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Einführung des julianischen Kalenders Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kalenderreform des Gaius Iulius Caesar, die mit der Einführung des julianischen Kalenders im Jahr 45 v. Chr. vollzogen wurde, stellte nach der im Zuge der Zwölftafelgesetze um 450 v. Chr. beschlossenen Umstellung des römischen Kalenders von einem reinen Mondkalender auf einen gebundenen Mondkalender erneut eine tiefgreifende Änderung dar. Kernpunkt der Julianischen Reform war der Wechsel vom gebundenen Mondkalender auf einen Sonnenkalender.
Nachdem die einschneidenden Maßnahmen zur Zeit Cäsars in der täglichen Praxis fast gänzlich unbeachtet geblieben waren, wurde dessen Kalender in der Folgezeit nicht nur im Römischen Reich in vollem Umfang akzeptiert, sondern später auch in anderen Reichen und Ländern übernommen.
Die ersten Anzeichen für eine geplante Kalenderreform sind nach dem Tod von Pompeius fassbar, der als Gegenspieler Caesars nach seiner Niederlage in der Schlacht von Pharsalos nach Ägypten floh und dort (nach dem vorjulianischen Kalender) am 28. September 48 v. Chr. (706 a. u. c.[1]) im Auftrag der Vormünder des Königs Ptolemaios XIII. ermordet wurde. Caesar folgte Pompeius nach Ägypten und könnte in Alexandria im Umfeld spät-hellenistischer Gelehrter auf Verbesserungsmöglichkeiten des bisherigen römischen Kalendersystems hingewiesen worden sein.
Nach seiner Rückkehr im Oktober 47 v. Chr. stand als nächster wichtiger Punkt die Aussicht auf eine dritte Amtszeit als Konsul im Mittelpunkt. Da zeitgenössische Quellen für die Hintergründe der Kalenderreform im politischen Bereich vollständig fehlen, kann Caesars Motivation diesbezüglich in Verbindung mit anderen Quellen nur interpretiert werden.
Die Ausarbeitung der Kalenderreform übergab Caesar einem Ausschuss, der größtenteils aus nicht-römischen Fachleuten bestand und von Sosigenes aus Alexandria geleitet wurde. Cassius Dio berichtet, dass Caesar die vierjährige Schaltregel zuvor in Alexandria kennengelernt habe.[2] Hinweise auf eine Beteiligung des von Caesar dominierten Pontifikalkollegiums liegen nicht vor. Der Senat erhielt zwar eine Benachrichtigung, nahm jedoch an der Beschlussfassung nicht teil. Die Anordnung der Kalenderreform geschah auf mündlichem Weg, wobei das zugehörige schriftliche Edikt erst nach Caesars Tod in der zweiten Hälfte des Jahres 44 v. Chr. folgte, als die Kalender-Reform schon über eineinhalb Jahre in Kraft war. Ebenfalls größtenteils mündlich sollte später die Verbreitung der Schaltregel weitergegeben werden; eine breit angelegte Verschriftlichung auf Dokumenten und Bekanntgabe in der Öffentlichkeit unterblieb.[3]
Caesar wählte für seine Kalender-Reform einen ähnlich behutsamen Weg, wie er schon im Zuge der Dezemvirn um 450 v. Chr. beschritten worden war. Die neue Schaltregel besagte, dass in jedem vierten Jahr im Februarius ein Zusatztag einzufügen, und dass der bisherige Schaltmonat Mensis intercalaris ersatzlos zu streichen sei. Das entsprach derselben Lösung, die bereits Pharao Ptolemaios III. 238 v. Chr. im Kanopus-Dekret für den altägyptischen Kalender angeordnet hatte. Damit betrug die durchschnittliche Jahreslänge nun 365,25 Tage.
Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Kalenderreform wurde das Jahr 45 v. Chr. (709 a. u. c.) gewählt. Als der neue 1. Januar des Jahres 45 v. Chr. wurde willkürlich der erste Neumond nach der Wintersonnenwende definiert, was eine Einschaltung von zusätzlichen 67 Tagen für das Jahr 46 v. Chr. erforderte. Für dieses „verworrene Jahr“ war bereits ein Schaltmonat von 23 Tagen vorgesehen, und damit dauerte es gesamt 355 + 23 + 67 = 445 Tage.[4] Damit wurde das Primäräquinoktium auf den 25. März gelegt. Jüngere Rückrechnungen konnten zeigen, dass im Jahr 45 v. Chr. in Wirklichkeit das Äquinoktium am 23. März und Neumond am 2. Januar stattfand.[5] Caesar verwendete hinsichtlich der Schaltregel eine Formulierung, die nach seinem Tod von der für die Schaltung zuständigen Priesterschaft in traditioneller Weise nach dem Prinzip der „Inklusivzählung“ ausgelegt wurde und daher zu einer Dreijahres-Schaltung führte. Dies ist vermutlich das älteste bekannte Beispiel eines Zaunpfahlfehlers.
Die römisch-rechtliche Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist bezog den Tag des die Frist auslösenden Ereignisses als ersten Tag der Frist ein. Die sinngemäße Anwendung dieser Berechnungs-Vorschrift auf die Bestimmung der Schalt-Jahre führte zu der falschen Schaltung. Die durch Macrobius überlieferte Regel nam cum oporteret diem qui ex quadrantibus confit quarto quoque anno confecto antequam quintus inciperet intercalare, illi quarto non peracto sed incipiente intercalabant[6] besagte, dass die Schaltung nach Heraufführung (Beginn) des vierten Jahres zu erfolgen habe. Da jedoch bei der Bestimmung des vierten Jahres das letzte Schaltjahr als erstes der vier Zähl-Jahre angesehen wurde, kam es zur falschen Bestimmung der jeweils nächsten Schalt-Jahre. Obwohl die Intention von Caesars Schaltregel, dass in jedem "vierten Jahr nach Ablauf des letzten Schalt-Jahres" ein Schalt-Tag einzufügen sei, eigentlich allen Beteiligten hätte klar sein müssen, hielt die (konservative) Priesterschaft an dem traditionellen Verständnis der Schaltungs-Anweisung fest. Eine entsprechende Korrektur wurde dann erst von Augustus durch gänzliche Auslassung von insgesamt 3 Schalt-Tagen vom Jahre 5 v. Chr. bis einschließlich 4 n. Chr. vorgenommen.
Zwischen dem Normaljahr des römischen Kalenders, das 355 Tage umfasste, und der Anpassung an das 365-tägige altägyptische System lagen zehn Tage, die in die alten Strukturen eingefügt werden mussten. Caesar musste bei der Tageverteilung die Interessen der politischen und religiösen Strömungen möglichst weitreichend berücksichtigen, weshalb er sehr sorgfältig vorging. Die inneren Strukturen der alten Monate wurden ebenso wenig verändert wie die bestehenden Monate mit 31 Tagen und der 28-tägige Februarius. Um den Kultcharakter des letzten Monatstages als Abschluss nicht zu verändern, verfügte Caesar den Einschub der zusätzlichen ein oder zwei Tage nach dem vorletzten Tag, so dass sich auf der Festtagsebene nur unwesentliche Änderungen ergaben.[7] Aus den Aufzeichnungen des Macrobius sind die von der Änderung betroffenen Tage bekannt:
«Dies autem decem, quos ab eo additos diximus, hac ordinatione distribuit: in Ianuarium et Sextilem et Decembrem binos dies inseruit, in Aprilem autem Iunium Septembrem Novembrem singulos: sed neque mensi Februario addidit diem, ne deum inferum religio inmutaretur, et Martio Maio Quintili Octobri servavit pristinum statum, quod satis pleno erant numero, id est dierum singulorum tricenorumque.»
„Die zehn Tage aber, die er, wie gesagt, anfügte, verteilte er wie folgt: in den Januar, den Sextilis und den Dezember fügte er je zwei Tage ein, in den April aber, den Juni, den September und den November je einen; dem Monat Februar fügte er jedoch keinen Tag an, damit sich an den religiösen Pflichten gegenüber den Göttern der Unterwelt nichts änderte; dem März, dem Mai, dem Juli und dem Oktober beließ er den alten Zustand, weil sie eine genügend große Anzahl hatten, also je 31 Tage dauerten.“
Die erstmals von Johannes de Sacrobosco ohne Angabe von Quellen geäußerte Vermutung, der Monat August habe erst seit Kaiser Augustus 31 Tage (wie der Juli), während der Februar zunächst 29 bzw. 30 Tage gehabt habe, konnte aufgrund der obigen Textstelle von Macrobius und noch wesentlich älterer Textstellen widerlegt werden.[10]
Für die erste Schaltung im Sinne der Kalenderreform liegen keine verfügbaren zeitgenössischen Quellen vor. Macrobius dürfte sich auf die Berichte von Sueton berufen haben, der mit Cassius Dio etwa eineinhalb Jahrhunderte nach der Kalenderreform frühester „belegter geschichtlicher Zeitzeuge“ war, wobei Sueton zu seiner Zeit, Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr., wohl zeitnahe Quellen vorlagen. Als historisch „wertlos“ sind die Aussagen des Chronographen von 354 anzusehen, der seine Schlussfolgerungen mit den Zeitangaben der varronischen Ära verband und ab Beginn des julianischen Kalenders von fehlerfreien Schaltungen ausging. Die von ihm in Rückwärtsrechnung getroffene Entscheidung, dass 45 v. Chr. das erste Schaltjahr darstellte, lässt vermuten, dass die historischen Quellen von Sueton und Dio in diesem Zusammenhang bei ihm keine Berücksichtigung fanden, was seine Nichtkenntnis über die bis Augustus durchgeführten fehlerhaften Schaltungen erklären würde. Außerdem betitelte Cassius Dio 41 v. Chr. als „außerplanmäßiges Schaltjahr“, weshalb 45 v. Chr. nach Dio kein „planmäßiges Schaltjahr“ gewesen sein kann.
Die vorhandenen Quellen sowie Caesars Mitwirken bei der Kalenderreform machen eine erste Schaltung im Jahr 45 v. Chr. unwahrscheinlich.[11] Caesar sah eine Schaltung für das letzte Jahr der Vierjahresperiode vor. 45 v. Chr. stellte jedoch das Folgejahr der zuvor beendeten Vierjahresperiode dar. Es ist daher davon auszugehen, dass die erste planmäßige Schaltung nach der Kalenderreform erst nach Caesars Tod (15. März 44 v. Chr.) erfolgte.[12] Nach Macrobius führten die unklaren Angaben von Caesar zu einer Dreijahresschaltung „innerhalb der nächsten 36 Jahre nach der Kalenderreform, in denen zwölf statt neun Schalttage eingefügt wurden“.[13] Wenn aber 45 v. Chr. das erste Jahr einer Vierjahresperiode gewesen sein soll, hätte die erste planmäßige Vierjahresschaltung 42 v. Chr. beziehungsweise die erste Dreijahresschaltung 43 v. Chr. erfolgen müssen. Das steht jedoch im Widerspruch zum kalendarischen Eingriff von Augustus, der sich bei seiner im Jahr 8 v. Chr. veranlassten Korrektur offensichtlich auf die letzte Schaltung im Jahr 9 v. Chr. berief und die nächsten drei Schaltjahre ausfallen ließ, die für 5 v. Chr., 1 v. Chr. und 4 n. Chr. vorgesehen waren. Erst ab 8 n. Chr. waren wieder die üblichen Vierjahresschaltungen durch Augustus angesetzt. Damit scheidet 45 v. Chr. als erstes Jahr einer regulären Vierjahresperiode aus, da Augustus die Fortsetzung der Schaltungen ansonsten ab 7 n. Chr. veranlasst hätte. Auf Grundlage der von Augustus durchgeführten Maßnahmen ergibt sich als Bezugspunkt für den Start einer Vierjahresperiode das Jahr 44 v. Chr., das Caesar als übereinstimmenden Zeitpunkt mit dem natürlichen Jahr angesehen haben könnte[12] und deshalb in 44 v. Chr. kurz vor seinem Tod einen Schalttag zufügen ließ. Nur unter dieser Prämisse ergeben Cassius Dios Erklärungen einen Sinn.[3]
Rhythmus der Schaltungen (S) in Jahren (Planmäßig alle 4 Jahre = P; verfrüht alle 3 Jahre = V) | ||||||||||||
Schaltung | S 1 | S 2 | S 3 | S 4 | S 5 | S 6 | S 7 | S 8 | S 9 | S 10 | S 11 | S 12 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
4 Jahre (P) | 41 v. Chr. | 37 v. Chr. | 33 v. Chr. | 29 v. Chr. | 25 v. Chr. | 21 v. Chr. | 17 v. Chr. | 13 v. Chr. | 9 v. Chr. | 5 v. Chr. | 1 v. Chr. | 4 n. Chr. |
3 Jahre (V) | 42 v. Chr. | 39 v. Chr. | 36 v. Chr. | 33 v. Chr. | 30 v. Chr. | 27 v. Chr. | 24 v. Chr. | 21 v. Chr. | 18 v. Chr. | 15 v. Chr. | 12 v. Chr. | 9 v. Chr. |
Cassius Dios Darstellung ist zu entnehmen, dass im julianischen Kalender im Februar 41 v. Chr. das außerplanmäßige Schaltjahr eingefügt worden sein soll, um „den Zusammenfall des 1. Januar mit einem Markttag (nundinae/merkatus) zu verhindern“.[14] Zudem ergibt sich der auffällige Befund, dass die Nonen in der römischen Republik in den Monaten Martius bis December außer dem „G“ alle anderen Nundinalbuchstaben tragen („A, B, C, D, E, F und H“). Die geäußerte Vermutung, dass eine Gleichzeitigkeit mit dem „G“ durch einen Schalttag verhindert wurde, ist durch die gängige Schaltpraxis nicht bezeugt. Um die Belegung mit dem „G“ zu verhindern, hätte die Schaltung im Februar stattfinden müssen; dadurch wäre „G“ zum Jahreswechsel zu einem „D“ geworden. Im nächsten Februar hätte eine weitere Schaltung von drei Tagen vorgenommen werden müssen, um den erneuten Zusammenfall zu verhindern.[3]
Der so zu dem Markttag hergestellte Bezug stellte auf Grundlage des festen julianischen Kalenderschaltschemas eine unmögliche Vorgehensweise dar, weshalb die Erwähnung des Cassius Dio eigentlich nicht mit dem Jahr 41 v. Chr. in Einklang zu bringen ist, da ohne Schaltung zum 1. Januar 40 v. Chr. der Marktbuchstabe „A“ gefolgt wäre.[15] Der von Cassius Dio bezeugte Vorgang eines Schalttages ist zugleich der einzige Beleg eines Schaltmonats im Zusammenhang der Kalenderreform in unmittelbar zeitlicher Nähe zu Caesar. Es besteht daher die Möglichkeit, dass es sich um eine zusätzlich falsche Auslegung der von Caesar formulierten Schaltregel handelte.[3]
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