Loading AI tools
Techniken und Traditionen des Kampfes Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Kampfkunst ist eine Technik, um Feinde zu besiegen und sich vor feindlichen Angriffen zu schützen. Auf Englisch heißt es „martial art“ – und „martial“ bedeutet „kriegerisch“.[1]
Entscheidend ist hierbei nicht die tatsächliche Zweckmäßigkeit der jeweiligen Techniken, sondern ihr subjektiver konzeptioneller Nutzwert in einem spezifischen Anwendungsszenario. Dies kann z. B. ein Sportkampf, ein kriegerischer Zweikampf oder eine Selbstverteidigungssituation sein. Die Überwindung des Gegners kann sich dementsprechend u. a. in einem Punktsieg, der Ausschaltung der gegnerischen Angriffsfähigkeit, der Sicherstellung der eigenen körperlichen Integrität oder im Extremfall im Tod des Gegners äußern.
Manche Kampfsysteme gründen sich auf oder tolerieren die Verwendung von Waffen, insbesondere von Schlag- (z. B. Rattanstöcke im Arnis) und Stichwaffen (z. B. Schwerter im Iaidō und HEMA) sowie bestimmter Projektilwaffen (z. B. Bogenschießen). Gemeinhin zählen Systeme, die über die eigene Körperkraft hinaus verstärkte Waffen verwenden (z. B. durch Chemikalien, Motoren, Pressluft, Computertechnik), nicht zu Kampfkunst/Kampfsport, wodurch die Grenze zur Kriegsführung teilweise fragwürdig bleibt.
Kampfsysteme sind ein weltweites, sehr altes und äußerst diversifiziertes Phänomen, das sich in unzählige kulturelle Praktiken aufteilen lässt, die wiederum eigene Schwester- und Tochtersysteme umfassen. Im Unterschied zum klassischen Sport sind Kampfsysteme oft von kultisch-religiösen Praktiken, rituellen oder modernen (Kriegs-)Tänzen und dem Bewegungstheater beeinflusst; teilweise sind sie umgekehrt auch Elemente dieser Praktiken (wie das Sumō in shintoistischen Zeremonien, dem Kung Fu in der Peking-Oper oder aber der Haka als Einschüchterungstanz neuseeländischer Spielmannschaften). Von der Antike bis zur Moderne waren Kampfelemente (wie Ringer- und Schlagtechniken) fester Teil vieler Mannschafts- und Ballsportarten wie im Hurling und Knappan: Kämpfen und Spielen wurden eher als Einheit betrachtet, bis sich auf Dauer durch Zivilisierungsprozesse das heutige moderne Sportverständnis entwickelte und Kampfelemente in eigene Disziplinen (wie Boxen) ausgelagert wurden.[2][3] In einigen traditionellen (z. B. Calcio Storico) sowie modernen Sportarten (wie Eishockey) ist die Vermischung von Spiel und Kampf immer noch deutlich sichtbar.
Das Training von Kampfkunst/Kampfsport gestaltet sich in den meisten Fällen als Kombination von Techniklernen und -üben sowie deren Anwendung in dynamischen Zweikämpfen oder kodifizierten Kampfchoreografien. Üblich sind außerdem Elemente aus dem Flexibilitäts-, Kräftigungs- und Schnelligkeitstraining. Auch kampftheoretische oder -philosophische Gespräche können Teil des Trainings sein.
Der Professionalisierungsgrad von Kampfsystemen ist sehr unterschiedlich. Trainiert wird formell u. a. in kommerziellen Clubs (z. T. im Franchise, wie bei EWTO-Wing Chun), öffentlichen Vereinen, privaten Haushalten, militärischen und polizeilichen Einrichtungen, allgemein bildenden Schulen, therapeutischen Einrichtungen bis hin zu Gefängnissen. Einige wenige verfügen über ein hochprofessionelles Ligasystem; viele weitere über Dachverbände oder ähnliche nationale und internationale Organisationsstrukturen.
Es existierten im Europa des Hochmittelalters und der Renaissance verschiedene Fechtstile, auch „Schulen“ genannt. Diese unterschieden sich in ihrer Herkunft, jedoch vor allem in den gebrauchten Waffen und in dem Zeitalter, in dem sie populär waren. Es wird unterschieden zwischen der deutschen Schule, der italienischen Schule, der spanischen Schule, der englischen Schule und der französischen Schule. Während die früheren Fechtbücher hauptsächlich im deutschen Sprachraum erschienen, verschob sich diese Entwicklung im Laufe des 16. bis 17. Jahrhunderts nach Italien. Aus der italienischen und der französischen Schule entwickelte sich das heutige Sportfechten.
Es ist anzunehmen, dass schon im alten Germanien Vorläufer von Ringersystemen praktiziert wurden, die möglicherweise auch im Bezug zum antiken Ringen des römischen Reichs standen. Die ersten dokumentierten Kampfsysteme im deutschsprachigen Raum finden sich in Fechtbüchern aus dem 13. Jahrhundert. Vor allem aus dem Spätmittelalter sind Fecht- und Duellbücher überliefert. Die entsprechenden Systeme wurden unter dem Sammelbegriff „Kampfkunst“ zusammengefasst, wobei hier „-kunst“ als technische Fertigkeit gemeint ist und nicht als Kunst im heutigen Verständnis. Auch Ringertechniken sind in einigen Fechtbüchern zu finden.
Im 20. Jahrhundert verbreitete sich fernöstliche Kampfkunst mehr oder weniger in Wellen in Deutschland. Erich Rahn gründete 1906 die erste Jiu-Jitsu-Schule. Im gleichen Jahr gründete sich in Köln der erste deutsche Amateur-Boxclub, nachdem das moderne Boxen, ursprünglich aus England stammend, in den Kanon der Olympischen Spiele aufgenommen worden war. Unter Führung von Alfred Rhode gründete sich 1932 der Deutsche Judo-Ring. Die Entwicklung der Nachkriegszeit wurde dominiert von Kino-Blockbustern: So leitete Bruce Lee mit Enter the Dragon die Kung-Fu-Welle in den 1970er Jahren ein und Karate Kid die Popularität des Karatedō in den 1980er Jahren. Obwohl auch bereits z. T. lange vorher verschiedene Kleingruppen exotische Kampfsysteme praktiziert hatten, wurde die stilistische Diversifizierung erst in den 1990er Jahren wirklich spürbar, als sich u. a. Taekwondo, Taijiquan, Wing Chun und MMA zunehmend verbreiteten. In der heutigen Zeit wird in Deutschland eine unüberschaubare Vielfalt verschiedenster Stile und Systeme trainiert bzw. ausgeübt.
Die Kampfkünste stellen Systeme dar, die Techniken zur Kriegsführung und Selbstverteidigung beinhalten. Ziel ist es Feinde zu besiegen oder zu töten.
„Kampfkunst“ gilt als adäquate Übersetzung des lateinischen Begriffs „Ars Martialis“, „der Kunst des Mars“, des römischen Kriegsgotts (vgl. martialisch). Dieser Begriff findet sich in wenig abgewandelter Form in vielen Neusprachen, beispielsweise „Martial Arts“ (englisch), „Arts Martiaux“ (französisch), „Artes marciales“ (Spanisch) oder „Arti Marziali“ (italienisch). Wenigstens ein deutschsprachiger Autor weist auf den dem Ausdruck „Martial Arts“ innewohnenden Eurozentrismus hin.[4]
Der mittelalterliche Kampfkunstbegriff wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie andere Bewegungsformen und -spiele auch, von den Konzepten des deutschen Turnens und der schwedischen Gymnastik beeinflusst. Der später Einzug haltende Oberbegriff „Sport“ aus dem Englischen führte zu einer Verbreitung des Begriffs „Kampfsport“, der seither neben „Kampfkunst“ Verwendung findet. In der öffentlichen Wahrnehmung und in Teilen der Wissenschaft wird Kampfkunst häufig mit spiritueller und künstlerisch-ästhetischer Bewegungspraxis verbunden.[5] Einige Autoren wie Pfeifer grenzen Kampfkunst als hocheffektives Kriegshandwerk mit dem Ziel der Ausschaltung bzw. Vernichtung des Gegners vom versporteten modernen Kampfsport ab.[6] Wieder andere subsumieren unter Kampfkunst alle Systeme, die nicht der vergleichsweise engen Definition von Kampfsport zugehörig sind, die zumeist ein wettkämpferisches Sportregelwerk und entsprechende Vergleichskämpfe sowie Meisterschaften voraussetzt.[7] Einer genaueren Untersuchung halten diese Argumentationslinien jedoch nicht stand. Einerseits haben viele eher als traditionelle Kampfkünste bezeichnete Systeme Wettkampfregelwerke entwickelt (z. B. im Karatedō, Kyūdō, Iaidō und sogar bestimmte Stilrichtungen im Aikidō), andererseits ist die Motivstruktur der Praktizierenden nicht unbedingt kohärent zu den Ursprüngen der jeweiligen Kampfkunst/Kampfsport. So identifiziert Meyer für das Karatedō etwa 60 verschiedene Ausübungsmotive, die von sozialen, gesundheitlichen, wettkämpferischen, spirituellen, über berufspraktischen bis hin zu emotionalen (Angstlust und -bewältigung, Macht, Bewegungsfreude, Flow, Katharsis) reichen.[8] Diese grundsätzlichen Ausrichtungen sind auch für andere Systeme und Kulturen bestätigt worden.
Die multiple Begriffsstruktur anderer Sprachen, wie Martial Arts und Combat Sports im Englischen oder bujutsu [武術], budō [武道], bugei [武芸] und kakutogi [格 闘技] im Japanischen mit ihren jeweils eigenen Semantiken und Etymologien sowie die Definition künstlicher Begriffe führt zu einer weiteren Verwirrung im internationalen Diskurs. Prägend war dabei vor allem Draegers Unterteilung in klassische (classical) und moderne (modern) budō und bujutsu,[9][10][11] die nicht nur aufgrund ihrer japanzentrierten Herleitung kritisiert wurde.[12]
Nach einer neueren Arbeit[13] wird ein Bewegungssystem als Kampfkunst/Kampfsport klassifiziert, wenn es
Der Sportwissenschaftler George Jennings schlägt eine kürzere Definition vor:
„Eine Kampfkunst [Martial Art] ist ein phantasievolles, anpassungsfähiges System physischer menschlicher Kampftechniken, das entwickelt wurde, um mit wahrgenommenen Problemen im Kampf und in der Gesellschaft umzugehen.“[14]
Kampfkunst/Kampfsport lässt sich nach folgenden Faktoren systematisieren:
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.