Die Michael-Addition ist eine Namensreaktion in der organischen Chemie. Benannt wurde die Reaktion nach dem amerikanischen Chemiker Arthur Michael (1853–1942), der darüber zuerst 1887 veröffentlichte.[1][2] Sie wird oft zur Knüpfung von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindungen eingesetzt, ist aber nicht darauf beschränkt. Es lassen sich beispielsweise auch Kohlenstoff-Schwefel-, Kohlenstoff-Sauerstoff- oder Kohlenstoff-Stickstoff-Bindungen knüpfen.

Übersichtsreaktion

Es handelt sich um eine Addition an eine α,β-ungesättigte Carbonylverbindung (Michael-Akzeptor), z. B. in α,β-ungesättigten Aldehyden, Ketonen, Estern oder Carbonsäureamiden. An α,β-ungesättigten Nitrilen – z. B. Acrylnitril – kann ebenfalls eine Michael-Addition erfolgen.[3]

Das angreifende Agenz (Michael-Donator) muss nukleophil und nach dem HSAB-Konzept relativ weich sein. Geeignete Verbindungen, die addiert werden können, sind Carbanionen, d. h. durch Zugabe einer Base in α-Stellung deprotonierte Carbonylverbindungen. Im folgenden Beispiel ist die neu gebildete C-C-Bindung rot markiert:

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Als Nucleophile können z. B. auch organische Kupferverbindungen, Amine, Thiole, Phenolat-Ionen oder Cyanid aus Blausäure verwendet werden.[3] Früher führte man die Michael-Addition ausschließlich in einem protischen Lösungsmittel (wie Alkohol) durch und setzte als Base die entsprechenden Alkoholate ein. Durch den Übergang zu aprotischem Lösungsmittel (Beispiel: wasserfreies THF) und sterisch gehinderter und nicht-nucleophiler Base (Beispiel: LDA) wurde das Anwendungsspektrum für die Michael-Addition deutlich erweitert.

Reaktionsmechanismus

Im ersten Schritt wird der Michael-Donator (hier: ein Ester) durch eine Base (hier: Hydroxidion) deprotoniert und es entsteht dabei Wasser. Im weiteren Verlauf reagiert das entstandene Anion mit dem Michael-Akzeptor (hier: ein α,β-ungesättigtes Keton). Anschließend bildet sich dann durch Protonierung und Tautomerisierung das Michael-Addukt.[4]

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Im Falle von protischen Lösungsmitteln wird das als Primärprodukt erhaltene Enolation protoniert und eine Weiterreaktion gestoppt. Führt man jedoch die Michael-Addition in einem aprotischen Medium durch, so kann das Enolation zu weiteren Reaktionen führen. Dies kann man recht gut ausnutzen, indem man dem, bei der Michael-Reaktion entstehenden Enolation, einen weiteren und jetzt intramolekularen Michael-Akzeptor zur Verfügung stellt. Auf diese Weise ist z. B. durch die Umsetzung eines Dienolations von Cyclohexadien-Derivaten mit Acrylsäureestern die Darstellung eines komplexen Bicyclo[2.2.2]octan-Ringsystems leicht möglich. Strukturen dieses Typs sind als Ausgangsverbindung für die Synthese von komplexen Terpenen im Rahmen von Naturstoffsynthesen von Bedeutung.[5][6]

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Die Michael-Addition ist eine wichtige Reaktion bei der Gruppentransfer-Polymerisation (GTP).

Enantioselektive Michael-Addition

Zahlreiche enantioselektive Ausführungsformen der Michael-Addition sind bekannt, dazu zählen u. a. folgende Reaktionen:[7]

  • Addition von Ketonen oder Aldehyden an Nitroalkene oder Enone
  • Addition von Malonestern an Nitroalkene oder Enone
  • Addition von Diethylzink an Nitroalkene oder Enone
  • Addition von N-Heterocyclen oder Aldehyden an Nitroalkene oder Enone
  • Addition von α-Hydroxyketonen oder Aldehyden an Nitroalkene oder Enone
  • Addition von Arylborsäuren

Technische Anwendung

Die Addition von Methylmercaptan (Methanthiol) an die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung von Acrolein führt zu Methylmercaptopropionaldehyd (MMP), einem Zwischenprodukt für die ökonomisch bedeutende Produktion von DL-Methionin, dessen Hydroxyanalogon (Aminogruppe des Methionins durch Hydroxygruppe ersetzt) sowie deren Salzen (vor allem Natrium- und Calciumsalzen). Von diesen Futtermittelzusatzstoffen werden mehrere 100.000 t pro Jahr hergestellt.

Einzelnachweise

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