burgähnliches Gebäude mit zinnenbekröntem, zweigeschossigem Karlsturm, sowie mit Freisitz und nördlichem Treppenturm, 1873/74; Ausstattung in Form der Turmzimmerausmalung, von Hans Thoma und Johann Ernst Sattler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Mainleite (Ortsangabe: an der Mainleite) ist eine historische Kulturlandschaft[1] am Main, am östlichen Stadtrand von Schweinfurt. Sie besteht aus einem kreisrunden Uferstreifen und Prallhang, der dem Mainbogen zwischen Schweinfurt und Mainberg folgt. Peterstirn wird der westliche Kopf der Mainleite genannt, auf dem sich eine burgähnliche Anlage befindet.
An der Mainleite wurde bis zum Anfang des 20.Jahrhunderts flächendeckend Weinbau betrieben, in den WeinlagenSchweinfurter Peterstirn, Schweinfurter Mainleite und Mainberger Mainleite. Derzeit findet, mit kleinen Ausnahmen, nur an der Peterstirn Weinbau statt.
Quer durch die Mainleite verläuft die historische wie auch heutige Grenze (siehe untere Karte) zwischen der einstigen Reichsstadt Schweinfurt bzw. der heutigen kreisfreien Stadt und dem Landkreis Schweinfurt, mit Mainberg bzw. Schonungen. Historische Grenzsteine zwischen der Reichsstadt und dem einst selbständigen Dorf Mainberg sind noch beim Schindturm erhalten (siehe: Höllenbach, Freizeit und Erholung). Wegen der engen Verflechtungen wollte sich Mainberg im Rahmen der bayerischen Gebietsreform Schweinfurt anschließen, kam aber 1975 zu Schonungen (siehe: Schonungen, Eingemeindungen).
Plan der Mainleite
Weinbau an der Mainleite. Heutige Weinberge (ocker), Weinberge bis Mitte des 20.Jahrhunderts (gelb)
Aus Richtung Schweinfurt markiert die Peterstirn mit dem Karlsturm den Anfang der Mainleite. Die Peterstirn gehört als Landschaftsteil zur Mainleite, aber nicht als Weinlage (siehe Artikel-Einleitung).
Etymologie und weitere Bedeutungen
Peterstirn (Ortsangabe: an der Peterstirn oder auf der Peterstirn) ist der Name des südwestlichen Sporns des Hainbergs am nordöstlichen Rand Schweinfurts. Das Wort Peterstirn wurde von dem einstmals hier befindlichen Benediktinerkloster SchweinfurtStella Petri (deutsch: Stern des Petrus oder Petrusstern) abgeleitet und bestand als Flurname fort. Peterstirn ist auch der Name einer dort befindlichen Burganlage von 1874, eines heute darin beheimateten Weingutes und der dortigen Weinlage.
Sattlersche Bauten von 1874
Geschichte des Anwesens
Auf dem brach liegenden Areal wurde von 1872 bis 1874 eine burgähnliche Anlage im Stil des Historismus von der Schweinfurter Industriellenfamilie Sattler, unter damaliger Führung von Karl Sattler sowie von Friedrich Herding erbaut. Im Jahre 1895 erwarb der Weingroßhändler Lebküchner das Anwesen. 1943 wurde neben den Sattlerschen Bauten eine Flak-Stellung mit Vernebelungsanlage eingerichtet. Seit 1994 ist das Anwesen Sitz eines Weinguts der Schweinfurter Winzerfamilie Dahms.[3][4]
Karlsturm und Auffahrt mit Mauernische, mit Judiths Schuh, 1898
Höllental mit Weinbergen und Peterstirn mit Sattlerschen Bauten, am Horizont der Steigerwald, 1905
Peterstirn mit Karlsturm, vorne der Main, 1932
Zufahrt mit Wappen der Stadt Schweinfurt, 2014
Weinbau
Die Weinlage Schweinfurter Peterstirn befindet sich am steilen Abhang des Bergsporns zum Main. Nach einer Unterbrechung des Weinbaus nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier in den 1980er Jahren wieder ein Weinberg angelegt. Die Weinlage ist großlagenfrei und gehört zum Fränkischen Weinbaugebiet, Bereich Volkacher Mainschleife.
Die Sattlerschen Bauten sind seit 1994 Sitz eines Weinguts der Schweinfurter Winzerfamilie Dahms. Hier finden zweimal jährlich, im Mai/Juni und im August, Weinfeste statt und daneben diverse Veranstaltungen. Sie haben einen hohen Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung und sind über Schweinfurt hinaus in ganz Mainfranken bekannt. Außerhalb der Weinfeste ist die Anlage nicht öffentlich zugänglich.
Weinbau und Weingut
Mainleitenstraße und Bahnstrecke und Weinbergen an der Peterstirn
Weinlage Schweinfurter Peterstirn
Innenhof des Weinguts mit Karlsturm
Weinfest im Weingut
Geographie
Die Mainleite ist ein etwa 2,7 km langer, maximal 200 m breiter und 35ha großer Hang zwischen dem bogenförmigen Verlauf des Mains im Süden und dem Waldgebiet Hain (historischer Name: Hainberg) im Norden.[2] Der steile Prallhang des Maines ist nach Süden ausgerichtet, mit einem nahezu amphitheatralischen Eindruck.[7] Da die Mainleite von der Peterstirn, über Mainberg hinaus, bis nach Schonungen einem vier Kilometer langen Kreisbogen mit einem Radius von 2,45Kilometern folgt.[8] Der Kreisbogen ist auf dem Bild am Beginn des Artikels, mit dem Foto um 1950, gut zu sehen. Bei einem Spaziergang an der Oberen Mainleite blickt man deshalb immer auf dasselbe Gebiet jenseits des Mains und hat dabei den Eindruck, dass man sich nicht von der Stelle bewegt.
Geologie
Oben herrscht an der Unteren Mainleite vorwiegend Oberer Muschelkalk1+2 (Trochitenkalk- und Meißner Formation) vor und an der Oberen Mainleite Oberer Muschelkalk3.[9]
Geschichte des Weinbaus
Die Mainleite wurde erstmals im ersten Drittel des 14.Jahrhunderts in Gült- und Zinsbüchern des Deutschen Ordens schriftlich erwähnt.
1338 verkaufte Graf Heinrich XI. seinem Vetter Graf Berthold X. von Henneberg drei Äcker Weinwachs an der Mainleite.
1437 erwirbt Stadt Schweinfurt das Gebiet um die Peterstirn vom Deutschen Orden.[10]
Weinbergsmauern sind für das 16. Jahrhundert nachgewiesen. Die Mainberger Straße wurde durch Mauern gesichert. Treppen, die gleichzeitig zur Wasserführung dienten, erschlossen die Weinberge.[10]
Am steilen Südost und Südhang der Mainleite wurde bis zur Mitte des 20.Jahrhunderts flächendeckend Weinbau betrieben. Neben der in den 1980er Jahren rekultivierten Weinlage Schweinfurter Peterstirn auch in den einstigen Weinlagen Schweinfurter Mainleite und Mainberger Mainleite, die inzwischen, bis auf kleine Ausnahmen, verwildert sind.
Missstände und Ziele an der Mainleite
Derzeitiger Zustand
Nach Aufgabe des Weinbaus wurden insbesondere an der Oberen Mainleite im Laufe der Jahrzehnte viele Schwarzbauten errichtet,[11] meist Wochenendhäuser, aber auch einzelne Wohnhäuser. Dadurch wurde das Landschaftsbild entscheidend gestört, was auch noch von der südlichen Mainseite kilometerweit sichtbar ist. Die historische Wein-Kulturlandschaft ist mit Ausnahme der Peterstirn, seit Jahrzehnten weithin verwahrlost, insbesondere in den unteren und oberen Randbereichen. Während sich im mittleren Bereich, entlang des Jägerpfads, der vom Beerhüterturm zur Bismarckhöhe führt, landschaftlich schöne Blicke eröffnen.
„Landschaftsschutzgebiet – einerseits Chance, anderseits Problematik >schützt Gehölzsukzessionen, nicht zielführend für die Kulturlandschaft, aber auch nicht für die Artenvielfalt >ermöglicht eventuell steuernde Eingriffe >konnte Zersiedlung nicht verhindern“[12]
Der 2014 gegründete Verein Mainleite Schweinfurt-Schonungen will die Kulturlandschaft pflegen und den Weinbau wiederbeleben,[11] was auch auf Zustimmung des Schweinfurter Bürgertums trifft.[13]
„Der Verein will vor allem das 'Grundproblem' angehen, das bestehende 'Verbot für alles' [...] Dieses Landschaftsschutzgebiet loszuwerden, 'ist möglich' [...] unter Hinweis auf die seit 2008 schrumpfende Zahl an solchen alles verbietenden Schutzgebieten.“[11]
Ziele
Das Kernproblem sieht der Verein in der Verbuschung, die weitere Probleme bringe: die Wildschwein-Plage und die schwer beschädigte Mauer entlang der Mainleitenstraße. Nötig wäre ein Flurbereinigungsweg, um an die unteren besonders stark verbuschten, derzeit schwer erreichbaren Grundstücke zugelangen.[11]
Ziele des Vereins Mainleite Schweinfurt-Schonungen e. V.:
Das Landesamt für Denkmalpflege stimmt mit den obigen Zielsetzungen überein: „Wege für die Zukunft: Schutz, Pflege und Entwicklung von Kulturlandschaften nur mit unterschiedlichen Akteuren möglich [...] Bürgergesellschaft über den Verein Mainleite Schweinfurt-Schonungen bereits positioniert.“[15]
„Sehr gute Idee des Vereins – den zum Wald mutierenden Bereich wieder zur typischen Kulturlandschaft zwischen Schweinfurt und Mainberg zu gestalten. Zwischen Zeil und Ebelsbach wurde dies vorbildlich mit neuen Weinbergshäuschen, Parzellierungen und Wegeführung nach historischen Vorbildern gefördert und gestaltet [...] Das ehemalige Ausflugslokal könnte so wieder einer kulinarischen Nutzung zugeführt werden um die schöne Aussicht ins Maintal bei Wein und Spezialitäten zu geniesen. In Ligurien werden kleinteilige Weinbergsgrundstücke kostenfrei im Kulturreservat an Interessenten übertragen unter der Bedingung, dass die historischen Mauern instandgesetzt und mit Rebstöcken, Obstbäumen und Weinbergshäuschen gestaltet werden. Die Kulturlandschaft am Main ist ein über Jahrhunderte gewachsenes Wechselspiel zwischen Mensch & Natur.“[13]
Werte der Kulturlandschaft
Thomas Gunzelmann vom Landesamt für Denkmalpflege nennt in seiner Abhandlung zur Mainleite folgende Werte der historischen Kulturlandschaft:
historischer Zeugniswert, im Einzelfall auch Denkmalwert: historische Kulturlandschaft als Träger materieller geschichtlicher Überlieferung
ökonomischer Wert: Tourismus, Regionalmarketing, Place Branding/Regio Branding.[16]
Die ersten beiden Punkte treffen im besonders hohen Maß auf die Mainleite zu, da an ihrem westlichen Rand der Ursprung Schweinfurts liegt (siehe: Peterstirn) und da sich hier die einzigen Weinberge der einstmals großen Weinstadt befinden (siehe: Schweinfurt, Weinbau). Weshalb der Weinbau für die Kultur, die eigene Wahrnehmung und den Lebensstil der Schweinfurter Bevölkerung bis heute von großer Bedeutung ist. Die Mainleite, mit ihren beiden markanten Endpunkten Peterstirn und Schloss Mainberg, hat deshalb beim alteingesessenen Schweinfurter Bürgertum einen hohen emotionalen Wert, was man auch an den nachfolgenden Beispielen sieht, die im großen Kontrast zum derzeitigen Zustand der Mainleite stehen:
Schweinfurter Mainleite heißt das vierteljährlich erscheinende Organ des Historischen Vereins Schweinfurt
Rotary Club Schweinfurt-Peterstirn ist der Name eines der drei Schweinfurter Rotary Clubs
An der Meyenburg (gemeint ist das Schloss Mainberg) ist der Name des Schweinfurter Reychs (Ortsgruppe) der Schlaraffia
Qualitäten der Mainleite
In der obigen Abhandlung werden zudem folgende Qualitäten der Mainleite genannt:
einzigartige Kulturlandschaft in Franken (und damit auch Bayern)
Die Mainleite und ihre Umgebung wurden bereits Ende des 18.Jahrhunderts als Naherholungsgebiet entdeckt. Mitte des 19.Jahrhunderts wurden Aussichtspunkte errichtet.[18]
Seit den 1960er Jahren führt die Mainleite ein Schattendasein. Neuerdings erhält sie, infolge der Wiederbelebung der Peterstirn, wieder mehr Aufmerksamkeit. Die Mainleite ist Teil des sich weit in die südwestlichen Ausläufer der Schweinfurter Rhön hineinziehenden, größten Schweinfurter Naherholungsgebietes, mit einem dichten Netz von Wanderwegen.[19] Vom Beerhüterturm oberhalb der Peterstirn geht der Blick über das Schweinfurter Becken bis zum Kamm des Steigerwalds, der Anteil an allen drei fränkischen Regierungsbezirken hat. Der Jägerpfad bietet schöne Ausblicke ins Maintal (siehe: Derzeitiger Zustand).
Zwischen der Bahnstrecke und dem Hang der Mainleite verläuft die Mainberger Straße, die auf Mainberger Gebiet Mainleite heißt. Die alte Mainleitenstraße wurde 1407 erstmals erwähnt und ist Teil der Landstraße von Schweinfurt nach Bamberg, die um 1815 als unpassierbar bezeichnet wurde. Bis 1842 wurde sie vom Königreich Bayern zur gepflasterten Chaussee ausgebaut. Aus diesem Anlass wurde zu Ehren des bayerischen Königs Ludwig I. an der Straße der Ludwigsbrunnen errichtet. Der Überlieferung nach soll LudwigI. mit seiner Kutsche auf der Mainleitenstraße im Morast stecken geblieben sein und daraufhin veranlasst haben, die Straße auszubauen. Die Mainleitenstraße war noch bis in die Nachkriegsjahrzehnte gepflastert und Teil der Bundesstraße 26 von Hallstadt bei Bamberg nach Riedstadt am Rhein. Seit Fertigstellung der Autobahn70 hat die B26 im Raum Schweinfurt nur noch lokale Bedeutung und wurde hier 2016 zur Staatsstraße 2447 zurückgestuft.
Leinritt
Am Leinritt betrieben Schweinfurter Fischer (siehe: Fischerrain) seit 1817 eine regelmäßige Schifffahrt nach Bamberg. Starke Pferde zogen die Lastschiffe mainaufwärts, beladen mit Produkten des sehr fruchtbaren Schweinfurter Landes (Gemüse, Obst, Getreide) sowie mit Holz und Kohlen. Die Fischer machten dabei ein gutes Geschäft, bis 1852 durch die neue Konkurrenz der Eisenbahn diese Schifffahrt hier zum Erliegen kam.[20]
Das historische Pflaster des Leinritts blieb bis in die Nachkriegsjahrzehnte erhalten. Schließlich wurde der Leinritt asphaltiert, als Abschnitt des 600km langen Main-Radwegs, der 2008 als erster deutscher Radfernweg vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) mit fünf Sternen ausgezeichnet wurde.