Richard Müller wurde als Sohn eines Webers geboren. Sein künstlerisches Talent war schon früh zu erkennen. Im Jahr 1888, im Alter von 14 Jahren, wurde er von dem Meißner Porzellanmaler H. Theil animiert, sich an der Malschule der Königlich-Sächsischen Porzellanmanufaktur Meißen zu bewerben, wo er sogleich angenommen wurde. Im Jahr 1890 ging Müller auf eigene Faust und ohne finanzielle Absicherung nach Dresden. Hier wurde er, obwohl er das vorgeschriebene Eintrittsalter noch nicht erreicht hatte, an der Kunstakademie aufgenommen. Seine Lehrer waren Leon Pohle, Ernst Moritz Geyger und Leonhard Gey. 1893 machte er sich als Maler in Dresden selbständig. Da er mittellos war, ging er täglich in das städtische Versorgungshaus, malte dort seine Studien und verdiente mit handwerklichen Arbeiten seinen Lebensunterhalt. Im Herbst 1894 stellte Müller erstmals Landschafts- und Tierstudien im Kunstsalon Ernst Arnold aus.1895 begegnete er Max Klinger, der ihn animierte, sich mit den Radiertechniken zu befassen. 1896 war er bei Arnold auf der Ausstellung „Handzeichnungen deutscher Künstler“ vertreten[1] und gewann er für seine Radierung „Adam und Eva“ den mit 6000 Goldmark dotierten Großen Rompreis der Preußischen Akademie der Künste.
Er leistete seinen Militärdienst ab, der durch Vermittlung „hochgestellter Kunstfreunde“ auf ein Jahr verkürzt war. Nach einer Italienreise nahm er 1899 in Dresden an der Deutschen Kunstausstellung teil, wo er für sein Gemälde „Die barmherzige Schwester“ die große goldene Plakette erhielt. Im Jahr 1900 erhielt er, inzwischen in Dresden ebenso bekannt wie Klinger, eine Professur an der Akademie; seine Schüler waren unter anderem George Grosz, Richard Scheibe, Max Ackermann, Rudolf Schmidt-Dethloff, Erwin Bowien[2], Hermann Kohlmann, Horst Naumann, Max Hermann Mahlmann und Gerhard Augst. Richard Müller war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[3] 1933 wurde er zum Rektor der Dresdner Kunstakademie ernannt und 1935 vom sächsischen Kultusminister Wilhelm Hartnacke aus dem Rektorat entlassen.
Richard Müller trat zum 1. Mai 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.933.343).[4] Er bestätigte als Rektor der Akademie 1933 die vom Reichskommissar von Killinger angestrengte Entlassung seines Kollegen Otto Dix, die im Frühjahr des Jahres erfolgte.[5] Entgegen anderen Annahmen war Müller nicht aktiv an der Dresdner Ausstellung Entartete Kunst aus dem Jahr 1933 beteiligt.[6] März 1935 wurde er aus der Partei ausgeschlossen.[7]
Richard Müllers Grab befindet sich auf dem Loschwitzer Friedhof – gemeinsam mit dem seiner Frau Lillian Sanderson, einer um 1900 berühmten Sängerin.[12]
Adam und Eva, Radierung, 1896
Barmherzige Schwester, 1898/99, Öl auf Mahagoniholz, 128 cm × 91 cm, Galerie Neue Meister.[13] 1899 ausgezeichnet mit der großen goldenen Plakette s.o.
Müller, Richard. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts.Band3: K–P. E. A. Seemann, Leipzig 1956, S.349 (Textarchiv– Internet Archive– Leseprobe).
Paul Schumann:Richard Müller. In: Die Graphischen Künste. 25. Jahrgang. Gesellschaft für Vervielfältigenden Künste, Wien 1902, S.51–56 (Online[abgerufen am 21.Dezember 2021]).
Arthur Dobsky: Ein Meister der Zeichnung. Richard Müller und sein Werk. Mit neun Illustrationen nach Zeichnungen und Radierungen des Künstlers. In: Reclams Universum. Moderne illustrierte Wochenschrift. 29 (1913), S. 727–731.
George Grosz: Ein kleines Ja und ein grosses Nein. Sein Leben von ihm selbst erzählt. Rowohlt, Reinbek 2002, ISBN 3-499-11759-2, S.?.
Rolf Günther: Richard Müller, Leben und Werk. Verlag der Kunst, Dresden 1998, ISBN 90-5705-125-7 (mit Werk- und Schülerverzeichnis).
Rolf Günther: Der Symbolismus in Sachsen 1870–1920. Sandstein, Dresden 2005, ISBN 3-937602-36-4., S.?
Hochschule für Bildende Künste Dresden (Hrsg.): Von der königlichen Kunstakademie zur Hochschule für Bildende Künste (1764–1989). Die Geschichte einer Institution. Verlag der Kunst, Dresden 1990, ISBN 3-364-00145-6, S.?.
Kristina Hoge: Selbstbildnisse im Angesicht der Bedrohung durch den Nationalsozialismus. Dissertation: Karl-Rupprechts-Universität Heidelberg 2004, S. 29 ff.; S. 41 ff. (Volltext: PDF 1, 2 [Anhang, 58MB]).
Jörg Krichbaum, Rein A. Zondergeld: DuMonts Lexikon der Phantastischen Malerei. DuMont, Köln 1977, ISBN 3-7701-0908-2, S.?.
Franz Hermann Meissner (Hrsg.): Das Werk von Richard Müller. 175 Bilder und Text. Adrian Lukas Müller, Loschwitz-Dresden 1921 (Inhaltsverzeichnis PDF).
Corinna Wodarz: Kunstpropaganda in der DDR: Müller contra Dix, Wie die Kunstpropaganda der DDR nachträglich eine Feindschaft schuf. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte Herausgegeben von der Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat. Band 4, 1997, S. 153–162.
Corinna Wodarz: Symbol und Eros. Die Bildwelten Richard Müllers (1874–1954) mit dem Katalog des Gesamtwerks (= Göttinger Beiträge zur Kunstgeschichte, Band 1). Duehrkohp und Radicke, Göttingen 2002, ISBN 3-89744-193-4.
Richard Müller: Spiegelbilder des Verfalls in der Kunst. In: Dresdner Anzeiger. 29. September 1933 schrieb anlässlich der Ausstellung Entartete Kunst in Dresden über Dix: „Welch schwere Schuld haben manche Leute auf sich geladen, als sie ausgerechnet diesen Mann als Lehrer an die Kunstakademie beriefen und so die Jugend jahrelang seinem vergiftenden Einfluss aussetzten, einer Tätigkeit, der durch seine Entlassung im Frühjahr dieses Jahres ein wohlverdientes Ende bereitet worden ist.“(Hoge S. 29f.)