche Zeitung den Verleger Nenad Popović als einen der sechs Personen aus aller Welt, die sich 2010 um den Frieden verdient gemacht haben.[22] In der Begründung der Entscheidung wird hervorgehoben, dass er in 2010 das Buch Jezik i nacionalizam von Kordić veröffentlicht hat, das „ein Schlag ins Gesicht der Nationalisten“ war.[23] Das Buch Jezik i nacionalizam ist 2017 die Inspiration für die Deklaration zur gemeinsamen Sprache geworden.[24][25][26][27]
Die Werke von Kordić wurden mehrfach in internationalen Fachzeitschriften positiv rezensiert.
So schreibt Goran Miljan zu ihrem Buch Jezik i nacionalizam:[14]
„Kordić erarbeitet die Ideen von Sprache, Linguistik, Politik, Geschichte, Kultur, etc. in einer gut strukturiert und akademisch höchst lobenswerten Art und Weise. Das Buch bietet dem Leser das Verständnis der hoch politisierten Sprachpolitik im ehemaligen Jugoslawien. […] Die heftigen Reaktionen auf das Buch können nicht überraschen: Während einige Intellektuelle das Buch lobten, sahen viele es als notwendig, in den Kampf gegen eine solche Ketzerei zu ziehen.“
Der polnische Slawist Henryk Jaroszewicz schließt seine in der Fachzeitschrift Socjolingwistyka erschienene Rezension folgendermaßen ab:[28]
„Zusammenfassend kann man voller Überzeugung sagen, dass ‘Jezik i nacionalizam’ eine kapitale Monographie ist. […] Man kann sogar wagen zu sagen, dass die Monographie Snježana Kordićs das Potenzial hat, ein Meilenstein in der Geschichte der Kroatistik zu werden, ein epochales Werk - im wahrsten Sinne des Wortes - für die kroatische Sprachwissenschaft. Zum einen wird in ‘Jezik i nacionalizam’ ein breites soziolinguistisches Spektrum der wichtigsten Phänomene und sprachlichen Prozesse im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Funktionieren des kroatischen Standards im 20. Jahrhundert auf objektive Weise dargestellt. Außerdem ist darin auch eine treffende Diagnose des Zustands des zeitgenössischen kroatischen Kommunikationsraums enthalten. Darüber hinaus werden darin zahlreiche Mythen enthüllt, die in der kroatischen Linguistik tief verwurzelt sind und seit Jahrzehnten negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Sprache Kroatiens haben. Snježana Kordićs Werk kann somit eine Art Katharsis in der Kroatistik werden, eine hervorragende und aufrichtige Abrechnung mit der Ära, in der die kroatische Linguistik so oft in der wissenschaftlichen Stagnation steckte und von der kroatischen Elite auf eine Waffe im politischen Kampf für den kroatischen Staat herabgesetzt wurde. Die Frage ist nur, ob die heutige Kroatistik und die heutige kroatische Gesellschaft schon bereit sind, ein Werk wie ‘Jezik i nacionalizam’ zu akzeptieren?“
In der italienischen Zeitschrift Studi Slavistici hebt Maria Rita Leto in ihrer Rezension Folgendes hervor:[29]
„Seit Jahren versucht Kordić in Kroatien, den Knoten zu lösen, der Linguistik, Nationalismus und Politik bindet (und deshalb wird sie seit Jahren ausgegrenzt und angegriffen). […] Wieder trennt Kordić geduldig den linguistischen Aspekt von der Politik, mit dem Wunsch, sich strikt an die Grundsätze der Linguistik zu halten, um ihre Unabhängigkeit von der nationalistischen Propaganda und Manipulation zu behaupten. […] Das Buch von Snježana Kordić ist ein klar geschriebenes und analytisches Buch, das man mit Vergnügen liest.“
In der Rezension des Buchs Jezik i nacionalizam, die in der Londoner Zeitschrift The Slavonic and East European Review erschienen ist, heißt es:[30]
„mit diesem Buch bietet Kordić eine beispielhafte Geste, die zeigt, dass die Linguistik ihre Unabhängigkeit, die Würde und die hohen akademischen Standards gegen politische Manipulation behaupten kann.“
Jerzy Molas schreibt Folgendes in seiner Rezension, die in der Zeitschrift der Polnischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht wurde:[31]
„Äußerst sorgfältig, mit Hilfe der umfassenden Literatur im Bereich der slawistischen und der allgemeinen Linguistik, Soziologie, Anthropologie und Politikwissenschaft, legt es alle bisher diskutierten Aspekte des Streits rund um die serbokroatische Sprache dar.“
In Pavel Krejčís Rezension, die in einer tschechischen philologischen Zeitschrift erschienen ist, heißt es:[32]
„auf der Grundlage der wissenschaftlichen Argumente, welche die Autorin auf vierhundert Seiten geduldig erörtert, existiert Serbokroatisch objektiv und realistisch, ohne Rücksicht darauf, wie inbrünstig die nationalistisch gesinnten südslawischen Linguisten das Gegenteil zu beweisen versuchen. [...] das Buch ist zweifellos eine der wichtigsten und wertvollsten Publikationen zu diesem Thema.“
„Snježana Kordićs Monographie ist zweifelsohne die Frucht der eingehenden Untersuchung der verschiedenen Aspekte der Sprachenpolitik in Kroatien und im ehemaligen Jugoslawien. Eine große Anzahl von Zitaten und das über fünfhundert Einheiten umfassende Literaturverzeichnis, das Werke deutscher, englischer, französischer, schwedischer, russischer, dänischer, kroatischer, serbischer und polnischer Forscher enthält, zeigen, dass Kordić während der Vorbereitung des Buchs ‘Jezik i nacionalizam’ ein breites Spektrum an einschlägiger Literatur durchstudiert hat. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes Werk.“[28]
Der deutsche Slawist Ulrich Obst stellt fest, „Sämtliche Pseudoargumente werden bravourös widerlegt“, und schließt seine Rezension mit folgenden Worten ab:[33]
„Man möchte dem Buch mit Nachdruck wünschen, dass es vor allem bei den Personen, die im politischen und kulturellen Leben der betroffenen Staaten an prominenter Stelle stehen, auf fruchtbaren Boden fallen und dort, wo erforderlich, zu einem Umdenkungsprozess führen möge, so dass vielleicht auch im ehemaligen Jugoslawien ein entemotionalisierter Blick auf den gesamten Fragenkreis gefördert wird.“
Vollständige Liste aller Publikationen von Snježana Kordić[34]
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