Helikasen sind Enzyme, die in allen Lebewesen und den meisten Viren vorkommen und die die Struktur doppelsträngiger Nukleinsäuren verändern. In der Regel lösen sie die Basenpaarung von doppelten DNA- oder RNA-Strängen auf. Auch Sekundärstrukturen von Nukleinsäuren können Ziel von Helikasen sein. Je nach Substrat wird zwischen DNA- und RNA-Helikasen unterschieden. Sie sind unentbehrlich bei der Replikation, DNA-Reparatur und der Rekombination. Als Entdecker gilt der Heidelberger Hartmut Hoffmann-Berling.[1]
Funktion
DNA-Helikasen spielen vor allem bei der Replikation des Genoms eine entscheidende Rolle: sie entwinden die DNA-Einzelstränge, bevor sie durch Replikation verdoppelt werden. Der Mcm-Komplex dient Eukaryoten als replikative Helikase.[2] Helikasen eröffnen auch die eukaryotische Transkription, indem sie das Kopieren der DNA zu mRNA durch die RNA-Polymerase vorbereiten.
RNA-Helikasen sind bei fast allen Prozessen im RNA-Stoffwechsel essentiell: der Transkription, dem RNA-Processing (z. B. Splicing oder der Biogenese von ribosomalen Untereinheiten), der Translation und dem RNA-Abbau. Sie benutzen die Energie aus der Hydrolyse der NTPs in der Regel dazu, doppelsträngige Bereiche in der DNA- bzw. RNA-Sekundärstruktur aufzuschmelzen (d. h. die Basenpaarung aufzulösen). Diese Funktion der Enzyme kann in vitro an künstlichen Substraten nachvollzogen werden. Essentiell dafür ist ein für die Gruppe der RNA-Helikasen spezifisches Motiv in ihrer Helikase-Domäne. Aufgrund kleiner Sequenzunterschiede in diesem Motiv werden RNA-Helikasen in verschiedene Familien aufgeteilt, z. B. DEAD-box und DEHxD-box Helikasen. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass RNA-Helikasen in einigen Fällen nicht nur RNA-Basenpaarungen entwinden können, sondern auch dazu in der Lage sind, die Interaktion von Proteinen mit der RNA aufzulösen. Man spricht in diesem Zusammenhang von RNP-Remodeling.
Klassifikation
Helikasen werden aufgrund ihrer Aminosäuresequenz in fünf Superfamilien eingeteilt (SF1-SF5). Es ist davon auszugehen, dass sich in dieser Gruppierung sowohl die evolutionsbiologische Verwandtschaft als auch strukturelle Ähnlichkeiten ausdrücken. Beispiele innerhalb der Familien sind:
- SF1/2: DEAD-Box-RNA-Helikasen wie eIF4A, DEAH-Box-RNA-Helikasen, die mit dem Transkriptionsfaktor IIH assoziierten TFIIH-Helikasen XPB und XPD, sowie weitere eukaryotische, bakterielle und virale Helikasen[3]
- SF3: hauptsächlich Helikasen in kleinen RNA- und DNA-Viren[4]
- SF4: die hexameren dnaB-Proteine in bakteriellen Primosomen[5]
Medizin
Ein Helikase-Defekt ist die Ursache des Werner-Syndroms. Neben den Erkrankungen aufgrund der fehlenden oder unzureichenden Aktivität der Helikase kann die Inhibition des Enzyms z. B. bei Herpesviren Grundlage neuer Therapeutika sein (Helikase Primase Inhibitoren).
Weiterführende Literatur
- James A. Borowiec: DNA Helicases. In: Melvin L. DePamphilis (Hrsg.): DNA replication in eukaryotic cells. CSHL Press, 1996, ISBN 0-87969-459-9, S. 545–574.
- Boriana Martintcheva und Sandra K. Weller: A Tale of Two HSV-1 Helicases: Role of Phage and Animal Virus Helicases in DNA Replication and Recombination. In: Kivie Moldave (Hrsg.): Progress in nucleic acid research and molecular biology 70. Academic Press, 2001, ISBN 0-12-540070-5, S. 78–118.
- C. L. Mandahar: Multiplication of RNA plant viruses. Springer, 2006, ISBN 1-4020-4724-X, S. 151–165.
- Caruthers JM, McKay DB: Helicase structure and mechanism. In: Curr. Opin. Struct. Biol. 12. Jahrgang, Nr. 1, Februar 2002, S. 123–33, PMID 11839499.
- Gorbalenya A.E. and Koonin E.V.: Helicases: amino acid sequence comparisons and structure-function relationships. Curr. Opin. Struct. Biol. 3:419-429(1993). doi:10.1016/S0959-440X(05)80116-2
- Mackintosh SG, Raney KD: DNA unwinding and protein displacement by superfamily 1 and superfamily 2 helicases. In: Nucleic Acids Res. 34. Jahrgang, Nr. 15, 2006, S. 4154–9, doi:10.1093/nar/gkl501, PMID 16935880, PMC 1616963 (freier Volltext).
Weblinks
Einzelnachweise
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