Adelsgeschlecht Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Tosny (in England auch Toeny, Tonei, Toni und Tony) war eine Familie des normannischen Adels, die selbst nicht aus der Normandie stammte. Sie spielte vom 10. bis zum 12. Jahrhundert im Herzogtum eine herausragende Rolle, ohne jemals mit einem Grafen- oder Vizegrafentitel geehrt zu werden.
Die Tosny stammen mit Sicherheit aus der Île-de-France, obwohl Ordericus Vitalis Anfang des 12. Jahrhunderts berichtet, die Familie stamme von Malahulce, einem Onkel Rollos ab.[1]
Stammvater ist Hugo de Calvacamp. 942 wurde dessen Sohn Hugo, Mönch in der Abtei Saint-Denis, zum Erzbischof von Reims ernannt; vermutlich in seinem Gefolge ließ sich die Familie dann in der Normandie nieder. Kurz nach Hugos Tod war Raoul I. de Tosny bereits so etabliert, dass sein Name 991 in einen Vertrag zwischen Herzog Richard I. und dem englischen König Æthelred Eingang findet. Sein Enkel Raoul II. de Tosny gehörte zu den großen Baronen in der Umgebung Wilhelm des Eroberers. Bemerkenswert ist, dass unter den Ehen, die die Familie mit hochrangigen Adligen schließen konnte, auch die mit Balduin von Boulogne, dem ersten König von Jerusalem, ist.
Die Macht der Tosny stammt aus zwei Quellen:
Der Aneignung von Kirchenbesitz. Nach Lucien Musset hat Erzbischof Hugo seine Familie mit Grundbesitz aus dem Eigentum der Kirche ausgestattet
Der Übertragung von Grundbesitz durch den Herzog, vor allem durch Richard II.
Darüber hinaus gehören die Tosny zu dem ersten Normannen, die ihren Reichtum durch militärischen Einsatz im Ausland mehrten: Raoul I. in Apulien und Roger I. de Tosny in Spanien. Raoul II. de Tosny schließlich nahm an der Eroberung Englands teil, wofür auch er vom neuen englischen König Wilhelm der Eroberer belohnt wurde: die Baronien Flamstead in Hertfordshire und Wrethamthorpe in Norfolk sind die wichtigsten Geschenke. Dennoch scheinen die Tosny in England keine wesentliche Rolle gespielt zu haben. In der Normandie hingegen treten in den Turbulenzen nach dem Tod Wilhelms und während des englischen Bürgerkriegs von 1135 bis 1154 auf. Dennoch bringt das 12. Jahrhundert einen Niedergang der Familie. Im Jahr 1204 verliert Roger IV. de Tosny im Zuge der Eroberung der Normandie durch Frankreich seinen gesamten kontinentalen Besitz und muss sich nach England zurückziehen. Dort stirbt die Familie im Jahr 1309 in männlicher Linie aus.
Der Chronist gibt hier wohl entweder umlaufende Gerüchte wider oder die Bestrebungen der Tosny, sich ebenfalls skandinavische Vorfahren zuzulegen
Lucien Musset: Aux origines d'une classe dirigeante. Les Tosny, grands barons normands du Xe au XIIe siècle. In: Francia. 5, 1977, ISSN0251-3609, S. 45–80 (Auch Sonderdruck).